








Wladimir Putin hat sich in Moskau als starker Führer feiern lassen. Dabei kicherte er mit Xi Jinping in der Ehrenloge seiner Militärparade und stellte ihre mächtige „Freundschaft“ ins Schaufenster. Bei ehemaligen Verbündeten der Sowjetunion lässt das heutige Russland derweil Assoziationen mit „Nazi-Deutschland“ wach werden.
Die Militärparade am Freitag auf dem Roten Platz zum Sieg über die Nazis war für Putin die Chance zu zeigen, dass er noch „Freunde“ in der Welt hat. Sein direkter Sitznachbar sollte keinen Zweifel daran aufkommen lassen. Der chinesische Präsident wurde während der Propaganda-Show immer wieder groß vom russischen Fernsehen gezeigt.
Der Kremlchef kicherte sichtlich gut gelaunt mit Xi Jinping, während er selbst versuchte, nicht zum Statisten seiner eigenen Veranstaltung zu werden. Für Putin war es ein notwendiger Drahtseilakt, angesichts seiner Isolierung in der westlichen Welt.
Seine Siegesparade, für die enorme Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, ist immer auch ein Gradmesser für den Zeitgeist. Russland hat auf Kriegswirtschaft umgestellt – und wollte das auch herzeigen. Von den Nuklearstreitkräften bis hin zur Flugabwehr durften alle Einheiten demonstrieren, was sie anzubieten haben. 2024 rollten nur alte Panzer über den Roten Platz, dieses Mal gleich mehrere T-90. Auch modernste Artillerie war dabei, darunter die neue Haubitze Malva.
Marschiert wurde meist in Blöcken von 200 Mann, das entspricht Kompanie-Stärke. Neu war, dass ausländische Kontingente über den Roten Platz stapften. Das Motto auch hier: Seht her, wir sind nicht allein! Insgesamt 13 Länder, darunter China und Ägypten, nahmen teil.
Kremlchef wiederholt seine Kriegsgründe
Putins Rede blieb ohne Überraschungen, führte den Gedenktag angesichts des Überfalls auf die Ukraine aber ad absurdum. „Russland war und wird eine unzerstörbare Barriere gegen Nazismus, Russophobie und Antisemitismus sein und die Gräueltaten bekämpfen, die die Verfechter dieser aggressiven, zerstörerischen Ideen begehen“, erklärte der Kremlchef ohne Scham.
Damit erwähnte er Kiews Führung, ohne sie beim Namen zu nennen. Putin beschuldigt seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj fälschlicherweise ein nazistisches Regime zu lenken. „Die Wahrheit und die Gerechtigkeit sind auf unserer Seite“, behauptete Putin weiter. Der Diktator erklärte zudem, dass in der Roten Armee nur „russische Soldaten“ gedient hätten und deutete damit den Sieg über die Nazis zu einem rein russischen um, bevor er seine Rede mit einem langgezogenen „Hurra!“ beendete.
Ein Selfiestick Video aus Kiew
Selenskyj bemühte sich schon im Vorfeld, den größtmöglichen Kontrast zu Putins Pomp zu schaffen. Er spazierte am Donnerstag zum Kiewer Unabhängigkeitsplatz – Selfiestick inklusive. Seine Botschaft: „Morgen werden die Gräuel der Nazis thematisiert, vom Organisator der Massengräber in Butscha. Und jene, die die Belagerung von Mariupol organisiert haben, werden über die Belagerung von Leningrad sprechen.“
Tatsächlich hätten vor 80 Jahren Dutzende Nationen gegen den Nationalsozialismus gekämpft, und auch acht Millionen Ukrainer seien in diesem Kampf gestorben, betonte Selenskyj. „Fast jede Familie hat ein Foto in Erinnerung an sie. In meinem Fall war es der Großvater“, sagte der 47-Jährige, dem Putin vorwirft, ein Nazi zu sein.
Vergleiche mit „Nazi-Deutschland“
Im Westen werden nun Erinnerungen an jene Kräfte wach, gegen die dieser Gedenktag eigentlich sensibilisieren soll. Das heutige Russland verhält sich laut dem tschechischen Staatspräsidenten Petr Pavel „in mancher Hinsicht wie Nazi-Deutschland“, erklärte er am Donnerstag.
„Es respektiert das Völkerrecht nicht, es respektiert das Recht des Stärkeren, es hat ein souveränes Land angegriffen und führt seit mehr als drei Jahren einen Angriffskrieg gegen es“, sagte Pavel in Anspielung auf die russische Aggression gegen die Ukraine.
Der Präsident würdigte alle, die gegen den Nationalsozialismus, den italienischen Faschismus und das kaiserliche Japan gekämpft hatten, einschließlich der Russen. „Aber das bedeutet keineswegs Respekt für das heutige Russland.“
Der Drachenbär gegen den Westen
Putin wähnt sich jedoch auf der richtigen Seite der Geschichte und nutzte den Tag, sich weiter mit Peking gut zustellen. Wie die Sowjetunion hat auch China im Zweiten Weltkrieg enorme Opfer erbracht. Weite Teile Chinas waren damals vom faschistischen Japan besetzt, Hitlers asiatischem Verbündeten. Der chinesische Widerstand band viele japanische Truppen und trug dazu bei, dass die Alliierten auch in Asien die Oberhand errangen.
Xi ließ mit einem Gastbeitrag in der Regierungszeitung „Rossijskaja Gaseta“ kaum einen Zweifel daran, wie sehr auch er die Schicksale beider Länder miteinander verbunden sieht. „Das chinesische und das russische Volk sind große Nationen mit heroischem Blut“, schrieb er darin.
80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges befinde sich die Welt nun neuerlich an einer Wegscheide: Heute gelte es, gegen „Unilateralismus, Hegemonie, Gesetzlosigkeit und Bullying“ aufzustehen. Putins Russland sei dabei eine „Kraft der Gerechtigkeit“.
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