Welle der Gewalt
Irak: Über 70 Tote bei Anschlägen in 18 Städten
Die Anschläge richteten sich nicht gegen eine einzelne Bevölkerungsgruppe, sondern trafen Schiiten, Sunniten und auch Kurden. Allein in der mehrheitlich von Schiiten bewohnten Stadt Kut südöstlich von Bagdad habe es mindestens 37 Todesopfer gegeben, teilten Behörden am Montag mit. Bei dem folgenschwersten Anschlag explodierte noch vor Tagesanbruch vor der Al-Batur-Geburtsklinik ein Sprengsatz. Als dann nach der Explosion Helfer und Schaulustige zusammenliefen, detonierte eine zweite Bombe, die in einem Auto versteckt worden war.
Im Zentrum der schiitischen Pilgerstadt Najaf starben vier Zivilisten, als kurz hintereinander zwei Sprengsätze detonierten. 20 Menschen wurden nach Auskunft der Polizei verletzt. Aus der Nachbarstadt Kerbala wurden sieben Tote und 20 Verletzte gemeldet. Augenzeugen berichteten, vor einem Justizgebäude sei eine Bombe explodiert. In der nördlichen Stadt Kirkuk kam durch einen Sprengstoffanschlag auf einem Markt ein Mensch ums Leben, elf Zivilisten wurden verletzt.
Angriff auf ehemaligen Saddam-Palast
In der nördlichen Stadt Tikrit drangen am frühen Morgen drei Terroristen in den normalerweise streng abgeriegelten Palastkomplex des früheren Präsidenten Saddam Hussein ein. Sie töteten zwei Polizisten und den Chef einer Anti-Terror-Einheit, zehn weitere Polizisten wurden verletzt.
Ein Polizeisprecher erklärte, einer der Angreifer habe sich mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft gesprengt. Ein zweiter Attentäter, der den Angaben zufolge ebenfalls einen Gürtel mit Sprengstoff trug, wurde von einem Wachtrupp erschossen. Der dritte Terrorist sei entkommen. Unklar blieb zunächst, wie die Angreifer in den Palastkomplex gelangen konnten.
In der Provinz Diyala wurden bei einem Autobombenanschlag der Polizei zufolge mindestens acht Menschen getötet. Zudem habe es 14 Verletzte gegeben. Ein Attentäter habe ein Auto, in dem sich eine Bombe befand, in ein öffentliches Gebäude gesteuert. Der Vorfall ereignete sich in Khan Bani Saad rund 30 Kilometer nordöstlich von Bagdad.
In der Stadt Baquba, die ebenfalls in der Provinz Diyala liegt, ordnete die Polizei aus Angst vor weiteren Anschlägen die Räumung eines Regierungsgebäudes an. Es habe Geheimdienstinformationen gegeben, die auf einen Anschlag dort hindeuteten, hieß es in Polizeikreisen. In Ramadi starben unterdessen zwei Polizisten bei einem Sprengstoffanschlag.
Anschläge auf Sicherheitskräfte nehmen zu
Angesicht der dramatischen Lage in Libyen und Syrien war der Irak-Konflikt zuletzt etwas aus dem Blickfeld gerückt. Das Land gehört zu den gefährlichsten der Welt, nach jüngst veröffentlichten Erkenntnissen des US-Generalinspektors der Wiederaufbau-Behörde SIGIR, Stuart Bowen, ist das Land heute gefährlicher als vor einem Jahr.
In seinem 172-seitigen Bericht, den er Ende Juli präsentierte, führte Bowen die höheren Zahlen der Bombenanschläge und Morde an sowie die wiederaufgeflammte Gewalt durch schiitische Milizen, die vom Iran unterstützt würden. Allein im Juni seien 15 US-Soldaten ums Leben gekommen, berichtete der Beamte in seinem vierteljährlichen Bericht an US-Kongress und -Regierung.
US-Militärpräsenz stark reduziert
Vor Veröffentlichung des Berichts hatte der irakische Außenminister Hoshyar Zebari für eine Teilverlängerung der US-Militärpräsenz plädiert. Die USA waren 2003 mit 130.000 Mann in den Irak einmarschiert. Zeitweise befanden sich bis zu 170.000 US-Soldaten in dem Land. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama zieht sich das US-Militär nach und nach aus dem Irak zurück. Derzeit stehen noch 44.000 Mann im Zweistromland.
Noch unklar ist, ob nach der Jahreswende eine kleinere Zahl von US-Soldaten im Irak zurückbleiben soll. Den Verbleib von Restverbänden - mit einer Stärke bis 10.000 Mann - knüpfen die USA an die Bedingung, dass Bagdad einem Truppenstationierungsabkommen zustimmt, das den US-Soldaten weiter Immunität vor Strafverfolgung gewährt und das vom irakischen Parlament ratifiziert wird.
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