Gefährliche Trendwende

Zahl der einsatzbereiten Atomwaffen steigt wieder

Ausland
14.06.2021 08:24

Obwohl sich ein großer Teil der Atommächte erst im Jahr 2010 auf eine Abrüstung von Kernwaffen geeinigt hatte, warnt das Friedensforschungsinstitut Sipri nun vor einer gefährlichen Trendwende. Die Zahl der Sprengköpfe nahm global gesehen zwar tatsächlich ab, allerdings es gibt wieder mehr einsatzbereite Atomwaffen - 3825 nukleare Sprengköpfe sollen laut Sipri startbereit sein. Vor allem Russland und die USA stockten ihre Arsenale durch Modernisierung auf.

Die Friedensforscher des Stockholmer Sipri-Instituts warnen in einem Bericht, dass die atomare Abrüstung, die seit Ende des Kalten Krieges betrieben wird, ins Stocken geraten ist. Zwar sank die Zahl der Atomsprengköpfe weltweit von 13.400 auf 13.080 innerhalb eines Jahres, jedoch wurden mehr der Waffen in Einsatzbereitschaft versetzt. Zugleich liefen umfassende und teure Programme zur Modernisierung.

Etwa 2000 Sprengköpfe seien in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden, die meisten davon in Russland und den USA. Während beide Regierungen ihre Atomwaffenbestände insgesamt weiter reduzierten, indem sie ausgemusterte Sprengköpfe abbauten, hatten beide Anfang 2021 schätzungsweise etwa 50 nukleare Sprengköpfe mehr im Einsatz als ein Jahr zuvor, erklärte Sipri.

USA und Russland horten die meisten Sprengköpfe
Die USA und Russland verfügen nach Sipri-Einschätzung weiterhin über mehr als 90 Prozent der Nuklearwaffen. Der Rückgang wird vor allem der Entsorgung ausrangierter Sprengköpfe durch Russland und die USA zugeschrieben. Die Verringerung war im bilateralen Abrüstungsabkommen „New Start“ 2010 vereinbart worden. Kurz vor dessen Auslaufen am 5. Februar war es um fünf Jahre verlängert worden.

3825 Atomraketen sofort einsatzbereit
Als besorgniserregend stufen die Friedensforscher die Zahl von Atomsprengköpfen ein, die bereits auf Raketen montiert wurden oder sich auf aktiven Stützpunkten befinden. Diese Atomwaffen gelten für Sipri als einsatzbereit. Ihre Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr von 3720 auf 3825. Geschätzt wird, dass etwa 2000 davon auf hoher Alarmstufe bereitgehalten werden. Fast alle seien im Besitz Russlands oder der USA. Bei diesen beiden Atommächten kamen im vergangenen Jahr jeweils rund 50 einsatzbereite Atomwaffen hinzu. Auch Großbritannien und Frankreich verfügen über einsetzbare Sprengköpfe.

Sipri: „Besorgniserregendes Zeichen“
Zwar sei die Verlängerung von „New Start“ in letzter Minute eine Erleichterung gewesen, erklärt der Sipri-Atomwaffenforscher Hans M. Kristensen. Aber die Aussichten auf eine zusätzliche bilaterale nukleare Rüstungskontrolle zwischen den atomaren Supermächten blieben schlecht. Allein den Anstieg operativ einsetzbarer Sprengköpfe nennt Kristensen „ein besorgniserregendes Zeichen“.

Atomwaffen spielen für die nationale Sicherheit Russlands und der USA laut Sipri eine offenbar zunehmend gewichtige Rolle. Es gebe laufende Programme zur Weiterentwicklung nuklearer Waffensysteme wie Atomsprengköpfe, Raketen- und Flugzeugträgersysteme sowie von Produktionsstätten. Die sieben anderen Atommächte verfügten zwar über deutlich kleinere Arsenale. Doch auch sie seien dabei, diese zu modernisieren oder aufzustocken.

Atommächte investieren weiter
Einer aktuellen Studie der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (Ican) zufolge gaben die neun Nuklearwaffenstaaten im vergangenen Jahr 72,6 Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 60 Milliarden Euro) für den Ausbau ihrer Arsenale aus. Inflationsbereinigt waren das 1,4 Milliarden Dollar mehr als 2019. Friedensnobelpreisträgerin Ican hatte das im Juli 2017 beschlossene UN-Abkommen zum Verbot atomarer Waffen begleitet. Im Jänner trat es in Kraft. Die Atommächte sowie die Mitglieder des Nato-Militärbündnisses, zu dem die USA, Großbritannien und Frankreich ebenfalls gehören, lehnen die Vereinbarung bislang ab.

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