Mehrere Dutzend Parlamentarier aus europäischen Staaten haben die Pläne der EU-Kommission für die sogenannte Chatkontrolle kritisiert. In einer schriftlichen Erklärung halten die 30 Unterzeichner fest, dass die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder zwar auch für sie hohe Priorität habe. Der von der Kommission formulierte Vorschlag würde aber die Provider zur Inhaltsprüfung von Kommunikation verpflichten, was die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aushebeln würde.
Es geht um eine Initiative im Rahmen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der nationale Abgeordnete angehören. Erstunterzeichneter ist der deutsche FDP-Abgeordnete und Vize-Fraktionschef Konstantin Kuhle. Unterzeichnet hat auch die NEOS-Nationalratsabgeordnete Stephanie Krisper. Weitere Unterzeichner kommen unter anderem aus Slowenien, Dänemark, Frankreich und der Schweiz. Die überwiegende Mehrheit gehört der liberalen Fraktion an. In Deutschland unterzeichneten aber auch zwei Grün-Abgeordnete sowie ein Mandatar der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD).
Kommission will Privat-Chats durchleuchten lassen
Die EU-Innenkommissarin, Ylva Johansson, hatte im Mai 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, um die Verbreitung von Darstellungen einzudämmen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen. Kritiker nutzen dafür das Schlagwort „Chatkontrolle“. Sie sehen darin einen Versuch, die gesamte Kommunikation im Netz inklusive verschlüsselter Nachrichten zu scannen und fürchten Massenüberwachung. Die EU-Länder und das Europaparlament haben noch nicht über ihre Haltung zum Gesetzesvorschlag abgestimmt. Innenminister hatten sich zuletzt aber aufgeschlossen dafür gezeigt.
Dagegen äußerten sich die Justizminister von mehreren Staaten, darunter Österreich, skeptisch. In einem gemeinsamen Schreiben an ihre EU-Amtskollegen äußerten Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und ihre Amtskollegen aus Deutschland, der Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein Bedenken. Ähnlich wie die Europarats-Parlamentarier betonten sie, dass die Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet große Bedeutung habe, der Schutz der Bevölkerung vor anlassloser Überwachung aber ein hohes demokratisches Gut sei. „Der vorliegende Verordnungsentwurf findet aus unserer Sicht hier nicht die richtige Balance und könnte möglicherweise sogar für den Kinderschutz kontraproduktiv sein“, hieß es in dem Mitte Mai verschickten Brief.
Die deutsche Bundesregierung hatte bereits im April erhebliche Bedenken gegen den Vorschlag der EU-Kommission vorgebracht. In einer Stellungnahme, die zwischen den Ministerien für Familie, Justiz, Inneres, Familie und Digitales abgestimmt wurde, hieß es damals: „Aus Sicht der Bundesregierung sind wesentliche Änderungen im Verordnungsentwurf erforderlich, damit dieser aus deutscher Sicht zustimmungsfähig wird.“
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