Klarer Wahlsieg

Weinender “Zar” Putin: “Ruhm sei Russland!”

Ausland
05.03.2012 07:05
Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin hat die Präsidentenwahl am Sonntag mit überwältigender Mehrheit gewonnen. Der 59-jährige "Zar" erreichte laut Wahlkommission 63,75 Prozent der Stimmen. Damit konnte sich Putin bereits im ersten Wahlgang eine dritte Amtszeit als Präsident des flächenmäßig größten Landes der Welt sichern. Mit Tränen in den Augen sagte er bei der Siegesfeier im Zentrum von Moskau vor gut 100.000 Anhängern: "Ich habe euch versprochen, dass wir gewinnen werden. Wir haben gewonnen. Ruhm sei Russland!"

Die "offene und ehrliche" Wahl sei ein Test für die Unabhängigkeit und Reife des Landes gewesen, sagte Putin am Sonntagabend im Zuge seiner live im Staatsfernsehen übertragenen Ansprache auf dem Manegenplatz (an der Träne in seinen Augen sei natürlich "der Wind" schuld gewesen - siehe auch Video in der Infobox). Das russische Volk habe gezeigt, dass Versuche der Zerstörung des Staates zum Scheitern verurteilt seien.

Schon im Vorfeld hatte der 59-Jährige angekündigt, Russlands Wirtschaftsmacht massiv zu vergrößern. Er setze auf Wachstum, Bekämpfung der Korruption, eine unternehmerfreundliche Steuerreform sowie die Privatisierung von Staatsfirmen.

Putin war bereits von 2000 bis 2008 russischer Präsident - 2004 hatte er die Wahl mit 71,3 Prozent der Stimmen gewonnen. Da er laut Verfassung vor vier Jahren nicht sofort wieder antreten durfte, hatte er seinen Vertrauten Dmitri Medwedew in dem Amt installiert - dieser soll nun Ministerpräsident werden. Der neue Präsident wurde heuer zum ersten Mal gemäß für sechs und damit zwei Jahre länger als bisher gewählt. Putin kann nun wieder zwei Amtszeiten als Kremlchef in Folge ableisten, sollte er 2018 erneut gewählt werden.

17 Prozent für Zweitplatzierten
Putins Herausforderer von der Kommunistischen Partei, Gennadi Sjuganow, kam am Sonntag mit 17,19 Prozent auf den zweiten Platz. Er nannte die Abstimmung "weder sauber noch gerecht" und "nicht legitim". Er werde niemandem zum Sieg gratulieren. Hinter Sjuganow landeten der Multimilliardär Michail Prochorow mit 7,82, der Ultranationalist Wladimir Schirinowski mit 6,23 sowie der Linkskonservative Sergej Mironow mit 3,85 Prozent der Stimmen. Allesamt verfehlten das Ziel, Putin in eine Stichwahl zu zwingen.

Das Votum - rund 110 Millionen Menschen waren wahlberechtigt, die Beteiligung lag bei 65,3 Prozent - war von großen regionalen Unterschieden geprägt. In der unruhigen Kaukasusrepublik Tschetschenien etwa kam Putin bei einer Wahlbeteiligung von offiziell 99,59 Prozent auf 99,73 Prozent der Stimmen. In der Hauptstadt Moskau hingegen ging das Rennen deutlich knapper aus - dort verfehlte Putin knapp die Hälfte der Wählerstimmen.

Wieder Manipulationsvorwürfe im Raum
Schon der Ämtertausch mit Medwedew und massive Fälschungen bei der Parlamentswahl im Dezember hatten eine beispiellose Protestwelle gegen Putin ausgelöst. Hunderttausende Menschen gingen damals auf die Straßen. Auch die aktuelle Wahl wird von Manipulationsvorwürfen der Opposition überschattet. Man kündigte unrer anderem wegen "mangelnden politischen Wettbewerbs" Großdemonstrationen an.

Auch nach Ansicht des Friedensnobelpreisträgers Michail Gorbatschow entspricht das Ergebnis nicht dem Wählerwunsch. "Es gibt große Zweifel, dass dies die wahre Stimmung in der Gesellschaft widerspiegelt", betonte der Ex-Sowjetpräsident am Sonntagabend und forderte eine Reform des Wahlsystems.

Man war zuvor bemüht gewesen, alles korrekt aussehen zu lassen. Erstmals wurde die Abstimmung praktisch flächendeckend mit Videokameras überwacht, um Fälschungsvorwürfe zu entkräften. Die unabhängige Wahlbeobachterorganisation Golos, die Oppositionspartei Jabloko sowie die neue "Liga der Wähler" beklagten dennoch Unregelmäßigkeiten - von 5.000 dokumentierten Verstößen ist die Rede. Das Innenministerium wies die Vorwürfe zurück. Abgesehen von unbedeutenden Manipulationsversuchen sei alles reibungslos verlaufen.

Nackt-Protest gegen "Dieb" Putin
Große Aufregung herrschte in jenem Wahllokal in Moskau, in dem Wladimir Putin seine Stimme abgab. Wenige Minuten später stürmten drei ukrainische Frauen in das Lokal und protestierten gegen den früheren und zukünftigen Präsidenten (siehe Infobox).

Auf Brust und Rücken hatten die jungen Frauen in schwarzen Buchstaben geschrieben: "Ich stehle für Putin" und "Kreml-Ratten". Die drei Aktivistinnen riefen "Putin ist ein Dieb!" und versuchten, die Wahlurne mit dem Stimmzettel des amtierenden Regierungschefs zu stehlen. Sie wurden sofort von der Polizei festgenommen.

Vier Tote bei Anschlag auf Wahllokal im Nordkaukasus
Beim Anschlag auf ein Wahllokal in der Konfliktregion Nordkaukasus wurden schließlich am Abend mindestens vier Menschen getötet. Drei maskierte Männer hatten das Gebäude in der Teilrepublik Dagestan kurz nach der Beendigung der Wahl attackiert. Bei dem Schusswechsel kamen drei Mitglieder der Sicherheitskräfte und ein Angreifer ums Leben. Ein Polizist und ein Zivilist wurden verletzt. Im islamisch geprägten Nordkaukasus kommt es immer wieder zu Gefechten zwischen Terroristen und Moskau-treuen Einheiten.

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