Neue Vorwürfe

Grasser für Grüne jetzt Swarovski-“Steuerpatron”

Österreich
18.01.2011 12:09
Die Grünen erheben neue Vorwürfe gegen den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser: Laut "zuverlässigen Quellen" soll Grasser dafür gesorgt haben, dass der Tiroler Glaskristallhersteller Swarovski wiederholt von Steuerprüfungen verschont blieb, enthüllte die grüne Abgeordnete Gabriela Moser am Dienstag. Grasser ist mit Fiona Pacifico Griffini-Grasser, allgemein als Fiona Swarovski bekannt, einem Spross aus dem Traditionsunternehmen, verheiratet. Die Grünen fordern erneut einen U-Ausschuss.

Bereits in den vergangenen Tagen hatten die Grünen Grasser vorgeworfen, die Steuerprüfungen unter anderem bei dem Waffenkonzern Glock und dem mittlerweile pleitegegangenen Finanzkonglomerat AvW verhindert zu haben. Grasser bestreitet dies vehement. Es gilt - wie immer - die Unschuldsvermutung.

"Grasser war der Schutzpatron der Steuersünder. Ich habe Informationen, wonach Grasser-kritische Institutionen hingegen jährlich geprüft wurden, das ist eine ganz neue Dimension", empört sich Moser.  Swarovski hat die Vorwürfe umgehend zurückgewiesen: "Der Vorwurf, Swarovski wurde bevorzugt behandelt, entbehrt jeglicher Grundlage. Swarovski und die daran beteiligten Gesellschafter werden wie alle anderen Großunternehmen von der Großbetriebsprüfung Innsbruck des Finanzamts durch mehrere Beamte seit Jahrzehnten lückenlos geprüft."

U-Ausschuss zu "System Grasser/Schüssel"
Moser sprach bei der Pressekonferenz am Dienstag einmal mehr von einem System "Grasser/Schüssel" und forderte erneut einen U-Ausschuss. In der Causa Grasser müsse man "das ganze System" prüfen - angefangen von der Homepage-Affäre bis hin zum Privatisierungsprojekt "Minerva". "Das System Grasser verdiente am Republikvermögen", so die Grün-Abgeordnete.

Bei der Homepage-Affäreging es unter anderem darum, ob Grasser die von der Industriellenvereinigung finanzierte Internetseite "karlheinzgrasser.at" versteuern hätte müssen. Die zuständige Finanzbehörde entschied damals - unter Protest von Opposition und Steuerrechtlern -, dass keine Steuerpflicht vorlag.

Weit komplexer ist der Fall "Minerva". Im Juni 2003 berichtete das "profil", dass die Staatsholding ÖIAG in einem Geheimplan vorhabe, den Stahlkonzern voestalpine an den Magna-Konzern von Frank Stronach zu verkaufen. Das Projekt hatte den Codenamen "Minerva", hergeleitet aus "M..." für Magna und "...va" für voestalpine. Eigentümervertreter der ÖIAG war damals Grasser. Im ÖIAG-Aufsichtsrat saß unter anderem der damalige Magna-Vizechef Siegfried Wolf. Grasser behauptete damals, von "Minerva" nichts gewusst zu haben. "Ich glaube trotzdem, dass die ÖIAG absolut korrekt gehandelt hat, aber vielleicht nicht besonders gescheit", so Grasser im Jahr 2003. Grasser hatte damals ein Rückkehrrecht zu seinem ehemaligen Arbeitgeber Magna.

Moser erwartet Buwog-Anklage
Moser geht davon aus, dass die Staatsanwaltschaft im Bälde Anklage gegen Grasser in der Causa Buwog erhebt. Hier wird Grasser unter anderem vorgeworfen, bei der Vergabe der Verkaufsabwicklung der Bundeswohnungen an das US-Investmenthaus Lehman Brothers zum Schaden der Republik vorgegangen zu sein. "Grasser hat den zweitgereihten, teureren vorgezogen", ist sich Moser sicher. Die Sachlage sei hier schon "sehr dicht". "Die Protokolle der Vergabekommission sprechen eine ganz eindeutige Sprache", betonte Moser. Grasser hatte stets betont, auf die Auftragsvergabe an Lehman keinen Einfluss geübt zu haben.

Moser erinnerte am Dienstag an ein Zitat von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner: "Nicht jedes Verhalten, das moralisch zu verurteilen ist, nicht jede Schweinerei ist ein strafrechtlich relevanter Tatbestand." Und ergänzte: "Bei Grasser aber wird die politische Schweinerei immer umfassender."

Spätes Ja von FPÖ und BZÖ eine "Flucht nach vorne"
Dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nun einen Untersuchungsausschuss zur Buwog-Affäre fordert, ist für Moser nur eine "Flucht nach vorne". Schließlich sei die FPÖ mit der Schüssel-ÖVP in einer Koalition gewesen. Außerdem hätten sowohl die FPÖ wie auch das BZÖ in der Vergangenheit Grüne Anträge für einen U-Ausschuss abgelehnt. "Wir wollen eine Klärung auf allen Ebenen, hier geht es auch um Parteienfinanzierung", so Moser.

Ob sie einem blauen oder orangen Antrag auf einen U-Ausschuss zustimmen würde, ließ Moser offen. Dies hänge vom Prüfauftrag ab. Fürs Erste will Moser mit einer parlamentarischen Anfrage Licht ins Dunkel um die Steuerprüfungen bringen. Sie sei derzeit dabei, das Material zu sichten, dann werde sich zeigen, was hinter den Vorwürfen steckt, erklärte Moser.

Ainedter: "Das musste ja kommen"
Grasser-Anwalt Manfred Ainedter hat die Vorwürfe der Grünen gegen seinen Mandanten am Dienstag einmal mehr zurückgewiesen. "Die Fantasie der Grünen scheint keine Grenzen zu kennen", so der Rechtsvertreter. Das nun auch noch der Vorwurf komme, dass Grasser die Familie seiner Frau vor Steuerprüfungen geschützt haben soll, "musste ja kommen", erklärte Ainedter.

Als "völligen Schwachsinn" bezeichnete er auch den Vorwurf, Grasser solle dafür gesorgt haben, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen den Waffenkonzern Glock von Korneuburg nach Klagenfurt verlegt wurde. "Auf die Staatsanwaltschaft hatte Grasser mit Sicherheit keinen Einfluss", betonte der Anwalt. Vorwürfe, dass Grasser auch dem Filmproduzenten Karl Spiehs bei Steuerfragen behilflich gewesen sei soll, weist Ainedter ebenfalls zurück. Grasser habe Spiehs ein einziges Mal gesehen - und das sei 20 Jahre her. Bereits gestern hatte der Anwalt von Spiehs, Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer, betont, dass Spiehs Grasser gar nicht kenne.

Abhörprotokolle erheiterten im Audimax
Die Causa um den ehemaligen Finanzminister war am Montagabend auch Thema eines kabarettistischen Abends im Audimax der Uni Wien. Florian Scheuba, Robert Palfrader und Thomas Maurer trugen bereits bekannte, aber auch bisher unveröffentlichte Passagen aus dem Grasser-Plech-Meischberger-Abhörprotokollen vor. Mehr als 1.000 Besucher strömten in den Uni-Hörsaal, um sich Sager wie "Da bin ich jetzt supernackt" und "Wos woa mei Leistung?" anzuhören. Wegen der großen Nachfrage gibt es am 31. Jänner eine weitere Lesung.

Foto: Viennareport

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