Verkehrssicherheit

Warum E-Scooter keine Fahrräder sind

Web
31.03.2022 08:35

Mit ihrer zunehmenden Verbreitung ist leider auch die Zahl der Unfälle mit E-Scootern gestiegen. Lokale Behörden versuchen durch Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen, Helmpflicht, ausgewiesene Parkplätze und die Begrenzung der Anzahl der in der Stadt zugelassenen E-Scooter oder Betreiber für mehr Sicherheit auf den Straßen zu sorgen, doch mitunter braucht es für künftige Verkehrskonzepte einen völlig anderen Denkansatz, wie Untersuchungen der schwedischen Chalmers University of Technology nahelegen.

„E-Scooter sind nicht unbedingt gefährlicher als Fahrräder, aber sie werden oft als solche wahrgenommen, möglicherweise aufgrund ihrer Unbekanntheit und des Verhaltens ihrer Fahrer“, erklärt Marco Dozza, Professor für aktive Sicherheit und Straßenbenutzerverhalten an der Chalmers University of Technology und Hauptautor der neuen Studie. Doch während das Fahrradfahren von etablierten sozialen Normen, Vorschriften und der Infrastruktur profitiere, gelte dies nicht für neuere Mikromobilitätsfahrzeuge wie E-Scooter, Segways, Monowheels, elektrische Skateboards und dergleichen.

Um zu verstehen, was das Fahren mit den neuen Mikromobilitätsfahrzeugen unsicher macht und wie sich dies mit dem Fahren mit einem herkömmlichen Fahrrad vergleichen lässt, würden umfangreiche Daten benötigt. Scooter-Unternehmen haben einer Mitteilung der Universität zufolge bereits Zugang zu riesigen Datenmengen, da sie jede Fahrt mittels GPS verfolgen, aber die Qualität der Daten sei in der Regel nur für Logistik- und Kartierungsdienste nützlich und liefere keine ausreichenden Informationen über die Sicherheit. Daten über Krankenhauseinweisungen und Polizeiberichte könnten dazu beitragen, das Ausmaß des Sicherheitsproblems zu erkennen, erklärten aber nicht, warum es zu Unfällen komme.

Für ihrer Pilotstudie verglichen die Forscher daher Fahrräder und E-Scooter direkt miteinander, statteten sie mit Messinstrumenten aus und testeten die Fahrer bei verschiedenen Manövern, darunter Kombinationen aus Bremsen - sowohl geplant als auch als Reaktion auf ein zufälliges Signal - und Lenken bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten.

Bremsen oder ausweichen?
Eines der wichtigsten Ergebnisse war die Tatsache, dass sich die Bremsleistung eines Fahrrads durchweg als besser erwies als die eines E-Scooters - mit einer schnelleren Abbremsung und einem bis zu zweimal kürzeren Anhalteweg. Im Gegensatz dazu schnitt der E-Scooter bei den Lenkmanövern, die einen Slalom durch Verkehrskegel beinhalteten, besser ab - wahrscheinlich aufgrund seines kürzeren Radstandes und der Tatsache, dass er nicht in die Pedale treten muss. Die Teilnehmer wurden auch zu ihren Erfahrungen befragt und bestätigten, dass sie das Bremsen auf dem Fahrrad und das Lenken auf dem E-Scooter als angenehmer empfanden.

„Die beiden Fahrzeuge zeigten in den verschiedenen Szenarien deutliche Vor- und Nachteile“, erklärt Dozza. „Wir können sagen, dass die beste Strategie für einen Radfahrer und einen E-Scooter-Fahrer, um denselben Unfall zu vermeiden, unterschiedlich sein kann - entweder bremsen oder wegsteuern.“

Unterschiedliche Ansprüche an Verkehrsinfrastruktur
Die Ergebnisse dieser Experimente könnten der Universität zufolge Aufschluss darüber geben, wie die Infrastruktur so gestaltet werden kann, dass sie allen Fahrern zugutekommt - so könnte beispielsweise ein kurvenreicher Weg für E-Scooter-Fahrer einfacher sein als für Radfahrer, während ein Radfahrer einen schmaleren Weg bei schwachem Licht als weniger anspruchsvoll empfinden könnte als ein E-Scooter-Fahrer.

„Natürlich war dieses Experiment klein, und die Daten sind alles andere als schlüssig. Es zeigt jedoch das Potenzial von Felddaten zur Beschreibung des Fahrerverhaltens und zum Verständnis der Ursachen von Unfällen“, so Dozza. Zusammen mit dem skandinavischen Scooterhersteller Voi wollen er und sein Team nun weitere Felddaten sammeln, um Unterschiede zwischen Fahrern und Szenarien zu berücksichtigen.

Nützliche Daten für autonome Fahrzeuge
Letztendlich könnten derartige Felddaten künftigen automatisierten Fahrzeugen und intelligenten Verkehrssystemen zeigen, wie sie am besten mit Rollerfahrern und Radfahrern interagieren können, indem sie deren Verhalten vorhersehen. Zu den weiteren Sicherheitsmaßnahmen, die auf den Ergebnissen der Felddatenanalysen basieren könnten, gehört das dynamische Geofencing, also die Begrenzung der Geschwindigkeit von E-Scootern in Abhängigkeit davon, wie voll ein Gebiet ist oder zu welcher Tages- oder Wochenzeit sie fahren.

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