Neues Album und Tour

Clara Luzia: „Am Ende bin ich immer optimistisch“

Musik
29.01.2023 09:00

Fast fünf Jahre nach ihrem letzten Album kehrt Clara Luzia mit „Howl At The Moon, Gaze At The Stars!“ wieder ins Rampenlicht zurück. Ein feines Indie-Werk, auf dem sich persönliche und globale Krisen die Hand geben und trotz allem der Optimismus gewinnt. Ein Gespräch über Teamwork, Depressionen und die Schönheit des Planeten.

(Bild: kmm)

Anfang Jänner war Clara Luzia wieder mit ihrer Familie Lässig unterwegs. Ein Kollektiv aus unterschiedlichen Vollblutkünstlern, in dem die Worte Teamfähigkeit und Kompromiss großgeschrieben werden. Für die 44-Jährige ist das gemeinsame Arbeiten im Side-Project jedes Mal aufs Neue eine große Herausforderung, denn am liebsten kreiert die Niederösterreicherin ihre Klang- und Textwelten ganz alleine. „Ich bin wirklich keine Teamplayerin und habe mich mein Leben lang gut alleine durchgewurstelt, damit ich damit durchkomme“, lacht sie im „Krone“-Talk im Café Augustin, „ich liebe die Familie, aber das Arbeiten fällt mir dort nicht immer leicht. Bei Clara Luzia muss ich auch nicht diktatorisch sein, sondern komme mit den Liedern an und wir spielen sie dann gemeinsam. Natürlich schlagen die anderen Sachen vor und aus dem Diskurs verändert sich etwas.“

Künstlerisch abgezweigt
Mit ihrem Soloprojekt hält Luzia seit mittlerweile mehr als 20 Jahren die Indie-Fackel hoch. Fernab von kurzlebigen Trends schreibt die feinsinnige Songwriterin Gedanken und Emotionen nieder und macht sie mit meist melancholischem und gerne ins Traurige gehendem Liedgut für Außenstehende greifbar. „Howl At The Moon, Gaze At The Stars!“ ist das erste Studioalbum nach mehr als vier Jahren. Eine selbst für die niemals übereilende Künstlerin lange Zeit, die sie aber gut zu füllen wusste. So arbeitete sie mit ihrer Frau und Clara-Luzia-Schlagzeugerin Cathi Priemer-Humpel das Musiktheaterstück „Von den wilden Frauen“ und die Filmmusik für Johanna Moders „Waren einmal Revoluzzer“, für die sie mit einer „Romy“ ausgezeichnet wurde. Diese Abzweigungen halfen mitunter auch die Schwermut der Pandemie, die nicht spurlos an Luzia vorüberging.

„Die Pandemie war eine furchtbare Zeit, aber ich glaube nicht, dass sie wirklich mit dem Album zu tun hat. Für mich waren eineinhalb Jahre dieser Zeit auch abseits des Virus sehr schirch. Ich war, ohne konkreten Auslöser, ziemlich depressiv und diese allgemeine Schwere wurde von den Lockdowns verstärkt. Die meisten Songs auf der Platte sind nach dem harten Teil der Pandemie entstanden.“ Mit dem Song „The Greatest Gift“ kam der kreative Stein schlussendlich ins Rollen. Evidente Themen wie die Klimakatastrophe oder das zunehmende Artensterben ließen sie vor Angst erstarren, doch der Song wurde zum ersten kleinen Schritt zur persönlichen Heilung. „Es geht darin um den Zustand, wenn man erkennt, dass man nicht der Nabel der Welt ist. Dass die Erde uns auch dann überlebt, wenn wir sie komplett ruinieren, weil sie immer überlebt. Sterben müssen wir sowieso alle, aber meine Sorge gilt der Schönheit unseres Planeten.“

Endlich mal etwas Spaß
Einen gewissen Fatalismus konnte man Luzia noch nie absprechen, Ehefrau Priemer-Humpel sorgte aber auch dafür, dass auf dem neuen Album mehr Licht und Schwunghaftigkeit Platz finden. Den Track „Clouds“ schrieben sie gemeinsam. „Das zuzulassen, das war ein langer Prozess“, erinnert sie sich schmunzelnd zurück, „obwohl ich teamunfähig bin, hat es aber überraschend gut funktioniert. Vor einem Konzert hat sie mir mal augenzwinkernd geklagt, dass sie heute schon wieder all die traurigen Lieder spielen müsste. Also habe ich gesagt, sie soll etwas Lustiges schreiben und das ist unser Ergebnis daraus. Diese Arbeitsweise wird jetzt nicht zum Standard, aber sie eröffnet neue Perspektiven. Nach so vielen Jahren tut es gut, wenn jemand Neuer frisch mitschreibt. Es ist schließlich ein schmaler Grat zwischen Wiedererkennung und permanentem Selbstzitieren.“

Der Albumtitel entstand schlussendlich aus Luzias persönlichem Tief. „Dieses auf-die-Sterne-Schauen hat mich ein bisschen heruntergeholt und die Dinge zurechtgerückt. Wenn du in den Himmel schaust, bist du selbst wahnsinnig klein. Ich sah zeitweise nur Elend um mich herum und ein Blick zu den Sternen war der notwendige Arschtritt im positiven Sinne.“ Dem allumfassenden Weltschmerz wollte Luzia zumindest musikalisch eine gewisse Form der Lebensbejahung entgegensetzen. So wird aus einem bedrückenden Track wie „When The World Ends“ eine fröhliche Mitstampfnummer. „Themen wie Ökologie oder das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt triggern mich immer. Eigentlich ist die Klimaangst aber sehr Ich-bezogen. Ich suhle mich in der Selbstgeißelung, dass alle Menschen so schlecht sind. Da muss man aufpassen, dass man nicht wieder in eine Selbstmitleidsspirale rutscht.“

Loslösen von der Religion
Das Leidende und Demütige hängt auch ein bisschen mit dem von klein auf anerzogenen Katholizismus in Österreich zusammen. „Die Erbsünde wiegt schwer, alles ist schlecht. So sind wir erzogen und wir können das nur schwer verheimlichen. Meine Familie war nicht übermäßig katholisch, aber ich war in der Jungschar und das hat Spuren hinterlassen. Man erzählt kleinen Kindern, dass Gott alles sieht und das nahm ich wörtlich. ,Big Brother Is Watching You‘ also. Das macht schon was mit einem. Und was ist passiert? Mittlerweile werden wir wirklich überall überwacht.“ „Howl At The Moon, Gaze At The Stars!“ ist eine im positiven Sinne unaufgeregte Momentaufnahme, die lieber mit klanglicher Behutsamkeit kokettiert, als marktschreierisch um Radio-Airplay zu buhlen. „Letztendlich bin ich doch eine verdammte Optimistin. Es wird im Leben immer was kommen. Und wenn nichts kommt, dann hat auch das seinen Grund.“

Tour durch Österreich
Im Frühling geht Clara Luzia mit ihrem neuen Album auf Tour. Von Ende April bis Mitte sind Auftritte quer durch ganz Österreich geplant. Unter www.claraluzia.com finden Sie alle Termine und Infos und können auch die Tickets für die Konzerthighlights beziehen.

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