Neues Album „Cosmic“

Thomas Anders: Reise in die kosmische Nostalgie

Musik
06.04.2021 06:00

Mit Florian Silbereisen erkämpfte sich Modern-Talking-Hälfte Thomas Anders letztes Jahr den Platz am Chartsthron zurück. Auf seinem neuen Soloalbum „Cosmic“ geht der 58-Jährige weit zurück zu seinen Wurzeln - nun allerdings mit richtig gesetzten Prioritäten.

(Bild: kmm)

So ganz hat der Ausflug in deutschsprachige Gefilde beim „Gentleman Of Music“ (diese Bezeichnung hat sich Thomas Anders als Marke schützen lassen) nicht geklappt. Zumindest solo. „Pures Leben“ (2017) und „Ewig mit dir“ (2018) konnten sich zwar in den Charts quer durch den deutschsprachigen Raum festkrallen, aber groß Aufhebens gemacht wurde um die Werke nicht. Der große Turnaround kam erst während Corona, als sich die ewige Modern-Talking-Hälfte mit „Everybody’s Darling“ Florian Silbereisen zusammenfand um „Das Album“ einzuspielen. Platz eins in Österreich, Deutschland und der Schweiz, mehr als 100.000 verkaufte Alben und garantiert volle Arenen und Hallen - so das halt möglich gewesen wäre. Ein spätes Glück für den heute 58-Jährigen, der sich in den letzten Jahren eher im deutschen Öffentlich-Rechtlichen aufhielt, um fleißig zu kochen oder Ahnenforschung zu betreiben. Dieter Bohlen mag 250 Millionen Euro schwer und medial omnipräsent sein, aber einen Thomas Anders darf man trotzdem nie unterschätzen.

Zeitgeist und Nostalgie
„Ich genieße meinen Beruf und die vielen Dinge, die ich mache“, erzählt er der „Krone“ im Gespräch, „ich schöpfe aus meinem positiven Stress ausschließlich Kraft. Wenn man so kreativ wie ich ist, sich mehr als 40 Jahre lang gegen alles durchboxt, dann ist es auch mal an der Zeit die Früchte zu genießen und zu sagen, dass man etwas gut hingekriegt hat.“ Auch 2021 könnte wieder das Jahr des Thomas Anders werden - der Samen dafür wäre gesät. Nicht nur, dass er sich bei „The Masked Singer“ als Schildkröte auf Platz vier von zehn musizierte, geht er auf Albumformat wieder zu seinen englischsprachigen Wurzeln zurück. „Cosmic“ nennt sich das brandneue Studioalbum, das schon länger in Bearbeitung war und vom Sensationserfolg des Silbereisen-Doppels quasi aufgehalten wurde. Unbeirrt folgt Anders aber seiner Intuition und schlussendlich auch dem allumfassenden Zeitgeist - der Nostalgie. Die 80er-Jahre haben von Lady Gaga über Dua Lipa bis zu Justin Bieber längst alle Popstars für sich entdeckt. Anders geht noch einen Schritt weiter und beruft sich direkt auf seine Glanzjahre bei Modern Talking.

Bollernder Disco-Pop statt familientauglicher Schlager also, aber Anders wäre nicht der bunte Hund, würde er nicht permanent das Risiko suchen. Zumindest in seinen selbstgesteckten Grenzen. Zudem verschwimmen die musikalischen Grenzen heute ohnehin bis zur Unkenntlichkeit. „Sieh dir nur die Top-10 der Charts an. Vor zehn Jahren wäre es unmöglich gewesen, dass sich dort Heavy Metal, deutscher Schlager, Hip-Hop, Singer/Songwriter oder eine Jazz-Ikone wie Diana Krall die Hand reichen können. Einerseits macht das alles sehr orientierungslos, andererseits eröffnen uns die digitalen Medien viele Möglichkeiten. Man muss im Kopf immer wach sein, um zu wissen, wie man sich selbst am besten verändert oder anpasst. Zur Kreativität gehört auch zu wissen, wie man Veränderungen am Markt positiv für sich selbst nutzen kann.“ Für „Cosmic“ hat sich Anders bewusst in den Nostalgieschlitten gesetzt, schließlich hat sein Team sogar Stimmen aus dem originalen Modern-Talking-Chor der 80er-Jahre für das Album verpflichtet.

Akkurate Retrospektive
Produzent Christian Geller hat Anders seinen einstigen Leibsound auf den Körper geschnitzt und überlässt dabei nichts dem Zufall. Man hört ausufernde Balladen („Ready For Romance“ oder „Don’t Let Me Down“) oder zeigt sich zu 100 Prozent im Jahr 1988 verhaftet, indem man die Erfolgsformel von damals nahezu nahtlos in die Gegenwart kopiert („Cosmic Rider“, „Je Ne Sais Pas“). Dass das Album mit einem Song namens „Modern Talking (Connect The Nation)“ beschlossen wird, braucht dann niemanden mehr zu wundern. Im Jahr 2021 lässt sich Disco längst perfekt mit Schlager verbinden, was die meiste Zeit offen zur Schau gestellt wird („Heaven No. 9“, „Moonlight In Your Eyes“). Hauptsache gute Laune. „Ich kann nichts aus negativen Dingen ziehen. Sie geben mir kein gutes Gefühl und ziehen mich runter. Meine Musik ist dazu da, die Menschen aus dem Alltag zu holen und ihnen etwas Schönes anzubieten. Ich bin auch niemand, der sich politische Protestsongs anhört.“

Altbewährte Kost, die aufgrund ihrer deutlich hervorgekehrten Nostalgie nach dem Schlagererfolg des letzten Jahres aber doch überrascht. Ansonsten ist Anders so weit wie möglich zuhause und echauffiert sich in Interviews auch einmal lautstark über die Corona-Leugner und Querdenker, die eine Rückkehr in die Alltagsnormalität verzögern. „Meine Familie gibt mir Ruhe und Bodenständigkeit, sie erdet mich ungemein. Meine Frau Claudia ist selbstständig und an manchen Tagen läuft bei uns daheim die Achterbahn. Sie arbeitet hart für ihre Firma, macht das Familien- und Verwaltungsmanagement und dann ist sie auch noch Ehefrau und muss manchmal am roten Teppich so gut aussehen, als käme sie gerade direkt vom Wellness-Urlaub. Es ist nicht immer leicht, wenn man erfolgreich ist, aber in einer intakten Familie ist man beseelt und sehr gut aufgehoben.“ Das Privatleben ist Anders mittlerweile am Wichtigsten. „Ich empfinde es als Gabe und Geschenk, dass ich mit meinem Beruf kein Ablaufdatum habe. In bürgerlichen Jobs muss man mit Mitte 50 an die Rente denken - ich muss das zum Glück nicht.“

Durch und durch kreativ
Mit seiner Karriere ist Anders im Reinen, auch mit dem misslungenen Versuch, Modern Talking vor knapp zwei Jahrzehnten ein weiteres Mal wiederzubeleben. „Bis auf ein paar Kleinigkeiten ist alles gut verlaufen. Vielleicht hätte ich mich früher in der einen oder anderen Situation netter verhalten sollen, aber das war alles nicht lebensentscheidend. Ich habe über all die Jahre irgendwie alles gemacht und probiert. Ich bin durch und durch Kreativer und kann mich momentan in so vielen Facetten zeigen, dass ich völlig ausgefüllt bin. Kochen bleibt für Anders neben der Musik noch immer die größte Leidenschaft. “Sich einen schönen Salat zu machen ist doch viel besser als die Pizza in die Mikrowelle zu legen. Was ich damit sagen will: man muss die Dinge im Leben genießen. Und manchmal heißt das abschalten, Weg vom Stress, runterkommen und auf Genuss gehen. Die ganz einfachen Dinge im Leben können die größte Freude machen.„ Klingt ja direkt “Cosmic".

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