Die vielen Teilzeit-Arbeitenden kosten den Staat mehrere Milliarden Euro, weil sie weniger ins System einzahlen. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, Vollzeit wieder attraktiver zu machen für Menschen, die keine Betreuungspflichten haben. Konkret sollen Überstunden und Zuschläge steuerlich begünstigt werden.
„Während bis 2035 in Österreich 500.000 Arbeitskräfte fehlen werden, sind wir gleichzeitig Europameister im Stundenreduzieren – das ist ein ernstes Problem, das wir nicht länger ignorieren können“, sagt Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP).
„Angesichts der Schicksalsfrage, wie wir unseren Wohlstand sichern und Österreich wieder wettbewerbsfähig machen können, muss ein differenzierter, lösungsorientierter Diskurs in diesem Land möglich sein“, so der Minister, der sich dem Thema Reduktion der Teilzeit verschrieben hat.
Die Teilzeitquote ist in Österreich mit über 30 Prozent sehr hoch, und sie steigt weiter. Seit 2009 nahm sie in keinem anderen EU-Land mehr zu, konkret um mehr als fünf Prozentpunkte, bereits über 1,2 Millionen Menschen arbeiten weniger. 320.000 dieser Menschen arbeiten laut Umfragen freiwillig nicht Vollzeit. Sie sind im Fokus der Politik.
Belastung für den Sozialstaat
Im Regierungsprogramm sind jedenfalls Maßnahmen vereinbart, die Vollzeit wieder attraktiver machen sollen. „Die Bundesregierung bekennt sich zum Leistungsprinzip. Um das Angebot an geleisteten bezahlten Arbeitsstunden zu erhöhen und die Beschäftigung zu fördern (...), sollen steuerliche Anreize bzw. Senkungen – sofern budgetär sowie konjunkturell möglich – implementiert werden“, heißt es dort wörtlich. Der Trend sinkender Arbeitsstunden in Kombination mit der demografischen Entwicklung wird zur Belastung für den Sozialstaat, warnt Hattmannsdorfer.
Um Vollzeitarbeit zu fördern, sollen Überstunden und Zuschläge steuerlich begünstigt werden. Der budgetäre Spielraum ist allerdings begrenzt. Unter anderem deswegen stehen die SPÖ und ihr Finanzminister Markus Marterbauer derzeit auf der Bremse. Die Sozialdemokraten betonen zudem, dass die meisten Menschen nicht freiwillig Teilzeit arbeiten. Die meisten haben Betreuungspflichten, viele bekommen auch keine Vollzeit-Stelle.
Gewerkschaft warnt vor Schlechtmachen der Arbeitnehmer
GPA-Vorsitzende Barbara Teiber warnt davor, die gesellschaftliche Debatte über Arbeitszeitverkürzung und Vereinbarkeit auf dem Rücken der Beschäftigten zu führen: „Teilzeitkräfte pauschal als volkswirtschaftliches Problem zu framen, ist weder sachlich noch gerecht. Wer Teilzeit arbeitet, tut das meist nicht aus ,Lifestyle-Gründen‘, sondern weil es strukturell kaum anders möglich ist. Etwa wegen fehlender Kinderbetreuung oder weil Pflegearbeit in der Familie geleistet wird“, so Teiber.
Grenzen für Sozialleistungen sollen flexibilisiert werden
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer schlägt unter anderem auch vor, die starren Einkommensgrenzen bei Sozialleistungen, Absetzbeträgen oder Beitragsbefreiungen zu lockern. Derzeit ist es so, dass man den Anspruch auf diese Leistungen verliert, sobald man die Grenze um nur einen Cent überschreitet. Das summiert sich das auf mehrere hundert Euro und ist eine Hürde, um Stunden aufzustocken. Darum sieht das Regierungsprogramm eine Prüfung dieser Grenzen vor.
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