Pistole als Beweis

Dieser Bursche soll Gadafi aufgestöbert haben

Ausland
21.10.2011 11:26
Libyens Rebellen haben einen neuen Helden: Der 20-jährige Mohammed el-Bibi (im Bild) soll einer jener Männer gewesen sein, die Ex-Diktator Muammar al-Gadafi aufgespürt und so zu dessen Verhaftung geführt haben. Als Beweis präsentierte der junge Rebellenkämpfer am Donnerstag den internationalen Kameras stolz eine goldene Pistole, die sich im Besitz des Ex-Diktators befunden haben soll. Die genauen Umstände, unter denen Gadafi später ums Leben kam, sind indes weiterhin völlig unklar.

Mohammed el-Bibi soll am Donnerstag in Sirte das Versteck des ehemaligen libyschen Machthabers gemeinsam mit anderen Kämpfern der Übergangsregierung aufgestöbert und so zu dessen Ergreifung beigetragen haben. Dabei erbeutete der 20-Jährige laut eigenen Angaben auch die goldene Pistole, derer Gadafi sich bereits entledigt hatte. El-Bibi wird nun jedenfalls als neuer Held der Rebellen gefeiert.

Widersprüchliche Versionen zu Gadafi-Tod
Wo, wann, wie und von wem Gadafi schließlich getötet wurde, ist aber weiterhin völlig unklar, es gibt dazu verschiedenste Angaben. Fest steht, dass der Ex-Diktator nach seiner Verhaftung nach Misrata gebracht werden sollte, um ihn später vor Gericht zu stellen.

Die NATO bestätigte bereits am Donnerstag, dass sie einen Auto-Konvoi - anscheinend mit Gadafi an Bord - bombadiert hatte. Dabei sei der Machthaber an beiden Beinen verletzt worden. Kurz darauf sei er festgenommen, getötet und die Leiche nach Misrata gebracht worden.

Der Chef der Übergangsregierung, Mahmud Jibril, erklärte hingegen am Donnerstag, Gadafi sei noch lebend in der Stadt im Osten Libyens eingetroffen, dann aber ins Kreuzfeuer von Regierungskämpfern und eigenen Anhängern geraten. Dabei habe der Machthaber einen Kopfschuss erlitten und sei später in einem Krankenwagen verstorben. Ein Gerichtsmediziner konnte laut Jibril aber nicht feststellen, von welchen Kämpfern das Geschoss stammte. Einen offiziellen Befehl zur Tötung des verhassten Tyrannen habe es jedenfalls nicht gegeben.

"Brutal verprügelt und getötet - das ist Krieg"
Ein Mitarbeiter des Übergangsrates machte Kämpfer der Regierung für Gadafis Tod verantwortlich. "Sie haben ihn sehr brutal verprügelt und dann getötet. Das hier ist Krieg." Diese Version unterstützen auch Videoaufnahmen, die von den arabischen Fernsehsendern Al-Arabiya und Al-Jazeera ausgestrahlt wurden und Gadafi nach seiner Festnahme lebend inmitten von Kämpfern des Übergangsrats zeigen. Allerdings dürfte er bereits verletzt gewesen sein, er hatte Blut auf Gesicht und Schultern. Ein Kämpfer des Übergangsrats schien ihm eine Pistole an den Kopf zu halten. Ob er abdrückte, war nicht zu erkennen. Anschließend ist auf den Aufnahmen zu sehen, wie Gadafi auf einen Pick-up gezogen wird.

Der Kommandant des Übergangsrats in Sirte, Mohammed Leith, wiederum meinte, Gadafi habe aus einem Jeep zu fliehen versucht, als dieser beschossen wurde. Er habe sich in einem Abwassergraben versteckt, sei dann jedoch mit einer Kalaschnikow und einer Pistole in den Händen herausgekommen und habe sich umgeschaut. Da sei er von Kämpfern des Übergangsrats an der Schulter und am Bein getroffen worden. Wie Gadafi schließlich zu Tode kam, konnte Leith nicht erklären.

Gadafi bereits in Sirte verstorben?
Wiederum eine andere Version präsentierte ein Kämpfer der Milizen, der nach eigenen Angaben am Donnerstag bei Gadafis Festnahme in Sirte dabei war, im Gespräch mit dem Nachrichtensender Al Jazeera. Nach einem heftigen Feuergefecht mit seinen Leibwächtern am Zugang zu dem Abwasserrohr, in dem er sich versteckt hielt, habe sich Gadafi ohne weitere Schwierigkeiten festnehmen lassen. 

"Wir übergaben ihn dem Sicherheitskomitee", führte er weiter aus. "Doch dann brach ein Gefecht zwischen den Gadafi-Loyalisten und den Revolutionären aus." Gadafi sei dabei durch Schüsse an Kopf und Brust getroffen worden. "Wir legten ihn einen Ambulanzwagen, ein Arzt machte Wiederbelebungsversuche, aber er starb."

Bitte des Internationalen Gerichtshofs abgelehnt
Regierungschef Jibril erklärte, der Übergangsrat habe am Donnerstag, nachdem Gadafi getötet wurde, Kontakt mit dem Internationalen Strafgerichtshof aufgenommen. Das Gericht habe die Libyer gebeten, Gadafi vorerst nicht zu begraben, damit der Leichnam untersucht werden könne. Der Übergangsrat habe jedoch anders entschieden. Allerdings hätten Ärzte Haar- und Gewebeproben von der Leiche genommen, um keine Zweifel an der Identität des Getöteten aufkommen zu lassen. 

Zu einer Beisetzung nach islamischem Ritus noch am Freitag - wie zuerst berichtet - wird es vorerst aber nicht kommen. Es sei beschlossen worden, den Leichnam noch für einige Tage aufzubewahren, "damit jeder sicher ist, dass er tot ist", sagte der Ölminister des Übergangsrats, Ali Tarhouni. Derzeit befinde sich die Leiche in Misrata. Eine Entscheidung darüber, wo Gadafi beigesetzt werden solle, sei noch nicht gefallen. 

Übergangsphase wird am Samstag offiziell eingeläutet
Am Samstag will der libysche Übergangsrat dann offiziell den Beginn der Übergangsphase auf dem Weg zu einem demokratischen Staat verkünden, so Jibril. Der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdul Jalil, wolle dies in Sirte, der Heimatstadt von Ex-Diktator Gadafi tun. Dann werde binnen 30 Tagen eine neue Übergangsregierung gebildet. Acht Monate später solle dann ein Nationalkongress einberufen werden, um die Weichen für einen kompletten Neuanfang zu stellen.

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