EU-Gipfel in Brüssel

Staatschefs im Kampf gegen die ‘Explosion des Euro’

Ausland
08.12.2011 20:41
Belastet von der Euro-Krise und anhaltender Zerstrittenheit haben die europäischen Staats- und Regierungschefs am Donnerstag ihr Gipfeltreffen begonnen. Auf der Tagesordnung steht die Rettung des Euro und dabei vor allem die Begrenzung der Staatsschulden der EU-Länder. Den Auftakt bildete ein gemeinsames Abendessen. Begleitet wurde der Beginn der Verhandlungen von eindringlichen Appellen. So warnte etwa der französische Europaminister Jean Leonetti vor einer "Explosion des Euro", die auch zu einem Zerfall Europas führen würde.

Der Streit dreht sich um die nötigen Änderungen der EU-Verträge, mit denen die Länder zu mehr Haushaltsdisziplin gezwungen werden sollen. Darüber werden auch auf dem Gipfel harte Auseinandersetzungen erwartet.

Merkel beharrt auf Vertragsänderung
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat bereits vor Beginn des Gipfels erklärt, dass sie auf Vertragsänderungen beharren wird, um dem Euro die verloren gegangene Glaubwürdigkeit zurückzugeben. Diese Vertragsänderung müsste zumindest von den 17 Euro-Ländern gemacht werden, "die 17 müssen das tun, um ganz Europa einen Gefallen zu tun. Ob das gelingt, mit 17 plus x oder allen 27 gemeinsam, wird sich in den Beratungen zeigen", so Merkel am Donnerstagabend in Brüssel.

Wichtig sei, dass der Euro seine Glaubwürdigkeit nur dadurch zurückgewinnen könne, wenn die Verträge so geändert würden, "dass wir in Richtung Stabilitätsunion gehen". Dies stehe im Zentrum. Dabei hoffe sie erfolgreich sein zu können. Die deutsche Politikerin erklärte: "Wir werden über den Weg reden. Mit der Frankfurter Runde beginnen, dann die 27, und es wird auch eine Sitzung der Euro-Gruppe geben".

Dabei werde man sich "Schritt für Schritt dem Ziel, das uns eint, nähern". Auch jene Staaten, die sich nicht in der Euro-Zone befinden, müssten ein "elementares Interesse daran haben, dass der Euro-Raum verbindlich arbeiten kann, enger zusammenrücken kann in Richtung einer Fiskalunion, einer Stabilitätsunion".

Besonders heikle Verhandlungsthemen
Vertragsänderungen gehören in der Union jedenfalls zum schwierigsten Verhandlungsgegenstand überhaupt. Die schnellste, aber auch nur eingeschränkt anwendbare Art wäre eine Änderung des Protokolls 12 zum Lissabon-Vertrag. Dort könnten laut EU-Diplomaten Maßnahmen wie der Festschreibung von nationalen Schuldenbremsen und eine Rolle des Europäischen Gerichtshofs bei Defizitverfahren geregelt werden, ohne dass nationale Ratifizierungsverfahren in den EU-Staaten und ein parlamentarischer EU-Konvent zur Ausarbeitung erforderlich wären. Nötig wäre nur ein einstimmiger Beschluss der Staats- und Regierungschefs. Die Änderung könnte innerhalb von Monaten in Kraft treten. Berlin reicht dies aber nicht aus.

Andere, größere Reformschritte wie automatische Sanktionen im Defizitverfahren oder die Einführung von Euro-Bonds würden dagegen eine "richtige" EU-Vertragsänderung erfordern, die nach Schätzung von Diplomaten im optimistischsten Szenario zweieinhalb Jahre dauern würde - ein Jahr zur Ausarbeitung und weitere eineinhalb Jahre für die Ratifizierungen in den EU-Staaten selbst.

Faymann fordert "Feuermauer" für die EU
Österreich Bundeskanzler Werner Faymann forderte vor Beginn des Gipfels mehr Möglichkeiten für die EZB, um die Euro-Rettungsschirme zu stärken und genug Geld zur Verfügung zu stellen. Die Finanzmärkte würden sich erst beeindrucken lassen, wenn die Kraft der Rettungsschirme stark genug sei, erklärte er.

Zur Frage der Vertragsänderung sagte Faymann: "Wenn eine Vertragsänderung notwendig ist, die nur die Einhaltung der Disziplin gewährleistet, können wir sie unterstützen." Aber die Disziplin sei nur das Fundament. Wenn nicht mehr Mittel zur Verfügung stünden, könne dies jeder nachrechnen. "Dann hält ein gutes Ergebnis nur ein paar Tage." Es sei notwendig, die Finanzmärkte zurückzudrängen, nicht nur Erklärungen zu beschließen, sondern auch "Feuermauern" zu bauen.

Schweden und Briten skeptisch bei Vertragsänderung
Widerstand gegen eine Vertragsänderung kündigten Großbritannien und Schweden an, die der Euro-Zone nicht angehören. Der britische Premier David Cameron bekräftigte, dass er Interessen seines Landes verteidigen will. Cameron sagte, es sei notwendig, die Stabilität der Euro-Zone zu gewährleisten. "Dies ist auch gut für Großbritannien, aber wir müssen auch die Interessen Großbritanniens schützen."

Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt warnte ausdrücklich: "Ich habe keine Unterstützung für eine Vertragsreform in Schweden." Das Verfahren dazu sei "zu zeitraubend". Der Kern des Problems sei wirtschaftlicher Natur. Schweden sei aber offen für eine Diskussion und wolle Teil einer Lösung sein.

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