Bundeskanzler Karl Nehammer plädiert in der „Krone“ dafür, aus der aktuellen Debatte die Emotionen herauszunehmen und dieselben Maßstäbe anzulegen wie bei anderen Beitrittswerbern - etwa auf dem Balkan.
Bundeskanzler Karl Nehammer spricht sich gegenüber der „Krone“ erneut für einen Zwischenschritt zwischen Zusammenarbeit und EU-Vollbeitritt für Staaten wie die Ukraine oder Moldau aus. In diesem Zusammenhang spricht der Bundeskanzler explizit von einem „Europäischen Vorbereitungsraum“ zur Annäherung an die Standards der EU.
Vollbeitritt nicht realistisch
„Uns eint das gleiche Ziel, wir alle wollen eine starke, unabhängige und wirtschaftlich erfolgreiche Ukraine“, sagt Bundeskanzler Karl Nehammer zur „Krone“. „Derzeit kämpft die Ukraine um ihr politisches und territoriales Überleben. All unsere Anstrengungen gelten in erster Linie der Beendigung des russischen Angriffskrieges. In so einer Phase kann ein schneller Vollbeitritt zur Europäischen Union ohnehin kein aktuelles Thema sein.“
Vielmehr müsse man „aus der aktuellen Debatte die Emotionen herausnehmen und dieselben Maßstäbe anwenden, die auch bei anderen Beitrittswerbern aus dem Westbalkan zur Anwendung kommen. Ein schneller Vollbeitritt der Ukraine ist aus meiner Sicht unrealistisch.“
Die EU sollte einen „Europäischen Vorbereitungsraum“ schaffen, der es ermögliche, die Zusammenarbeit Schritt für Schritt zu stärken und sich immer besser an die EU-Standards anzupassen. Österreich habe das jahrzehntelang so gemacht mit europäischen Freihandelsabkommen, bis es 1995 EU-Mitglied geworden sei.
„In der aktuellen Debatte geht es sehr viel um entweder - oder“, so der Kanzler. „Es wird wenig über praktische Möglichkeiten nachgedacht, die eine enge Anbindung an die EU in vielen Bereichen ermöglichen und die Ukraine wirtschaftlich stärken. Genau das braucht es jetzt aber. Ich unterstützte daher auch die interessante Idee des französischen Präsidenten Macron, eine ,Europäische Politische Gemeinschaft‘ einzurichten.“
Schrittweise Kooperation
Laut Bundeskanzleramt ist in diversen Bereichen eine enge und schrittweise Kooperation der EU mit der Ukraine möglich, ähnlich, wie das auch die französischen Vorschläge vorsehen würden. Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler sind mit diesen Vorschlägen bereits an die EU-Partner herangetreten.
Konkret genannt werden: der Handel, neben dem Warenverkehr vor allem auch auf dem Dienstleistungssektor; die Energie- und Klimapolitik, etwa bei der Speicherung von Gas, erneuerbarer Energie und Wasserstofftechnologie; der Verkehr, zum Beispiel der grenzüberschreitende Straßenbau; die Bereiche Wissenschaft und Bildung; die Ernährungssicherheit sowie die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Fortschritte in diesen Bereichen würden auch eine bessere Bekämpfung der Korruption ermöglichen, heißt es aus dem Kanzleramt. Damit würde auch mehr Zugang zu EU-Fördermitteln möglich werden. Die Zusammenarbeit könnte letztlich jener mit den EFTA-Staaten gleichen - also mit der Schweiz, Liechtenstein, Island und Norwegen.
Beim kommenden Europäischen Rat Ende Juni wird es auch darum gehen, ob die EU der Ukraine den Kandidatenstatus zuerkennen soll. Vor allem ehemalige Ostblockstaaten wie Polen oder Litauen drängen massiv in diese Richtung. Staaten wie Frankreich, Deutschland oder auch Österreich haben massive Bedenken. Und das vollkommen zu Recht. Dieses Fenster wider besseres Wissen zu öffnen wäre nicht korrekt, sondern verlogen.
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