Völlig überraschend hat Sepp Loibner heuer im Frühjahr seinen ORF-Job gekündigt. Der ehemalige Volkskulturchef ist nun Bauer, Waldarbeiter, Hackler - und glücklich. Auch als Professor geht er ganz neue Wege.
Raus aus der Frustzone, hinein in ein erfülltes Leben. Schweißgebadet steigt Publikumsliebling Sepp Loibner vom Traktor, klopft die Sägespäne von der Arbeitsmontur und krempelt die Ärmel weiter hoch, um die befreiende Kehrtwende in seinem Berufsleben zu demonstrieren.
„Endlich schauen meine Unterarme etwas zugleich. Die waren schon ganz verkümmert“, freut sich der ehemalige Chef der ORF-Volkskultur über aufkeimende Muskelpartien. „Ich arbeite nun weitaus mehr als früher, aber anders. Am Abend bin ich fetzenhin von der körperlichen Arbeit“.
Der Feind des Alters ist der Konjunktiv
Man darf es dem Vater von vier Kindern und bald 3-fachen Großvater glauben, der im Rackern am Acker mehr Befriedigung erlebt als zuletzt als Unterhalter auf TV-Bühnen, bei Frühschoppen und in Festzelten. „Ich bin als Schepfer aufgewachsen und nicht als Zirkuspferd“, argumentiert der Weststeirer seinen für viele überraschenden Schlussstrich nach 34 Jahren im ORF Landesstudio Steiermark.
„Noch immer reden mich Leute darauf an, warum ich diesen Traumjob aufgeben habe. Doch noch mehr Leute äußern ähnliche Sehnsüchte. Sie würden es mir gerne nachmachen, aber sie trauen sich nicht oder haben nicht die Möglichkeiten. Der Feind des Alters ist der Konjunktiv. Für mich gibt es kein hätte, wäre, würde, sondern ich gönne mir JETZT mein Leben“.
„Es fiel mir schwer, auf Kommando zu unterhalten“
Der Moderator hat die Bremse gezogen, bevor der Arbeitsfrust lange vor der Pensionierung krank macht. „Mit dem 50er ist die Watschn gekommen. Es fiel mir schwer, auf Kommando zu unterhalten. Körper und Seele revoltierten, ich wollte nicht mehr aus dem Bett, unter der Dusche drehte sich mein Magen. Das wollte ich nicht mehr länger mitmachen“.
Aus dieser Selbstdiagnose stellte Loibner ganz bewusst Zeitwohlstand über Güterwohlstand. „Natürlich verdiene ich nicht mehr das, was ich beim ORF verdient habe. Im letzten Monat waren es nur ein paar Hundert Euro, aber mein Dienstleisterjob muss sich erst einspielen“, schmunzelt er. Er hilft mal beim Maschinenring aus, schlägert Holz oder geht auf die Alm als Kellner. „Meine Frau und ich waren immer fleißig, sind schuldenfrei und leben bescheiden.“
Diese bescheidene, bodenständige Einstellung disharmoniert auf den ersten Blick mit dem jüngst verliehenen Professorentitel. “Das glauben viele, dass mir den Professorentitel zum ORF-Abschied nachgeschmissen wurde. Professor wird man nicht fürs Witze erzählen", schmunzelt Neo-Professor Loibner über das fundamentale Missverständnis.
Professor und Reiseleiter
„Es gelten strenge Kriterien, das Prüfverfahren braucht nach Vorschlag eines Vorgesetzten eineinhalb Jahre und durchläuft bis zum Bundespräsidenten drei Instanzen. Allein das Zusammentragen der wissenschaftlichen Dokumentationen hat Monate in Anspruch genommen“, betont der Buchautor.
„Ich werde den Titel nicht vor mir hertragen oder damit angeben. Es ist eine schöne Anerkennung meiner Arbeit, aber ich bleib der Seppl. Den Professor gibt es weder auf der Visitenkarte noch am Grabstein“, lacht der ORF-Aussteiger, der mit dem Gedanken spielt, nach einem abgebrochenen Theologiestudium wieder an die Uni zurückzukehren.
Doch zuvor braucht es seine fleißigen Hände, um Wald und Wirtschaftsgebäude für die nächsten Generationen in Schuss zu bringen und Ende Juli geht es auf Norwegen-Reise. Da wird der Herr Professor als künftiger Reisebegleiter eingeschult.
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