47 Todesopfer

Syrien: Weiterhin blutige Angriffe auf Zivilisten in Homs

Ausland
08.02.2012 10:01
Auch nach dem Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow in Damaskus nimmt die blutige Gewalt gegen die Bevölkerung in Syrien kein Ende. Bei Angriffen auf die Stadt Homs wurden nach Angaben von Regierungsgegnern in der Nacht auf Mittwoch Dutzende Zivilisten getötet. Die Arabische Liga forderte ihre Beobachter auf, Syrien zu verlassen.

Syrische Aktivisten berichteten am Mittwoch, das Viertel Baba Amro in der Stadt Homs sei von der Armee unter Beschuss genommen worden. Sie sprachen von Dutzenden von Toten. Drei Familien seien von Milizionären in ihren Häusern massakriert worden, hieß es. Die Eindringlinge hätten 19 Menschen mit Messern getötet. Andere Quellen sprachen von insgesamt 47 getöteten Zivilisten. In zwei Krankenhäusern von Homs seien insgesamt 18 Frühchen in Brutkästen ums Leben gekommen, weil der Strom abgeschaltet worden sei.

Die Bombardements dauern bereits seit mehreren Tagen an. Die Nachrichtenagentur Associated Press veröffentlichte ein Foto, das Frauen und Kinder in einem Keller zeigt (zweites Bild). Sie berichteten von Raketeneinschlägen in Häusern.

Oppositionelle verbreiteten Videos auf YouTube, welche Raketenangriffe auf Homs zeigen. Offenbar wahllos wird mit schwerer Artillerie auf Wohnhäuser gefeuert. Nach Angaben der Regimegegner waren bei Raketenangriffen auf Homs in der Nacht auf Samstag mehr als 300 Menschen getötet worden. Wegen der in Syrien verhängten Restriktionen gegen ausländische Medien lassen sich jedoch weder die Opferzahlen noch die Videobilder überprüfen.

Die Arabische Liga forderte ihre Beobachter auf, Syrien zu verlassen, wie ein Mitarbeiter der Liga in Kairo bestätigte. Der Leiter der Beobachtermission, Mohammed al-Dabi, und sein Stab sollen jedoch vorerst noch in Damaskus bleiben.

AFP-Journalist getötet
Zuvor war bekannt geworden, dass ein freier Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) in der Protest-Hochburg Homs getötet worden war. Der unter dem Pseudonym "Omar der Syrer" arbeitende Aktivist Mazhar Tayyara (drittes Bild) sei bei den Angriffen in der Nacht auf Samstag ums Leben gekommen, berichtete ein Freund Tayyaras am Dienstag.

Dem Freund zufolge half der 24-Jährige während der Angriffe auf das Stadtviertel Khalidiya Verletzten, als er selbst getroffen wurde. Tayyara arbeitete als freier Mitarbeiter für mehrere Medien, darunter neben dem Video-Dienst der AFP auch für den britischen "Guardian" und "Die Welt". Als Reporter war er im Satellitensender Al-Jazeera und auf CNN zu sehen.

USA: Keine Waffenlieferung an Opposition
Die USA planen nach eigenen Angaben bis auf Weiteres keine Bewaffnung der Opposition in Syrien. "Wir erwägen diesen Schritt derzeit nicht", sagte der Sprecher des Weißen Hauses in Washington, Jay Carney, am Dienstag. Stattdessen wollten die Vereinigten Staaten versuchen, mehr humanitäre Hilfe für das von Präsident Bashar al-Assad unterdrückte Volk bereitzustellen. "Es ist ehrlich gesagt nicht klar, wie viel wir tun können, aber wir wollen helfen", sagte Außenamtssprecherin Victoria Nuland. Auch sie stellte klar, dass aus US-Sicht nicht die richtige Lösung für das Problem sei, "mehr Waffen nach Syrien zu bringen".

Neben der humanitären Hilfe werde angedacht, gemeinsam mit anderen Ländern die regionalen Sanktionen gegen das Assad-Regime weiter zu verschärfen, sagte Nuland. Ziel sei, "das Geld zu verringern, das er bekommt, um seine Kriegsmaschinerie weiter anzufeuern". Zudem müsse der demokratische Dialog in dem Land gestärkt werden.

Österreichische Botschaft bleibt vorerst geöffnet
Die österreichische Botschaft in Damaskus bleibt vorerst geöffnet. "Derzeit besteht keine Absicht, das Personal abzuziehen oder die Botschaft zu schließen", hieß es am Mittwoch vom Sprecher von Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger, Alexander Schallenberg. "Wichtiger als ein symbolischer Akt" wäre ein gemeinsame Linie der UNO, sagte Schallenberg.

Die österreichische Botschaft in Damaskus diene konsularischen Schutzaufgaben für die nach aktuellem Stand 177 Österreicher, die sich nach wie vor in Syrien aufhielten. Die meisten von ihnen hielten sich in der Hauptstadt Damaskus auf, seien Doppelstaatsbürger, die ihren Lebensmittelpunkt in Syrien hätten und aktuell keine Ausreise beabsichtigten, so Schallenberg. Derzeit ist Österreich in Syrien durch Botschafterin Maria Kunz vertreten. Die Lage in Syrien werde täglich evaluiert. Für die Botschaft in Damaskus wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt, zudem gebe es Evakuierungspläne für den Bedarfsfall, sagte Schallenberg.

Frankreich und Italien zogen Botschafter ab
Am Dienstag hatten Frankreich und Italien ihre Botschafter zurückgerufen, die USA und Großbritannien hatten dies schon am Montag getan. Der deutsche Botschafterposten in Damaskus bleibt bis auf Weiteres vakant. Die Schweiz hatte ihren Botschafter bereits im August zu Konsultationen nach Bern zurückgerufen. Die Vertretung in Damaskus soll jedoch in Betrieb bleiben. Die sechs Staaten des Golf-Kooperationsrates riefen ebenfalls geschlossen ihre Botschafter aus Damaskus zurück und forderten umgekehrt die syrischen Gesandten auf, jeweils ihre Länder zu verlassen.

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