Überraschungen dabei

Auto-Jubiläen 2022: Meilensteine auf vier Rädern

Motor
02.01.2022 14:59

Es scheint sich für alle Marken zu lohnen, technische Meilensteine und emotionale Momente der Vergangenheit zu feiern. Sogar junge chinesische Automobilbauer verweisen stolz auf ihr kurzes Stück Vergangenheit. Keine Gelegenheit zu Jubiläumspartys wird verpasst: Insgesamt stehen 2022 über 400 runde automobile Jahrestage an.

Runde Geburtstage müssen gefeiert werden, wie sie fallen, und so inszenieren fast alle Automobilmarken die Meilensteine ihrer Geschichte in diesen Zeiten der Krise durch Corona-Pandemie und Halbleiter-Mangel noch funkelnder als sonst. Kein Jahrestag, der nicht zumindest virtuell gefeiert wird.

Auto-Prophezeiung vor 730 Jahren
Ein buntes Kaleidoskop an magischen Momenten, wobei der älteste wohl die größte Überraschung darstellt. Es gehört nicht gerade zum Allgemeinwissen, dass selbstfahrende Wagen bereits vor 730 Jahren prophezeit wurden (aber auch Dampfschiffe und Flugzeuge) - vom englischen Franziskaner Roger Bacon. Der Reigen reicht vom Entwicklungsbeginn des Viertaktmotors durch Nikolaus August Otto vor 160 Jahren über die erste Automobil-Ausstellung in Deutschland vor 125 Jahren bis hin zu Jubiläen legendärer Marken.

So wurde Opel im Jahr 1862 gegründet, Cadillac ging 1902 an den Start, Designkünstler Bertone initiierte seine Carrozzeria 1912, Jaguar folgte 1922 (als Swallow Sidecar Company), die Auto Union im Jahr 1932, Ferrari feiert 2022 sein 75-jähriges Bestehen und Lotus 70 Jahre Sportwagenbau.

Dass sich aus einer langen Marken-Historie eine faszinierende Identität destillieren lässt und innovative Ideen für die Zukunft der Mobilität gewinnen lassen, wissen nicht nur westliche Pioniere des Autobaus, auch die Asiaten folgen dieser Maxime. Toyota würdigt deshalb 85 Jahre Autobau und die Chinesen feiern den vor 40 Jahren durch Volkswagen und Peugeot gezündeten Motorisierungshype, der das Reich der Mitte zum global größten Autobauer machte.

Auch in Japan waren es anfangs europäische und amerikanische Hersteller, die frühe Motorkutschen auf die Rüttelpisten des Kaiserreichs schickten, aber schon vor 110 Jahren setzte der Ingenieur Hashimoto Masujiro die Initialzündung zu einer eigenen Fahrzeugindustrie in Nippon: Die in Tokio angesiedelten Kaishinsha Motorcar Works wurden zur Keimzelle des 1933 Nissan genannten Konzerns, der schon ein Jahr zuvor mit den Modellen Datsun 10 und 12 die ersten bezahlbaren japanischen Volksautos präsentierte.

Datsun? Unter diesem Namen startete Nissan vor 50 Jahren (also 1972) dann auch in Österreich und Deutschland. Dort übrigens zeitgleich zum Konkurrenten Mazda (Marktstart in Österreich 1969 mit dem Cosmo), der damals vor allem durch Modelle mit Wankelmotor auf sich aufmerksam machte - und diese im Unterschied zu Wankel-Lizenzgeber NSU (der legendäre Ro 80 feiert 2022 übrigens seinen 55. Geburtstag) in Millionenauflage brachte. So ganz tot ist der Kreiskolbenmotor bis heute nicht, wie der elektrische Mazda MX-30 mit Wankelaggregat als Reichweitenverlängerer zeigt.

Tatsächlich bleibt der Blick in den Rückspiegel für alle bedeutend, so sind nicht wenige aktuelle Designtrends und Innovationen inspiriert durch Erfindungen aus der Vergangenheit. Ob veganes Interieur, elektrisches Dahingleiten oder staatliche Kaufanreize für neue Fahrzeuge, alles ist schon dagewesen. Lederersatz durch mit Leinöl-Mischung bestrichene Leinwände wurde bis Ende des 19. Jahrhunderts verwendet, Motorkraft aus Batterien oder Dampf dominierte bis zum Beginn des ersten Weltkriegs.

Die ersten Feuerwehr-Autos im Deutschen Reich setzten vor 120 Jahren konsequent auf zuverlässigen Elektro- und Dampfantrieb. Kfz-Steuererleichterungen brachten den Automarkt 1932 in Schwung, als die Weltwirtschaftskrise viele Unternehmen in den Abgrund stürzte, aber mancher Autobauer mit pfiffigen potentiellen Volumenmodellen wie Adler Trumpf, DKW F2 Meisterklasse, Fiat 508 Balilla oder Peugeot 301 (auch als weltweit erstes Coupé-Cabrio) zurück auf Erfolgskurs kam. Modelle, die teils auch auf der 1932 eröffneten ersten deutschen Autobahn zu sehen waren, der heutigen A555 von Köln nach Bonn. Initiiert übrigens vom damaligen Kölner Oberbürgermeister und späteren deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Ausgerechnet in jenem Jahr begann in der damaligen Sowjetunion überhaupt erst die Pkw-Produktion mit dem GAZ-A und dies in einem Werk, das durch Ford errichtet wurde. Henry Ford war es vor genau 100 Jahren gelungen, mit dem legendären Model T die Marke von einer Million produzierten Autos pro Jahr zu knacken, allerdings hatte er seine Position als Weltmarktführer 1927 an Chevrolet abtreten müssen.

Als Henry Ford vor 75 Jahren (1947) starb, startete sein Konzern gerade die Tochterfirma Ford France, legendär geworden durch ikonische V8-Modelle, die später von Simca adaptiert wurden - und die die Vorlage für das erste chinesische Fahrzeug lieferten, den von Staatspräsident Mao Tse-tung 1958 beauftragten Dongfeng CA71. In Deutschland war es derweil der erste Taunus 12 M, mit dem Ford seit 1952 für Furore sorgte. In modische Pontonform gekleidet war er ein erschwinglicher Traum im Gegensatz zum damals den Straßenrennsport dominierenden neuen Mercedes 300 SL.

Jubiläen berühmter Sportwagen
Tatsächlich können 2022 viele Speed-Ikonen runde Geburtstage feiern und Maranello (75 Jahre Ferrari 125 S, 60 Jahre 250 GTO, 50 Jahre 365 GT4 2+2) wird diese Gelegenheit ebenso nutzen wie Modena (60 Jahre Maserati 3500 GT und Sebring, 50 Jahre Maserati Khamsin und Merak) oder Zuffenhausen (50 Jahre Porsche 911 Carrera RS). Auch Breitensportler können jubilieren: 60 Jahre werden MG B und Triumph Spitfire, 50 Jahre erreichen Fiat X1/9Nissan 240 Z (in Deutschland/Österreich) und VW-Porsche 914 2.0.

Alles für die Familie
Stilvoller fahren, um schöner mit dem Familienauto anzukommen, zelebrieren die 1972 debütierenden Erzrivalen Ford Consul/Granada vs. Opel Rekord/CommodoreAlfa Romeo Alfetta vs. BMW 5er (E12)Audi 80 (B1) vs. aufgefrischter „Nasenbär“ Volkswagen 412. Wolfsburg musste sich vor 50 Jahren neu erfinden, konnte vorher aber noch mit dem Käfer 1303 das Ford Model T als bis dahin amtierenden Produktions-Weltmeister ablösen und den VW 1600 Variant (Typ 3) in sein letztes Produktionsjahr schicken. Schon 1962 hatte der 1500 Variant den Kombi vom Handwerkerimage befreit, während Volvo damals den Amazon Kombi sogar als adäquaten Begleiter für Golfplatzbesuche etablierte. Wie ein Supersportler im Kombidress aussieht, zeigte BMW 1992 mit dem M5 touring.

Kante zeigen war in den technik- und turbo-affinen 1980ern angesagt und entsprechend modisch gaben sich die vor 40 Jahren enthüllten Business-Liner Audi 100 (C3), BMW 3er (E30), Mercedes-Benz 190 und Volvo 760, aber auch Cityflitzer wie der erste Opel Corsa oder der frühe Nissan Micra.

Dagegen irritierte der stromlinienförmige Ford Sierra treue Taunus-Käufer, während Mitsubishi Pajero (L040), Toyota Tercel 4WD, frische Audi-Quattro-Typen und neue Subaru (seit 1972 weltweit größter 4x4-Pkw-Produzent) vom anlaufenden Allrad- und SUV-Hype erzählten.

Und das automobile Oberhaus? Auch dort gibt es 2022 Feines zu feiern, etwa 50 Jahre Mercedes-Benz S-Klasse W116 und Jaguar XJ mit V12-Motoren. Autos mit viel Power, die damals genauso gezügelt eingesetzt werden musste wie heute. Freie Straßen? Gab es schon 1972 nicht mehr, wie historische Stauwarnungen zeigen. Und dann das: „Vorsicht, der Tod ist schneller als Sie“, propagierten damals nicht nur in der benachbarten Schweiz Plakate. Auf zweispurigen bundesdeutschen Landstraßen galt deshalb ab Herbst 1972 Tempo 100. (SPX)

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(Bild: KMM)



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