Trotz Protesten

Ungarn: Parlament nimmt umstrittene Verfassung an

Ausland
18.04.2011 15:32
Das ungarische Parlament hat am Montag in Budapest mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit die umstrittene neue Verfassung angenommen, die auf Gott, die Stephanskrone und das Vaterland, auf Christentum, Familie, Treue, Glaube, Liebe und Nationalstolz schwört. Für die Verfassung stimmten 262 Abgeordnete bei einer Enthaltung, 44 votierten dagegen. Die oppositionellen Sozialisten und die Grünen waren der Abstimmung fern geblieben.

Parlamentspräsident Laszlo Köver würdigte die neue Verfassung nach der Abstimmung als "legitim, national und integrierend, auf die Traditionen aufbauend". Die Verabschiedung des Grundgesetzes bezeichnete Köver als "historischen Augenblick". Die neue Verfassung wird nach ihrer Beurkundung durch Staatspräsident Pal Schmitt am 1. Jänner 2012 in Kraft treten.

Die derzeit geltende Verfassung stammt ursprünglich aus dem Jahr 1949, war jedoch zur Zeit der Wende 1989 umfassend revidiert worden. Der rechtskonservative Premier Viktor Orban (im Bild) hatte nach dem Wahlsieg seiner Fidesz-Partei im Vorjahr eine neue Verfassung angekündigt, die das "stalinistische" Grundgesetz ersetzen solle.

Tausende demonstrierten gegen neue Verfassung
Gegen das neue Grundgesetz hatten am Wochenende Tausende Menschen in Budapest demonstriert. Ex-Premier Ferenc Gyurcsany betonte auf der Protestkundgebung der Ungarischen Demokratischen Charta, dass Orban nach der "Alleinherrschaft" strebe. Orban hätte die Republik "verraten", die "Pressefreiheit mit Füßen getreten", er würde einen Teil der Staatsanwaltschaft "für politische Ziele nutzen" und die Gerichte "einschüchtern". Opposition und Zivilorganisationen kritisieren: Mit der Verfassung wolle Orban seine Macht einbetonieren. Kritik auch an der nationalen Romantik der Präambel, die in Ungarn "Nationales Glaubensbekenntnis" heißt, und an der Beschneidung der Kompetenzen des Verfassungsgerichtes.

Orban bezeichnet neue Verfassung als "ästhetisch schön"
Orban wiederum bezeichnet den Verfassungstext als "ästhetisch schön". Die alte sei nicht "die Verfassung der Ungarn" gewesen. Im Vorfeld der Abstimmung erhielten die rund acht Millionen Wahlbürger im Rahmen einer "nationalen Konsultation" Fragebögen zu gewünschten neuen Verfassungsinhalten. Zwölf Fragen wurden gestellt, wie "Soll das neue Grundgesetz nur die Rechte der Bürger, oder auch deren Pflichten verankern?" oder "Soll die Staatsverschuldung Ungarns in der Verfassung begrenzt werden?".

Die Frage, ob die Bürger denn überhaupt eine neue Verfassung oder ein Referendum zum Grundgesetz wollen, wurde nicht gestellt. In einer aktuellen Umfrage ist die Mehrheit der Befragten - 60 Prozent - für ein Referendum zur Verfassung. Zugleich gibt es Kritik wegen des Ausbleibens einer öffentlichen Debatte über das Grundgesetz. Die verschickten Fragebögen seien dafür kein Ersatz gewesen, ergab die Umfrage.

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