Debatte in Innsbruck

“Agrar-Gemeinschaften sind Hausmeister”

Tirol
30.04.2011 17:39
Die Debatte rund um die Agrar-Gemeinschaften ist - zumindest bei den Betroffenen - auch nach sechs Jahren emotionsgeladen wie nie zuvor. Davon konnten sich Hunderte Besucher am Freitagabend bei einer Diskussion des SP-nahen Renner-Institutes in Innsbruck überzeugen. Erstmals saßen alle Beteiligten an einem Tisch.

Das Thema Agrar-Gemeinschaften polarisiert - und wie! Buhrufe, Pfiffe, tosender Applaus, Untergriffe und Schreiduelle - das alles wurde den Hunderten Besuchern am Freitagabend in den Raiffeisensälen in Innsbruck geboten. Diskussionsleiter Heinrich Neisser, der als ehemaliger 2. Nationalrats-Präsident einiges gewohnt ist, drohte sogar einmal, die Diskussion abzubrechen!

Dem Karl-Renner-Institut war es erstmals gelungen, alle Beteiligten des brisanten Themas zu einer Diskussion an einen Tisch zu bringen. Die "Gegner" - Gemeindeverbands-Präsident Ernst Schöpf, LA Andreas Brugger (liste fritz) und SP-Klubdirektor Günther Hye - saßen auf der einen, die "Befürworter" - Georg Danzl (Plattform Agrar) sowie die beiden Rechtsanwälte Bernd Oberhofer und Hermann Pfurtscheller (sie vertreten Agrargemeinschaften) - auf der anderen Seite.

Fronten verhärtet
Und schon nach wenigen Minuten stand fest: Von einer Lösung des Problems ist man noch Lichtjahre entfernt, die Fronten sind verhärtet wie nie zuvor. Ein wesentlicher Knackpunkt: Hat die Agrarbehörde einst Eigentum von den Gemeinden an die Agrar-Gemeinschaften übertragen? Die Agrar-Gegner sagen ja, die Befürworter nein. "Die Behörde hat lediglich festgestellt, wem das Eigentum gehört", sagte RA Bernd Oberhofer. "Das stimmt nicht! Die Behörde hat damals Gemeinde-Eigentum an einige wenige Privilegierte übertragen - und alle Kontrollinstanzen haben zugeschaut", konterte Brugger, der selbst Anwalt ist. Gleich wie Brugger sieht die Sache auch Schöpf: "Es gibt ein VfGH-Urteil und das ist umzusetzen. Doch die Umsetzung eiert noch, denn bisher hat noch keine Gemeinde - außer ein paar Almosen und Beruhigungstabletten - Geld gesehen."

RA Pfurtscheller ortet ein Grundproblem in den "schlampigen Grundbuchseintragungen": "Und mit ihren Feststellungsbescheiden hat die Agrarbehörde dann zu Papier gebracht, was ohnehin immer klar war." Ein konkretes Beispiel - die AG Schönberg, die ja dort eine Raststätte betreibt - brachte Georg Danzl, Obmann der Plattform Agrar: "Unsere Väter haben sich Geld von der Bank ausleihen müssen, um das zu errichten. Auch die Gemeinde, die zu 10 Prozent beteiligt ist, lebt gut davon, zumal sie ja auch noch die gesamten Steuern bekommt. Jetzt frage ich mich, warum das alles nun der Gemeinde übergeben werden sollte?"

Mit SP-Klubdirektor Günther Hye saß auch der - vermutlich - schärfste Agrar-Gemeinschafts-Gegner am Podium. Und der nahm sich kein Blatt vor den Mund: "Hier ist größtes Unrecht geschehen. Die Agrargemeinschaften können und wollen sich nicht damit abfinden, dass sie nur die Hausmeister der Gemeindegüter sind und waren." Auch wenn jemand eine Liegenschaft 500 Jahre bewirtschaftet, gehe diese nicht in dessen Eigentum über. Er ist aber überzeugt, dass mit dem neuen Gesetz eine Lösung des Problems möglich ist.

von Markus Gassler, Tiroler Krone

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