„Muss weg!“

Mikl-Leitner als Zeugin im Prozess gegen Waldhäusl

Niederösterreich
20.06.2022 12:10

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist am Montag in St. Pölten im Prozess wegen Amtsmissbrauchs gegen Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) und eine frühere Landesbedienstete als Zeugin befragt worden. Die Schöffenverhandlung dreht sich um die Verlegung von Minderjährigen in das mit Stacheldraht begrenzte Asylquartier Drasenhofen 2018. Die von ihr veranlasste Schließung begründete Mikl-Leitner mit dem Bericht der Kinder- und Jugendanwältin.

Die Landeshauptfrau, die laut ihren Angaben das erste Mal vor Gericht aussagte, meinte vor Start des Verhandlungstages, sie wolle einen „Beitrag zur Aufklärung leisten“. Bilder des mit Stacheldraht begrenzten Quartiers an der Grenze zu Tschechien hätten die „Assoziation mit einem Gefängnis“ entstehen lassen, sagte Mikl-Leitner im Zeugenstand. Ein Stacheldraht habe „dort nichts verloren“, hatte die ÖVP-Politikerin 2018 festgehalten.

Pädagogisches Konzept fehlte
Rund um die Schließung am 30. November 2018, vier Tage nach Eröffnung der Unterkunft Drasenhofen, erklärte die Landeshauptfrau: „Mein Büro hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass es hier eine ganz klare Meinung der unabhängigen Kinder- und Jugendanwältin gibt, wonach diese Zustände nicht den Anforderungen entsprechen, um Kinder und Jugendliche unterzubringen“ - es habe etwa kein pädagogisches Konzept gegeben.

Deshalb habe sie gebeten, sofort die Verlegung in eine adäquate Einrichtung zu veranlassen. Weil sich Waldhäusl dafür nicht zuständig fühlte, sei der Verfassungsdienst gebeten worden, diese Sache juristisch zu prüfen.

„Keinerlei Informationen“
Über Planungen für das Asylquartier Drasenhofen hatte Mikl-Leitner „keinerlei Informationen“, weil dies in den Verantwortungsbereich des Landesrats falle. Zu Waldhäusl meinte sie auf Frage der Richterin: „Ich denke schon, dass er gewusst hat, wofür er zuständig ist.“ 

Waldhäusl legte daraufhin dem Schöffensenat ein Foto eines mit Stacheldrahtzaun begrenzten Gebäudes in Zwentendorf (Bezirk Tulln) vor, in dem seinen Angaben zufolge 153 niederösterreichische Volksschulkinder ein Jahr lang unterrichtet wurden. Das sei damals nicht pädagogisch beanstandet worden. Es sei hier nicht geprüft geworden, ob die Kinder in ihrer Entwicklung gefährdet sind. 

Nicht gegen ihren Willen verlegt
Die Übersiedlung von Flüchtlingen sei Sache der Einrichtungen, betonte die frühere Landesbedienstete. Wenn sich ein Jugendlicher geweigert habe, sei er auch nicht verlegt worden.

Die beiden Beschuldigten sollen laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zumindest 14 jugendliche Flüchtlinge in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt haben, weil sie die Verlegung in das Quartier Drasenhofen veranlasst haben sollen.

Damit seien die Jugendlichen einer „ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen“ worden.

Beide bekannten sich für nicht schuldig
Der ehemaligen Landesbediensteten wird neben Amtsmissbrauch auch Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung angelastet, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll. Waldhäusl und die Mitangeklagte haben sich nicht schuldig bekannt.

Vor dem Landesgericht St. Pölten forderten Demonstranten am Montag - wie an vorangegangenen Verhandlungstagen - mit musikalischer Untermalung u.a.: „Waldhäusl muss weg“. Die Verhandlung läuft seit Anfang Februar, weitere Termine sind bis 23. September geplant. Auch betroffene Flüchtlinge sollen befragt werden.

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