Scharfe Kritik

Berlusconi peitscht Sparpaket durch – Proteste in Rom

Ausland
15.09.2011 12:25
Die Regierung Berlusconi hat am Mittwoch das Milliarden-Sparpaket im Abgeordnetenhaus durchgepeitscht, muss jedoch scharfe Kritik aus Unternehmer- und Oppositionskreisen hinnehmen. Vor dem Parlamentsgebäude in Rom kam es noch am Abend zu Ausschreitungen. Am Donnerstag wollen sich Bürgermeister aus ganz Italien und Präsidenten der Regionen an weiteren Protestaktionen beteiligen.

Die Regierung Berlusconi konnte die Sparmaßnahmen in der Höhe von 54 Milliarden bis 2014 unverändert in der Abgeordnetenkammer durchbringen. Bei der abschließenden Vertrauensabstimmung am Mittwochabend votierten 314 Abgeordnete für und 300 gegen die Sparmaßnahmen. Vom Senat hatte die Regierung bereits vergangene Woche grünes Licht zum Sparpaket erhalten. Die darin enthaltenen Maßnahmen waren in den vergangenen Wochen nochmals verschärft worden.

Einsparungen und Privatisierungen
Die Auswirkungen der rigorosen Sparpolitik bekommen die Italiener sofort zu spüren. Demnach will das Kabinett Berlusconi bis Ende 2013 eine ausgeglichene Bilanz vorlegen. Außerdem soll in die Verfassung eine Schuldenbremse eingeführt werden. Die Mehrwertsteuer wird um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent erhöht. Das Pensionsantrittsalter der Frauen in der Privatwirtschaft wird auf 65 Jahre erhöht.

Zudem wird bei den Kosten der Politik gespart. Ab 2013 sollen die hohen Gehälter der Parlamentarier auf europäische Standards zurückgeschraubt werden. Mit Privatisierungsmaßnahmen will die Regierung die Kassen auffüllen. Die italienische Opposition bemängelte allerdings, dem Paket fehlten wachstumsfördernde Maßnahmen und strukturelle Defizite würden nicht angegangen.

Scharfe Kritik und Protestaktionen
Scharfe Kritik an den Maßnahmen übten Italiens Unternehmer und die Opposition. Oppositionschef Pierluigi Bersani warnte, dass Italien ohne Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung, für soziale Gerechtigkeit und zur Ankurbelung der Beschäftigung keine Zukunft habe. Das Sparpaket werde nicht die internationalen Angriffe gegen Italien stoppen und dem Land seine Glaubwürdigkeit zurückgeben.

Am Donnerstag ist in Rom eine Protestaktion des Provinzenverbands UPI geplant. Der Verband protestiert gegen die von der Regierung beschlossene Streichung der Provinzen und die Übergabe ihrer Kompetenzen an die Regionen. Auch gegen die Ausgabenkürzungen bei der lokalen Verwaltung wird protestiert. An der Demonstration vor der Abgeordnetenkammer in Rom werden sich auch Bürgermeister aus ganz Italien und Präsidenten der Regionen beteiligen.

Erpressungsskandal beschäftigt Berlusconi
Aber nicht nur das Sparpaket beschäftigt Berlusconi. Der Premier ist in einen Konflikt mit den neapolitanischen Staatsanwälten involviert, die in einem Erpressungsskandal rund um Callgirls in Berlusconis Residenzen ermitteln. Berlusconi weigerte sich bisher, die ermittelnden Staatsanwälte zu treffen.

Der Skandal kreist um den vor zehn Tagen verhafteten Unternehmer Gianpaolo Tarantini und dessen Ehefrau. Die beiden sollen vom Premier 850.000 Euro für Falschaussagen über Callgirls erpresst haben, die in den Residenzen des Premiers in Rom und auf Sardinien ein und aus gingen.

Die Staatsanwälte schlugen Berlusconi zuletzt vor, einen Termin für die Befragung zwischen Donnerstag und Sonntag zu wählen. Sollte der 74-jährige Ministerpräsident die Befragung verweigern, könnten die Staatsanwälte dem Parlament einen Antrag auf eine zwangsweise Vernehmung Berlusconis stellen.

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