Zieht Österreich mit?

Berlins UN-Geldspritze für Gaza wirft Fragen auf

Ausland
07.11.2023 18:14

Die deutsche Bundesregierung hat entschieden, der UN-Hilfsorganisation UNRWA in Gaza Hilfe im Wert von 91 Millionen Euro bereitzustellen. Gleichzeitig wird betont, dass eine Prüfung der Geldflüsse in palästinensische Gebiete noch gar nicht abgeschlossen sei. Dabei sind die Grenzen zur Hamas immer wieder schwammig. Zieht Österreich da mit?

Das Massaker an der israelischen Zivilbevölkerung am 7. Oktober durch die Terrorgruppe Hamas hat neue Realitäten geschaffen. Das brutale Abschlachten von Familien - krone.at konnte unzensierte Aufnahmen sichten - hat den Küstenstreifen in eine dunkle Periode gestürzt.

Die israelische Armee hat als Reaktion auf den Terror die Enklave weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Diese Isolation trifft die Zivilbevölkerung empfindlich.

Das große Prüfen
Bereits vor dem Terroranschlag waren die Menschen im Küstenstreifen auf humanitäre Hilfe von Bündnissen wie der EU oder den UN angewiesen. Einen Großteil dieser materiellen wie finanziellen Zuwendungen koordinierte vor Ort bisher das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA. Heute hat die Welt einen neuen, schärferen Blick auf den Nahostkonflikt. Viele Staaten haben entschieden - darunter Österreich und Deutschland - die Zahlungen in palästinensische Gebiete einzufrieren. Alle Projekte seien nun auf dem Prüfstand, war seit dem Terroranschlag immer wieder zu hören.

Humanitäre Hilfe aktuell

Hilfslieferungen erfolgen ausschließlich über den Grenzübergang Rafah von Ägypten in den Gazastreifen:

 

  • Am 21. Oktober wurde der Übergang wieder teilweise geöffnet.
  • Seither sind mindestens 450 Lastwagen-Lieferungen mit Nahrungsmitteln, Wasser und Gesundheitsgütern in den Gazastreifen gelangt. 
  • Das entspricht nur einem Bruchteil der Lieferungen vor dem Terroranschlag der Hamas.

Nach Jahren der finanziellen Unterstützung sei die Sorge groß, indirekt den Terror der Hamas zu finanzieren. Die Auswirkungen sind brutal. Hilfsorganisationen vor Ort berichten seit der Beschneidung humanitärer Mittel von unvorstellbarem Leid. In Krankenhäusern würde bisweilen ohne Strom oder Narkotika operiert werden.

Deutschlands Rolle rückwärts
Im Lichte der grausamen Bilder aus dem Gazastreifen kündigte die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) nach einem Gespräch mit UNRWA-Chef Philippe Lazzarini am Dienstag an, die Zahlungen an das Hilfswerk wieder aufzunehmen. Es soll noch mehr Geld fließen als bisher versprochen wurde.

Gleichzeitig wird betont: Die Wiederaufnahme markiere keineswegs den Abschluss der Überprüfung der Geldflüsse. Mit Blick auf „die wachsende Not“ hätte man sich aber für eine Rückkehr der UNRWA-Finanzierung entschlossen. Die Überprüfung der Hilfen für palästinensische Gebiete laufe hingegen weiter, teilte das Entwicklungsministerium mit.

Zitat Icon

Wir sehen das große Leid der Zivilbevölkerung und wollen es lindern.

(Bild: AFP)

Svenja Schulze

Konkret wird eine bereits eingeplante Zusage in Höhe von 71 Millionen Euro für das UNRWA wieder freigegeben. Hinzu kommen zusätzliche 20 Millionen Euro. „Wir sehen das große Leid der Zivilbevölkerung in Gaza und wollen es lindern“, erklärte Schulze. Die Gelder sollen vor allem für Sanitäranlagen in Notunterkünften und für die Trinkwasserversorgung genutzt werden. Zudem würden palästinensische Flüchtlinge in Jordanien unterstützt werden. 

Die deutsche Chefdiplomatin Annalena Baerbock verkündete vor ihrem Abflug zum G7-Gipfel nach Tokio: „Wir werden dafür werben, dass sich auch andere finanzkräftige Geber stärker bei UNRWA engagieren.“

Österreich bleibt bei Zahlungsstopp
Auf Anfrage von krone.at heißt es aus dem österreichischen Außenministerium: Auch hierzulande würden Entwicklungsgelder „gründlich und ergebnisoffen“ überprüft werden. Die österreichische Prüfung sei ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Der Unterschied zu Deutschland: „Bis zu deren Abschluss werden selbstverständlich alle weiteren österreichischen Zahlungen eingefroren.“

Einem Sprecher zufolge dürfe „kein Cent österreichisches Steuergeld“ der Hamas zugutekommen oder für antiisraelische bzw. antisemitische Propaganda verwendet werden. „Damit stellen wir sicher, dass unser Engagement für die Menschen in Palästina und unser kompromissloser Kampf gegen Terrorismus, Extremismus und Antisemitismus in Einklang stehen.“

Überfiel Hamas UN-Organisation?
Trotz eines mehrstufigen Kontrollsystems der Vereinten Nationen werden immer wieder Stimmen laut, wonach Hilfsmittel über Umwege doch bei der Hamas landen.

Das UNRWA sorgte zuletzt selbst für Verwirrung. Das Hilfswerk behauptete Mitte Oktober in einem Tweet, von der Hamas in Gaza-Stadt ausgeraubt worden zu sein. Etwa zwei Stunden nach Veröffentlichung des Postings wurde es kommentarlos gelöscht. Wenig später teilte die UN-Organisation mit: „Das UNRWA möchte bestätigen, dass es in keinem seiner Lagerhäuser im Gazastreifen zu Plünderungen gekommen ist.“

krone.at sicherte den gelöschten Tweet:

Aufnahmen von vorhandenen Überwachungskameras könne das Hilfswerk nicht zur Verfügung stellen, da diese aufgrund des Konfliktes nicht mehr funktionieren würden, berichtet die israelische Zeitung „Haaretz“ über den Raub, der nie stattgefunden haben soll. Die israelische Armee erklärte hingegen, dass „die Menge des gestohlenen Treibstoffs“ ausreiche, um die Wasserentsalzungsanlagen in Gaza sechs Tage lang mit Strom zu versorgen. Beweise lieferten beide Seiten nicht. 

UNRWA ist umstritten
Dass die Grenzen zwischen dem UN-Hilfswerk und der Hamas im Gazastreifen selbst teilweise schwammig verlaufen, ist kein großes Geheimnis. Die Organisation wurde beispielsweise bereits vom EU-Parlament für antisemitische Lehrmaterialien an den hauseigenen Schulen gerügt. Eine diesjährige Untersuchung der NGO „UN Watch“ mit Sitz in Genf hat ergeben, dass im Unterricht Hamas-Terroristen zudem als Märtyrer glorifiziert wurden. UNRWA-Angestellte im Gazastreifen hätten auch zu antijüdischer Gewalt aufgerufen.

Ob und wie viel von den westlichen Hilfsmitteln über die UNRWA tatsächlich bei der Hamas landet, ist bisher nicht dokumentiert. Feststeht, dass die Terrorgruppe vor allem von arabischen Ländern wie dem Iran und dem jüngsten WM-Gastgeber Katar finanziert wird. Alleine aus diesen beiden Staaten sollen jährlich etwa 180 Millionen US-Dollar in die Kriegskasse gespült werden. Die Terrororganisation bereichert sich zudem an Steuern, Schmuggel und Geldern von privaten, als „Wohltätigkeitsorganisationen“ getarnten Gruppen.

Hamas-Chef schwelgt im Luxus
Ismail Hanija, Chef der Terrororganisation Hamas, gab den Befehl für das jüdische Blutbad am 7. Oktober. Die Konsequenzen trägt nun die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Der Milliardär und Terror-Führer schwelgt derweil mit seinen 13 Kindern in Katar im Luxus, während unzählige Kinder in der Enklave von einstürzenden Häusern zerquetscht werden.

Ob von den 91 Millionen Euro der deutschen Bundesregierung über Umwege auch etwas in seine Taschen fließen wird, lässt sich nur mutmaßen. Schulze will den erneuten Geldfluss als Fingerzeig Richtung Zukunft verstanden wissen. Dabei gelte es, schon heute an die „hoffentlich nicht mehr ferne Zeit“ nach dem Krieg zu denken. Das sei auch im Sicherheitsinteresse Israels.

Schulze habe der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge die Bedeutung strenger Kontrollen noch einmal hervorgehoben. UNRWA-Chef Lazzarini versprach demnach: „Wir kennen jeden Einzelnen, der für uns arbeitet.“ Alle Mitarbeiter würden doppelt gecheckt, um Verbindungen zur Hamas ausschließen zu können.

Zur deutschen Entscheidung wieder Geld an das Hilfswerk zu überweisen, heißt es aus dem heimischen Außenministerium nüchtern: „Die Evaluierung der jeweils nationalen Prüfung ist jedem Staat selbst überlassen und wird von uns auch nicht bewertet.“

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