„Ich hatte das Glück, überall ein bisschen reinschnuppern zu dürfen“, resümiert Wega-Chefinspektor Friedrich Krafuß zum Start in seinen beruflichen Ruhestand. „Ein bisschen“ kann bei der Fülle an Ausbildungen, die der Steirer in 42 Jahren Polizei absolvierte und die unzähligen Funktionen, die er innehatte, jedoch getrost als Untertreibung bezeichnet werden.
Im zarten Alter von nur 18 Jahren entschied sich Friedrich Krafuß nicht - wie Opa, Papa und Co. - in der steirischen 10.000-Seelen-Gemeinde Trofaiach und als gelernter Schlosser bei der Voest zu bleiben. Er wollte mehr sehen, er wollte anderes erleben. „Ich wollte einfach zur Polizei“, wie Krafuß im Gespräch mit der „Krone“ erzählt. Er sei schon damals sportlich gewesen, habe Judo betrieben, nicht geraucht. Schon am Land habe er von einer Spezialeinheit wie der Wega geträumt.
Erster Kontakt mit Wien war „Schock“
Der erste Kontakt mit Wien sei für den Steirer, in dessen Ort es „nicht einmal eine Ampel gab“, aber ein Schock gewesen, lacht er. Dass er für immer bei der Polizei „picken“ bleiben würde, dachte Krafuß zu dem Zeitpunkt sicher nicht. Nach zwei Jahren Streife in Hietzing und einer kurzen Zeit in der Drogenbekämpfung bewarb er sich bei der Wega - und wurde prompt genommen. Die Sondereinheit sollte ihn nie mehr loslassen. 1989 kam er in den Dienstführendenkurs, später bot sich die Möglichkeit, selbst Polizisten auszubilden.
In Trofaiach gab´s nicht mal eine Ampel. In Wien dachte ich mir nur: Puh, jo eh!
Der berufliche Wechsel von der Steiermark nach Wien war für Krafuß nicht einfach.
Schwarzenegger, Hubschrauber und Bergetaucher
Was er alles gemacht hat, liest sich wie der Traum eines jeden Burschen. Berufstaucher, Seiltechniker, Sprengmeister, er konnte tausende Einsätze im Hubschrauber oder am Seil fliegen und in den österreichischen Bergen klettern. Und das alles weit über die Grenzen der Bundeshauptstadt hinaus. Neben der Wiener Berufsfeuerwehr und der Rettung bildete Krafuß auch ausländische Organisationen, zum Beispiel aus Bayern, Hamburg und diverse internationale Bergführer in der Seiltechnik aus.
Er bewachte Arnold Schwarzenegger als Personenschützer bei Bundespräsident Klestils Begräbnis, versuchte 1997 unter schwierigsten Bedingungen, Tote aus dem Wrack der „Dumbier“ zu ziehen, das ins Kraftwerk Freudenau gezogen wurde.
Abschiebungen sind die schwierigste Aufgabe der Polizei. Du musst sehr viel Fingerspitzengefühl und psychologischen Hintergrund haben.
Friedrich Krafuß begleitete fast 500 Abschiebecharter in mehr als 70 Länder
Omofuma sollte Abschiebungen für immer verändern
1999 war wohl einer der einschneidendsten Karrieremomente für Krafuß. An seinen Sitz gefesselt und mit verklebtem Mund starb der nigerianische Asylbewerber Marcus Omofuma kurz vor seinem 26. Geburtstag in einem Abschiebe-Charter von Österreich nach Sofia. Krafuß wurde vom Tauchen abberufen und ins Ministerium in eine Arbeitsgruppe zitiert. Im Nachhinein jedoch ein Segen, wie der Chefinspektor meint: „Wir kreierten die Vorschriften, die noch heute für Abschiebungen gelten.“ Seine Erfahrung im Nahkampf half dabei, Vorgehensweisen im Flugzeug zu entwickeln, „die auch jeder Inspektor anwenden kann“. Abschiebungen seien „die schwierigste Aufgabe der Polizei“, so Krafuß. Und dennoch führten ihn die rund 500 Flüge in die ganze Welt.
Tote Kollegen - und gerettete Bergkameraden
Traurig wird Krafuß, wenn er an den 14. Juni 1993 denkt. Er sei einer der ersten vor Ort gewesen, als in Wien-Döbling ein Täter eine Bank ausraubt, einen Polizisten erschießt und sich mit Geiseln in einem Kindermodegeschäft verschanzt. Ein Moment, der ihn heute noch nachdenklich macht: „Ich sah den toten Kollegen und musste ihn nehmen und auf eine Bahre legen“. Schöner war eine Alpinübung vor wenigen Jahren auf den Großen Priel. Zufällig entdeckte man einen kopfüber im Gurt hängenden Kletterer. Krafuß: „Wären wir nicht da gewesen, wär er gestorben.“ Der Überlebende bedankte sich weinend.
Ich hab´ den Job 42 Jahre lang sehr sehr gerne gemacht. Ich hatte das Glück, dass ich alles machen durfte. Danke Bude!
Friedrich Krafuß, Chefinspektor im Ruhestand
Familie freut sich nun auf mehr Zeit
Pensionsschock sollte Krafuß dennoch keinen erleiden. Seine Wega-Mannschaft habe ihn mit tollen Geschenken verabschiedet, nun warten Frau, drei Kinder und drei Enkel auf ihn. Eine Reise mit der Gattin sei für September bereits geplant, auch als Tauchlehrer möchte Krafuß weiterarbeiten. „Ich hab´ den Job sehr gerne gemacht“, resümiert der nunmehrige Chefinspektor im Ruhestand seine berufliche Karriere. Er sei dankbar, so Krafuß. Mit Worten, die ihn bei der Exekutive bekannt gemacht haben, bedankt er sich schließlich auch bei seiner Firma: „Danke Bude!“
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