Gegenoffensive hakt
Selenskyj: Krieg „ist kein Hollywood-Film“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Schwierigkeiten bei der Gegenoffensive gegen die russischen Invasionstruppen zugegeben. Dabei gab er aber zu bedenken, dass Krieg „kein Hollywood-Film“ sei und Menschenleben auf dem Spiel stünden. Er bat um Geduld. Auch brachte er wieder Zweifel an der Geistesgegenwärtigkeit des russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Ausdruck.
Die Fortschritte auf dem Schlachtfeld seien „langsamer als gewünscht“, räumte Selenskyj in einem am Mittwoch veröffentlichten BBC-Interview ein. Der militärische Vorstoß sei nicht einfach, da 200.000 Quadratkilometer ukrainisches Territorium von den russischen Streitkräften vermint worden seien. Die ukrainischen Streitkräfte setzten laut Regierungsangaben ihre Gegenoffensive mit Angriffen auf russische Stellungen im Süden fort. In anderen Frontabschnitten hätten sie jüngste Geländegewinne gesichert, teilte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar mit. Im Osten würden die Truppen einem russischen Großangriff standhalten.
Kiew lässt sich nicht unter Druck setzen
Die Ukraine werde sich bei ihrer Gegenoffensive nicht unter Druck setzen lassen, führte Selenskyj weiter aus. „Bei allem Respekt, wir werden auf dem Schlachtfeld so vorrücken, wie wir es für richtig halten.“ Vize-Verteidigungsministerin Maljar erklärte über den Kurznachrichtendienst Telegram, die ukrainischen Streitkräfte setzten ihre Offensiveinsätze in Richtung der Stadt Melitopol tief im besetzten Gebiet im Süden und in Richtung Berdjansk am Asowschen Meer fort.
Sie sprach von schweren Kämpfen im Osten, insbesondere in der Nähe der Stadt Lyman, die ukrainische Truppen im Oktober von den russischen Streitkräften zurückerobert hatten. „Im Osten halten die Verteidiger weiterhin einen groß angelegten Angriff der russischen Streitkräfte in Richtung Lyman und Bachmut zurück“, so Maljar. Der Osten bleibe der Schwerpunkt der russischen Angriffe. Russland versuche dort weiterhin, die Regionen Donezk und Luhansk vollständig zu erobern. Donezk und Luhansk bilden die Industrieregion Donbass.
Schwere Verluste auf beiden Seiten
Die Ukraine hatte nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Wochen acht Dörfer im Süden zurückerobert. Die Vorstöße in die stark befestigten und verminten Gebiete unter russischer Kontrolle sind zwar klein, aber die größten seit November. Die Führung in Kiew hat seit Monaten eine Gegenoffensive vorbereitet, von der sie sich einen Wendepunkt in dem Krieg erhofft.
Sie hat allerdings eine Nachrichtensperre verhängt, und unabhängige Berichte sind rar. Experten zufolge steht der Einsatz des Großteils der ukrainischen Streitkräfte noch aus, von denen ein Teil vom Westen ausgebildet und ausgerüstet wurde. Daher sei es zu früh, um Schlüsse über den Erfolg der Offensive zu ziehen. Auf beiden Seiten soll es aber schwere Verluste geben.
Wird Putin auf den roten Knopf drücken?
Selenskyj gab im BBC-Interview zu verstehen: „Egal, wie weit wir in unserer Gegenoffensive vorankommen, einem eingefrorenen Konflikt werden wir nicht zustimmen. Denn das ist eine aussichtslose Entwicklung für die Ukraine.“ Putin sei seit 2014 gefährlich für die Ukraine, so Selenskyj weiter. Dass er tatsächlich Atomwaffen einsetzen könnte, hält er für nicht sehr wahrscheinlich. Denn der Kreml-Herrscher fürchte um sein Leben und er liebe das Leben sehr. Aber ganz sicher könne man das bei einem so realitätsfremden Menschen nicht sagen, meinte er abschließend.
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