Erfolgs-App

So viel Geld verdiente der „iBeer“-Entwickler

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27.01.2022 10:17

Als Apple im Juli 2008 seinen App Store eröffnete, schoss diese App in den Download-Charts sofort nach oben - und hielt sich dort auch lange: „iBeer“ verwandelte das iPhone in ein Bierglas und ließ es so aussehen, als könnte man aus diesem trinken. Für ihren Erfinder Steve Sheraton ein erträgliches Geschäft, wie der heute 52-Jährige nun in einem Interview verriet.

Die Idee zur „iBeer“-App ging auf Sheratons Karriere in der Zauberei zurück, wie er dem US-Magazin „Mel“ schildert: „Alles, was mit visuellen Effekten Schock oder Humor hervorruft, ist mein Ding“. Noch lange vor dem iPhone und dem App Store hatte er eine erste Version der App für den 1996 veröffentlichten Palm Pilot - quasi der Vorläufer heutiger Smartphones - entwickelt, allerdings lediglich als Video und mit Kaffee statt Bier. „E-spresso“ nannte Sheraton den Schmäh, der das monochrome Display des Geräts in eine Tasse Kaffee verwandelte.

Obwohl Sheraton von seiner Idee überzeugt war, setzte sie sich nie durch. „Es ging einfach zurück in die Schublade und blieb dort“, sagte er. Als Apple etwa zehn Jahre später jedoch sein erstes iPhone mit hochauflösendem Farbdisplay auf den Markt brachte, kramte Sheraton die Idee wieder hervor. Das einzige Problem war, dass Drittentwickler keine Software für das Apple-Smartphone erstellen durften, es sei denn, sie wurden „jailbreaked“ oder modifiziert, um die Softwareeinschränkungen zu entfernen, wie er schildert.

Bier statt Kaffee
„Kaum jemand jailbreakte seine Telefone, also war es unmöglich, die kritische Masse zu erreichen“, erinnert sich Sheraton im Interview. „Also habe ich im Grunde den Palm Pilot E-spresso nachgebaut, bei dem das iPhone ein Video des Getränks zeigt.“ Dieses Mal entschied sich Sheraton jedoch für Bier statt Kaffee. „Ich dachte, Bier sei attraktiver als Kaffee, aber ich bin auch ein trockener Alkoholiker, mein Leben war damals ziemlich vom Alkohol bestimmt“, so Sheraton.

Erfolg durch YouTube
Der damals 37-jährige Magier lud ein Video seines neuesten Tricks, das ihn beim Bier-Trinken aus seinem iPhone zeigt, auf YouTube hoch - und landete damit einen Überraschungserfolg. „Ich war völlig pleite, versuchte nur über die Runden zu kommen, lebte auf der Couch eines Freundes und plötzlich wurde das Video millionenfach angesehen, was 2007 sehr viel war“, sagt er. „Die Leute haben mich angefleht, dieses ‚Ding‘ auf ihre Handys zu bekommen - sie hatten noch nicht einmal ein Wort für ‚App‘“, so Sheraton gegenüber dem „Mel“-Magazin.

Videodatei verkauft
Noch vor der offiziellen Eröffnung des App Store begann Sheraton damit, seine Bier-Videodatei für 2,99 Dollar über Apples iTunes zu verkaufen. „Ich habe wahrscheinlich die längste Zeit damit etwa 2000 Dollar pro Tag verdient“, sagte er. Doch es sollten noch viel mehr werden: „Apple fing an, nach Entwicklern zu suchen, und sie kamen auf mich zu, weil ich ein YouTube-Video gemacht hatte, in dem ich das iPhone wie ein Glas Bier aussehen ließ. Sie wollten, dass ich daraus eine App mache, weil sie offensichtlich dachten, dass das ihr Smartphone ziemlich gut zur Geltung bringen würde“, schildert Sheraton.

Er machte sich ans Werk und kombinierte Videos und Bildsequenzen mit dem im iPhone integrierten Beschleunigungsmesser. „Der Beschleunigungsmesser misst ständig den Winkel des Telefons zum Horizont. Wenn Sie also die Linie zwischen der Flüssigkeit und dem Schaum am Horizont befestigen, können Sie Ihr Telefon in jede Richtung bewegen und es sieht aus, als wäre es mit Flüssigkeit gefüllt“, erklärt er. Die fertige App nannte Sheraton „iBeer“ und bot sie unter seiner Firma Hottrix - wie gehabt - für 2,99 Dollar zum Kauf an. Die Anwendung sei gleich am ersten Tag auf den ersten Platz im App Store geschossen und dort etwa ein Jahr geblieben.

„10.000 bis 20.000 US-Dollar pro Tag“
„Abgesehen von seinem visuellen Humor und der Anziehungskraft auf den kleinsten gemeinsamen Nenner war ‘iBeer‘ ein großer Erfolg, weil es den Leuten ermöglichte, ihren Freunden zu zeigen, wozu das Telefon fähig war. Man konnte ihnen Karten und all diese verrückten Dinge zeigen, aber ‘iBeer‘ war einfacher zu verstehen und eine lustige, unterhaltsame Art, den Beschleunigungsmesser des iPhones und seinen hellen Bildschirm mit super lebensechten Farben zu zeigen“, erklärt Sheraton das Erfolgsgeheimnis seiner App.

Der finanzielle Erfolg ließ daraufhin nicht lange auf sich warten: „Die Menge an Geld, die hereinkam, war einfach übertrieben. Während unserer Blütezeit verdienten wir 10.000 bis 20.000 US-Dollar pro Tag“, so Sheraton im Interview. Mit dem Geld mietete er sich unter anderem exklusive Wohnungen im Ausland und kaufte sich teure Antiquitäten. Doch der Erfolg hatte auch seine Schattenseiten: „Die plötzliche massive Popularität der App und dieser Lebensstil - gepaart mit all der Publicity und dem Stress, der damit einhergeht - ist eine Lawine, die Menschen zerstören kann“, erzählte Sheraton. „Und wenn Sie ein Problem mit Alkohol haben, werden all diese Probleme verschärft.“

Größerer Rülpser
2010 verschwand „iBeer“ allmählich aus den Download-Charts, Sheraton zog sich von Hottrix zurück und überließ der Firma die Markenrechte. „Ein guter Witz kann nur so oft erzählt werden. Außerdem veränderte sich das Mysterium der Technologie selbst und der Geschmack der Menschen änderte sich“, so Sheraton gegenüber „Mel“. Die App zu erstellen und an die Spitze zu bringen, habe großen Spaß gemacht, „aber dann musste ich weitermachen und etwas anderes tun“.

Heute lebt der 52-Jährige auf einer Farm in Spanien, wo er sich um seine Familie kümmert und Apps für Zauberer entwickelt. „iBeer“ bezeichnet er als „Rülpser, der größer wurde als ich“. Die App selbst wurde übrigens seit vier Jahren nicht mehr aktualisiert, ist inzwischen jedoch kostenlos erhältlich. Gegen Geld lässt sich das Bier jedoch auch in Wein, Milch oder Limonade verwandeln.

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