Im 95. Lebensjahr

Alt-Landeshauptmann Purtscher ist verstorben

Vorarlberg
28.01.2023 10:33

Vorarlbergs Alt-Landeshauptmann Martin Purtscher ist tot. Der dritte Landeschef Vorarlbergs nach dem Zweiten Weltkrieg starb am Freitag im 95. Lebensjahr, wie es aus Familienkreisen hieß. Als Regierungschef lenkte Purtscher die Geschicke des Landes zwischen 1987 und 1997. 

Das Weihnachtsfest hatte der im November 94 Jahre alt gewordene Purtscher noch gemeinsam mit seiner Frau Gretl und seiner Familie gefeiert - zum ersten Mal auch mit der Urenkelin, die erst drei Monate zuvor auf die Welt gekommen war. „Wir haben schon gedacht, das erleben wir nicht mehr. Aber jetzt ist es doch Realität geworden“, erzählte das Ehepaar Purtscher glücklich wenige Tage vor Weihnachten noch Redakteurin Alexandra Stockmeyer, die für die „Krone“ auf Besuch bei den Purtschers war.

Der Politiker Purtscher war zunächst über zwölf Jahre Landtagspräsident (ab 1974), ehe er am 9. Juli 1987 die Amtsgeschäfte von Langzeit-Landeshauptmann Herbert Keßler übernahm. Am 2. April 1997 zog er sich nach einer rund zehnjährigen Amtszeit zugunsten von Herbert Sausgruber zurück. „Einiges ist mir nicht so gelungen, wie ich es erhofft habe. Und doch habe ich mehr erreicht, als ich mir eigentlich erwarten durfte. Und dafür bin ich dankbar“, resümierte Purtscher nach seinem Rücktritt. Bei seiner Antrittsrede als Landeshauptmann erklärte er, Politik sei für ihn „stetes Suchen, Hoffen, Werten, Finden, Verbessern, Lernen, eine ewige Unruhe und eine ewige Unvollkommenheit“.

Höhepunkte seiner politischen Laufbahn waren neben dem EU-Beitritt Österreichs auch - speziell aus Vorarlberger Sicht - die erfolgreichen Bemühungen um die Vorarlberger Illwerke. Nach zähen Verhandlungen gelang dem Land der vorzeitige Rückkauf der Aktienmehrheit vom Bund. Aber auch die Gründung des „Technikum Vorarlberg“ - der heutigen Fachhochschule in Dornbirn - fiel in Purtschers Amtszeit, ebenso kam in seiner Amtszeit 1990 mit der späteren Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer erstmals eine Frau in die Landesregierung. Zwei Mal verteidigte er bei Landtagswahlen als Spitzenkandidat der ÖVP die absolute Mehrheit (1989 und 1994).

Seine politische Karriere hatte der am 12. November 1928 geborene Purtscher 1955 in der Gemeindevertretung seiner Heimatgemeinde Thüringen (Bezirk Bludenz) begonnen. Von 1964 bis 1997 gehörte er dem Vorarlberger Landtag an. 1974 wurde der Wirtschaftsbündler Landtagspräsident, bis er 1987 als Wunschkandidat Keßlers zum Landeshauptmann gewählt wurde. In seiner Zeit als Landtagspräsident wurden die Landesverfassung und die Geschäftsordnung des Landtags reformiert. Stets betonte er die Notwendigkeit einer europäischen Friedens- und Wertegemeinschaft, zugleich setzte er sich für ein „Europa der Regionen“ ein.

Purtscher stammte aus einfachen Verhältnissen, aus einer großen Bauernfamilie. Nach Volks- und Handelsschule war der erst 16-Jährige zum Kriegsdienst nach Italien eingezogen worden. Die Handelsakademie in Bregenz-Mehrerau absolvierte Purtscher nach dem Krieg, anschließend studierte er als Werkstudent an der Universität Innsbruck, wo er 1953 zum Doktor der Rechte promovierte. Das Studium finanzierte er sich als Buchhalter bei der Firma Lorünser-Leichtmetallwerke in Schlins (Bezirk Feldkirch), deren kaufmännischer Direktor er nach Studienabschluss wurde.

1965 trat er bei der Suchard-Schokoladen-GmbH in Bludenz ein, übernahm 1966 die Geschäftsführung, baute das Unternehmen durch Erwerb von Mirabell (Grödig bei Salzburg, 1975) und Bensdorp (Tulln, 1985) aus und wurde 1984 - bis zur Bestellung zum Landeshauptmann - zum Generaldirektor der Jacobs-Suchard-Gruppe Österreich bestellt. Purtscher war seit 1954 mit seiner Frau Gretl verheiratet und Vater dreier Töchter. Aus Anlass seines 90. Geburtstags erschien das vom Historiker Karl-Heinz Lauda herausgegebene Buch „Martin Purtscher - Ein politisches Leben für Vorarlberg und Europa“.

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