Das Billigste der SUVs

Dacia Duster: Was kann Langenscheidts Liebling?

Motor
09.06.2022 00:53

Es ist noch immer ungewöhnlich, dass ein Auto „Staubtuch“ genannt wird. Aber zum einen klingt (zumindest für Ohren, die Deutsch zu hören gewohnt sind) Duster besser, zum anderen räumt Dacias SUV ziemlich auf. Und zwar mit den Vorurteilen, dass SUVs teuer sein müssen und dass Dacias spartanische Autos sind. Zwar stiegen jüngst auch hier die Preise, das Gebotene ist jedoch (zumal in der aktuellen Facelift-Version der zweiten Generation) allemal wohlfeil und adäquat ausstattbar. LED-Scheinwerfer sind jetzt sogar Serie (nur über das Halogen-Fernlicht breiten wir den Staubmantel des Schweigens.

(Bild: kmm)

Es lassen sich in einem Online-Wörterbuch übrigens auch noch andere Übersetzungen finden. Streusandbüchse, zum Beispiel. Oder auch Blaspistole, sterile Sonde und Fehlbohrung.

Ob man beim Dacia Duster Abstriche machen muss oder aber eben genau so viel Auto bekommt, wie man will, ohne mit diversen Hightech-Ausstattungsdetails zwangsbeglückt zu werden, ist Geschmackssache. Der Innenraum ist jedenfalls nicht steril, sondern wärmt trotz aller Billiganmutung das Herz von Traditionalisten. Fakt ist: Es gibt nicht mehr viele Autos, deren Klimaanlage klassisch mit Drehreglern bedient wird und die noch immer Knöpfe an Armaturenbrett und Lenkrad haben, keine Touchereien, die einen in den Wahnsinn treiben. Und Rundinstrumente mit richtigen Zeigern!

(Bild: Stephan Schätzl)

Anders, als der Name erwarten lassen würde, wirkt das Interieur im Duster nicht ständig verstaubt. Der Grund dafür ist einfach: Dacia verwendet kein Klavierlackplastik. Aber nicht wegen des Staubproblems, sondern weil es zu teuer ist.

Manches, was fehlt, braucht man nicht
Klar, völlig verschließt man sich auch bei den Rumänen nicht dem Fortschritt, deshalb gibt es einen 8-Zoll-Touchscreen samt Menü, das überschaubar und okay ist, auch ein Navi. Alles eine Frage des Ausstattungsniveaus. Dass das Navi nur über Kartenmaterial für DACH und Benelux verfügt, ist zwar etwas knickrig, aber auch egal. Weil erstens ist es eh ein bisserl unübersichtlich und zweitens gibt es nichts Besseres, als mit dem drahtlos verbundenen Handy via Apple CarPlay zu navigieren. Man bräuchte nur noch die Möglichkeit des induktiven Ladens. Theoretisch. Weil praktisch sage ich ganz offen: Selbst in Testautos mit Ladeschale stecke ich mein Handy meist per Kabel an, damit ich es bei Bedarf in die Hand nehmen kann, ohne jedes Mal den Ladevorgang zu unterbrechen.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Aber reden wir übers Fahren. Das beherrscht der Duster auf komfortable Weise. Zwar sprechen die Dämpfer nicht sonderlich feinfühlig an, aber auch grobe Bodenunebenheiten und sogar mächtige Temposchwellen lassen den Rücken in Ruhe. Was gut ist, denn der leidet wegen der Bauweise der Sitze bisweilen unter Verspannungen. Das Gestühl wirkt zwar hochwertiger als im Dacia Jogger, weil die Lehnen spürbar mehr Unterstützung bieten, bequem sind sie auf Dauer aber nicht.

Immerhin gibt es neuerdings eine verschiebbare Mittelarmlehne, was in diesem Preissegment durchaus als Überraschung gelten darf.

(Bild: Stephan Schätzl)

Zurück zum Fahrwerk
Die komfortable Abstimmung hat zur Folge, dass sich der Wagen in Kurven deutlich zur Seite neigt. Wer also etwas sucht, womit er flott ums Eck stauben kann, sollte sich anderswo umsehen. Die Lenkung geht prinzipiell in Ordnung, arbeitet aber nicht straffer oder präziser als das Fahrwerk. Außerdem wird sie oft von deutlichen Antriebseinflüssen gebeutelt. Vor allem beim Abbiegen oder beim sportlichen Herausbeschleunigen aus Kurven braucht sie zwei feste Hände, um sich führen zu lassen. Ansonsten pfeffert sie den Duster links/rechts durch die Gegend, dass es nur so staubt.

An dieser Stelle wird klar: Bei meinem Testwagen handelt es sich um einen Fronttriebler. Genauer gesagt um den 150-PS-Benziner mit Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe. Allradantrieb ist aber prinzipiell verfügbar (allerdings nur mit manuellem Getriebe). Den würde ich mir glatt wünschen, dann wäre das Fahren insgesamt sicher ruhiger und die Reifen würden länger halten. Warum? Es ist schwierig, beim zügigen Anfahren das Gas so zu dosieren, dass die Räder nicht durchdrehen. Weil erst dauert es einen Moment, bis Kraft aus dem Motor durch die Automatik an die Räder fließt, dann ist es plötzlich zu viel. Es bleibt also oft etwas Gummi liegen.

Von den Papierwerten her ist dem Motor nichts vorzuwerfen, er stellt sein maximales Drehmoment von 250 Nm schon bei 1700/min. bereit. Den Sprint auf 100 absolviert der nach DIN 1283 kg schwere Duster in 9,7 Sekunden, Vmax 199 km/h.

Die neue Kombination aus Motor und Getriebe scheint dennoch nicht ideal zu sein, denn es kommt oft zu spürbaren Vibrationen. So, als ob es etwas „durchrubbeln“ würde, bevor die Kraft übertragen wird. Aber auf Dauer ist sie angenehmer als die Versionen mit manuellem Getriebe, bei denen der erste Gang extrem kurz übersetzt ist, um eine Art Geländeuntersetzung zu schaffen. Eines muss der Automatikfahrer aber wissen: Wenn er das Auto mit eingelegter Fahrstufe abstellt, kann es ohne Vorwarnung wegrollen.

Also: Nicht vergessen, auf P zu schalten. Sonst landet das Auto eventuell in der Botanik, was mit einem Fahrer am Steuer sicher lustiger ist. Schließlich bringt der Duster mehr als 21 Zentimeter Bodenfreiheit mit, außerdem beeindruckende Rampen- bzw. Böschungswinkel. Das kann auch im Stadtverkehr praktisch sein, wo man sich bei „normalen“ Autos gerne mal die Frontschürze ruiniert, wenn man frontal zu einem Randstein parkt. Der Dacia Duster ist diesbezüglich safe.

Kofferraum über Rückbank
Das Platzangebot ist für ein Auto mit 4,34 m Länge nicht schlecht. Man muss sich allerdings darauf einstellen, dass man für den 478 Liter großen Kofferraum einiges an Kniefreiheit in Reihe zwei geopfert hat. Eine Möglichkeit, die Rückbank zu verschieben, gibt es nicht. Die Rücksitzlehne ist geteilt umklappbar, die Sitzfläche nur in einem Stück (aber immerhin). In dem Fall kann man dann 1623 Liter laden. Mühsam ist nur, dass man beim Zurückklappen die Gurtschlösser durch enge Aussparungen durchfädeln muss.

Die Preisliste für den Dacia Duster beginnt bei 17.490 Euro für das Basismodell mit 91-PS-Dreizylinder-Benziner ohne Klimaanlage. Den 150-PS-Vierzylinder gibt es ab 23.090 Euro, da ist die Prestige-Ausstattung schon mit dabei. U.a. mit Klimaautomatik, Rückfahrkamera oder Tempomat. 360-Grad-Kamera oder Sitzheizung (per Schalter außen neben der Sitzfläche einzuschalten) kosten extra.

Unterm Strich
Der Dacia Duster ist trotz diverser Preiserhöhungen noch immer ein Top-Angebot für alle, die ein pragmatisches Verhältnis zum Auto haben. Wenn man genau prüft, was einem an einem Auto wichtig ist, kann es gut sein, dass beim Duster nicht viel fehlt. Außer einem hohen Betragt auf dem Preisschild. Eine „Fehlbohrung“ ist der Duster sicher nicht.

Warum?
Viel Auto fürs Geld
Keine unnötigen Spielereien

Warum nicht?
Autonotbremse bremst nicht für Fußgänger
Hohes Geräuschniveau während der Fahrt

Oder vielleicht …
… Renault Captur, Volkswagen T-Cross, Peugeot 2008, Seat Arona; Audi Q2 respektive Mini Countryman im Premium-Bereich. Oder Dacia Jogger.

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(Bild: kmm)



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