10.06.2022 16:11 |

Kanzler in Estland

EU-Kandidat Ukraine: Nehammer stellt Bedingungen

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Freitag bei einem Besuch in Estland klargestellt, einem EU-Beitrittskandidatenstatus der Ukraine nur gemeinsam mit dem Status anderer Beitrittswerber zuzustimmen. Für Österreich ist es „Bedingung“, dass wenn die Ukraine einen Beitrittskandidatenstatus erhalte, „das Gleiche auch für die Staaten des Westbalkans gilt und für die Republik Moldau“, so Nehammer. Es handelte sich übrigens um den ersten Besuch eines österreichischen Bundeskanzlers in Tallinn.

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Nehammer erklärte, dass der Vorschlag nicht von ihm, sondern von Seiten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gekommen war. Er plädierte für „Redlichkeit und Ehrlichkeit in dieser Diskussion“, das schlechteste Beispiel sei der Kandidatenstatus der Türkei, der schon 59 Jahre anhalte.

Kanzler verweist auf Türkei-Diskussionen
Nehammer meinte damit offenbar den ersten Antrag der Türkei auf Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in den 1960er Jahren. EU-Kandidatenstatus hat das Land seit dem Jahr 1999, nachdem es im Jahr 1989 das zweite Mal einen Beitrittsantrag eingereicht hatte.

Auch die estnische Premierministerin Kaja Kallas sagte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Nehammer, dass sie einen gemeinsamen Beitrittsprozess der Ukraine unterstützen werde. Gleichzeitig mahnte sie aber, die Chance zu nutzen, dass alle Kräfte in der Ukraine jetzt bereit seien, schwierige Reformen umzusetzen. Die günstige Gelegenheit („window of opportunity“) sei nur kurz, später könnte es Differenzen geben und immer schwieriger werden.

„Wichtig, dass die Lage nicht zu kompliziert wird“
Gefragt nach dem österreichischen Vorschlag einer schrittweisen Annäherung und einem europäischen „Vorbereitungsraum“ für EU-Bewerber antwortete Kallas, es sei wichtig, „dass die Lage nicht komplizierter wird“. Alle Staaten, die die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie verfolgen, müssten eine Chance bekommen. „Wir dürfen diese Staaten nicht beiseiteschieben“, betonte Kallas, die aber auch einräumte, dass es über den Vorschlag mehr Diskussion brauche.

In Bezug auf ein Gas-Embargo sagte Kallas, dass sie sehr stolz sei, dass bereits sechs Sanktionspakete beschlossen wurden und bei jedem Sanktionspaket werde es schmerzhafter. „Es geht darum, wie viel Leid wir aushalten können.“ Unterschiedliche Staaten seien von der Energieabhängigkeit von Russland unterschiedlich betroffen. Manche Länder seien zu 100 Prozent von Russland abhängig. Davon loszukommen brauche Zeit.

Gespräche mit Putin: Unterschiedliche Ansichten
Angesprochen auf Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zeigten sich unterschiedliche Ansichten. Nehammer betonte, dass es notwendig sei, mit allen am Krieg Beteiligten zu sprechen, um den Krieg zu beenden. Es gehe um sichere Korridore für Lebensmittel und humanitäre Hilfe sowie um einen Gefangenenaustausch, was einer Gesprächsbasis bedürfe. „Ich halte es richtig und wichtig, Putin mit seinen Kriegsverbrechen zu konfrontieren.“

Anders sah dies Kallas: Sie vertrete den Standpunkt, dass Putin auch nach den Gesprächen mit westlichen Politikern seine Ziele nicht geändert und auch am Donnerstag noch versichert habe, dass er große imperialistische Pläne habe. „Ich glaube nicht daran, dass es sinnvoll ist, mit ihm zu sprechen.“ Sie glaube auch nicht an seinen guten Willen. Die Gespräche dienten eher dazu, seine eigenen Narrative zu verbreiten. Putin sollte Signale bekommen, dass er für die Kriegsverbrechen in der Ukraine zur Verantwortung gezogen werde.

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