Rückzug, Geld weg

Heer: Ministerium bricht mit Offiziers-Gesellschaft

Österreich
07.05.2011 14:01
Schmähschriften in ihrem Mitgliedermagazin, wiederholte Rücktrittsforderungen und verbale Zuspitzungen vom "schäbigen Verhalten" bis zur "stalinistischen Handlungsweise" - in der Wehrpflichtdebatte hat die Österreichische Offiziersgesellschaft jetzt offenbar den Bogen überspannt. Freitagabend verkündete der Ministeriumsvertreter im ÖOG-Präsidium seinen Austritt, am Samstag verlautete aus dem Ressort von Norbert Darabos, dass der ÖOG die Förderung in Höhe von 5.500 Euro jährlich gestrichen wird.

Die Offiziersgesellschaft ist ein privater Verein im Heer, der sich selbst als ideologischer Interessensvertreter der Offiziere und "sicherheitspolitisches Gewissen Österreichs" betrachtet. Mit einer Gewerkschaft oder einer Funktion als militärischer Berater hat der Verein nichts zu tun. Auch in die Wehrpflichtreform ist der Verein nicht eingebunden.

Seit Darabos im Amt ist, hat sich die Gesellschaft von einem, was langjährige Heeresbedienstete als "Schönwetter-Verein" bezeichnen, zu einer regelrechten Protestbewegung gewandelt. Wobei die Stärke der Bewegung nicht ganz klar ist, denn bis auf den Präsidenten der ÖOG, den Miliz-Hauptmann Eduard Paulus (li.) - im Zivillleben ein Hofrat und Finanzabteilungsleiter beim Amt der Salzburgischen Landesregierung - kommt selten ein anderes Mitglied zu Wort. Der Aufmacher der aktuellen Ausgabe der ÖOG-Mitgliederzeitschrift "Der Offizier" zeigt ein Foto Darabos' mit dem deutschen Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, darüber der Titel "Ein Mann, ein Wort!??? Allianz der Wortbrecher?"

Offizier tritt aus: "Sachargumente kaum mehr möglich"
In den Vorstand der ÖOG entsendet traditionell das Verteidigungsministerium einen Vertreter. Seit 2003 war dies der profilierte Generalleutnant Christian Segur-Cabanac (re.), Leiter der Einsatzsektion im Verteidigungsministerium. Freitagabend verkündete der 62-jährige Offizier nun überraschend sein Ausscheiden aus dem Vorstand. In seinem Schreiben an Paulus begründet der Generalleutnant dies mit dem "gestörten Kommunikationsklima" zwischen Ministerium und Offiziersgesellschaft. Die "Wortmeldungen" in der Wehrpflichtdebatte seien "zu einer solchen Schärfe aufgewachsen, dass eine geordnete Kommunikation mit dem Austausch von Sachargumenten kaum mehr möglich erscheint". Das Verteidigungsministerium wie auch Segur-Cabanac persönlich betonten am Freitagabend, dass der Rücktritt allein aus einer Initiative des Generalleutnants heraus erfolgte.

Hofrat Paulus zeigte sich über den Schritt Segur-Cabanacs "erstaunt". Das sei "ungewöhnlich und überraschend", denn das Ministerium habe seit Jahrzehnten einen Vertreter im Vorstand gehabt. Die Offiziersgesellschaft werde den Minister nun offiziell fragen, ob er jemanden anderen entsenden möchte.

Darabos streicht ÖOG die Förderungen
Die Antwort bekam Paulus, noch bevor er offiziell gefragt hat, gleich am Samstag. Ein Darabos-Sprecher kündigte auf Anfrage an, keinen Vertreter aus dem Ressort in den ÖOG-Vorstand zu entsenden. Symbolisch für den Bruch der politischen Führung mit der Gesellschaft streicht das Ministerium der ÖOG auch die Förderzuwendungen, die letztes Jahr rund 5.500 Euro betrugen.

Begründet wird das einerseits mit dem knappen Budget und dem Sparbedarf, anderseits aber auch mit den Attacken der ÖOG gegen das Ministerium. Die Offiziersgesellschaft habe sich in letzter Zeit nicht gerade durch Konstruktivität, sondern vielmehr durch das Gegenteil hervorgetan. Man sehe daher nicht ein, wieso man diesen Verein weiter mit Steuergeld fördern solle, hieß es aus dem Ressort.

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