Waffe besorgt?

Neonazi-Mordserie: Polizei nimmt Ex-NPD-Funktionär fest

Ausland
29.11.2011 11:14
Die Verbindungen der deutschen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zur rechtsradikalen Partei NPD werden immer deutlicher. Am Dienstag verhafteten Spezialeinheiten in Jena einen langjährigen NPD-Funktionär. Der 36-Jährige sei dringend verdächtig, die Gruppe unterstützt zu haben. Er soll den Mördern unter anderem die Mordwaffe und die Munition beschafft haben.

Der Verdächtige namens Ralf Wohlleben (auf dem Bild während einer Demonstration im Jahr 2007) soll laut Bundesanwaltschaft seit 1995 in rechtsextremistischen Kreisen in Thüringen aktiv gewesen sein. Seit den 90er-Jahren soll er zudem in engem Kontakt mit den drei bislang bekannten NSU-Mitgliedern gestanden haben. Dem Thüringer Verfassungsschutz ist er schon seit Langem bekannt.

Der Behörde zufolge trat Wohlleben 1999, kurz nach dem Untertauchen des Neonazi-Trios, in die NPD ein. Mit Unterbrechungen war er von 1999 bis Mitte 2008 Vorstandsmitglied - von Juli 2006 bis Mai 2008 sogar stellvertretender Landesvorsitzender in Thüringen. Bis etwa Anfang 2010 leitete er außerdem mit Unterbrechungen den Kreisverband in Jena.

Pistole samt Munition besorgt?
Die Anklagebehörde wirft dem Ex-Funktionär unter anderem vor, der Neonazi-Gruppe 2001 oder 2002 eine Pistole und Munition besorgt und per Kurierdienst übergeben zu haben. Außerdem soll er ihnen den Kontakt zum späteren mutmaßlichen Helfer Holger G. vermittelt haben.

Erst vor einer Woche war Wohllebens Wohnung durchsucht worden. Damals hatte er noch in einer Zeitung behauptet, die drei Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe nicht unterstützt und seit 1998 zu ihnen keinen Kontakt mehr gehabt zu haben.

Vierte Verhaftung im Umfeld des NSU
Der 36-Jährige soll nun dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Er ist neben der Hauptverdächtigen Zschäpe, dem mutmaßlichen Helfer Holger G. aus dem Raum Hannover und dem in Brandenburg gefassten André E. der vierte mutmaßliche Neonazi, der im Zusammenhang mit der Mordserie festgenommen wurde.

Mundlos, Böhnhardt (beide hatten sich Anfang November in ihrem Wohnmobil erschossen) und Zschäpe werden Morde an neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und an einer Polizistin in den Jahren 2000 bis 2007 vorgeworfen. Erst nach dem Selbstmord von Mundlos und Böhnhardt waren die Ermittler darauf gekommen, dass das Trio hinter der Mordserie steckt.

Verbotsverfahren gegen NPD 2003 gescheitert
Die NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) ist eine rechtsextreme Partei mit stark fremdenfeindlichen und aggressiv-nationalistischen Positionen. In Deutschland ist die NPD in zwei Landtagen - Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern - vertreten. Auf Bundesebene kam sie bei der Bundestagswahl 2009 aber nur auf 1,5 Prozent. Ein Verbotsverfahren scheiterte im März 2003 vor dem Verfassungsgericht, weil die Partei bis zur Führungsspitze mit V-Leuten des Verfassungsschutzes durchsetzt war.

Unterdessen plant der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich eine neue Verbunddatei, um Informationen über gewaltbereite Rechtsextremisten zentral zu erfassen. Damit sollen künftig Pannen der Polizei und Verfassungsschützer wie im Fall der Zwickauer Zelle vermieden werden.

Türkei fordert Entschädigung für Hinterbliebene der Opfer
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu will derweil mit den Angehörigen der Mordopfer über Entschädigungszahlungen des deutschen Staates sprechen. Davutoglu werde dazu am 1. Dezember nach Deutschland reisen, berichteten türkische Zeitungen am Dienstag. "Ich werde vier Tage lang von Stadt zu Stadt reisen und mit unseren Bürgern reden", sagte Davutoglu. Diese Angelegenheit sei für Deutschland von größter Bedeutung. Er werde mit den Angehörigen der türkischen Opfer auch über die Höhe von Entschädigungszahlungen sprechen.

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