Experte im Interview

Digitale Welt findet in Schulen keinen Platz

Tirol
09.03.2021 12:00

Die Pandemie zeigte die Bedeutung der Technologie auf. Rund 20.000 IT-Fachkräfte werden in Österreich gesucht, doch nur ein Bruchteil aller Kinder kommt in der Schule mit Programmieren in Berührung. Mario Eckmaier ist Digitalisierungsbeauftragter der WK Tirol und Partner der Marketing-Agentur FACTOR. Er gründete die Initiative „Coding4Kids“ mit, bei der Kinder in einem Ferienworkshop die Grundlagen des Programmierens lernen.

Wie zeigt sich in Österreich der IT-Fachkräftemangel?
Das Thema begleitet uns in Wahrheit schon lange - man läuft oft Gefahr, sich an etwas zu gewöhnen, das man immer wieder hört. Vielen Firmen fehlen für wichtige IT-Positionen die Arbeitskräfte: Eine Erhebung von Eurostat (Statistisches Amt der EU) ergab, dass 75 Prozent der österreichischen Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre IT-Stellen zu besetzen.

Man geht davon aus, dass österreichweit insgesamt akut 20.000 bis 25.000 Fachkräfte fehlen und sofort besetzt werden könnten. Es ist erschütternd, wenn man bedenkt, wie hoch die Arbeitslosigkeit derzeit ist – so gehen auch Einkommen, Wertschöpfung sowie Steueraufkommen in Milliardenhöhe verloren. Zudem wird das Unternehmenswachstum gehemmt.

Wurde der Mangel durch die Pandemie verstärkt?
Corona war für die Digitalisierung ein Wachstumsbeschleuniger. Homeoffice, Videokonferenzen und E-Commerce wären nicht ohne Technologie möglich. Dadurch wird der Fachkräftemangel verstärkt und die Situation wird nach der Pandemie sicherlich nicht entspannter sein.

Warum ist es so wichtig, dass Kinder digitale Grundlagen kennen?
Für Kinder und Jugendliche, die sich jeden Tag mit Technologien beschäftigen, ist es wichtig zu verstehen, was im Hintergrund passiert. Unsere Kinder werden – egal welchen Beruf sie ergreifen – digitale Grundkenntnisse benötigen. Die Digital-Kompetenz ist wie Lesen, Schreiben und Rechnen einfach notwendig, um die Welt besser zu verstehen.

Könnte eine Behandlung des Themas im Kindesalter der Männer-Dominanz im Berufsfeld entgegenwirken?
Das ist aus unserer Sicht und Erfahrung goldrichtig. Wir sehen, dass viel gesellschaftliche und soziale Vorprägung bei Kindern stattfindet. Zwar haben wir bei unseren Kursen einen hohen Mädchenanteil, aber trotzdem sind es immer mehr Buben. Für viele Mädchen gab es davor keinerlei Berührungspunkte mit dem Thema, trotzdem macht es ihnen Spaß. Sie sind oft sehr talentiert, wären aber von selbst nie auf die Idee gekommen, sich mit Programmieren zu beschäftigen.

Wie werden die Kinder bei „Coding4Kids“ fürs Programmieren begeistert?
Als wir angefangen haben war die größte Herausforderung nicht die Organisation, sondern wie wir in den Kindern Begeisterung entfachen. Wir benutzen das Programm „Scratch“, es wurde speziell für junge Menschen vom MIT in den USA entwickelt. Die Kinder erschaffen damit ihr eigenes Videospiel, das Programmieren funktioniert wie mit Lego-Bausteinen, die zusammengesetzt werden. Die Begeisterungsfähigkeit war sofort da, die Kinder sind als Anwender ja schwer begeistert von Technologie. 

Zitat Icon

Die jungen Menschen haben Lust zu verstehen, wie ihre Apps und Videospiele funktionieren. Es ist ein spielerischer Zugang, der nichts mit dem Auswendiglernen von Befehlen zu tun hat.

Mario Eckmaier, WK Tirol und FACTOR

Wie sieht es mit der Nachfrage für „Coding4Kids“ aus?
Die Nachfrage ist seit Jahren größer als das Angebot und die Kurse sind immer in allen Bezirken ausgebucht. 2020 wurden trotz Corona rund 500 Kinder unterrichtet. Das Projekt ist komplett ehrenamtlich, auch wenn es vom Land unterstützt wird – die Trainer sind selbst Programmierer, Unternehmer oder Lehrer und nehmen sich für die Kurse frei. Viele Kinder wollen auch einen Fortgeschrittenen-Kurs besuchen. Selbst die, welche zu dem Schluss kommen, dass sie nicht Programmierer werden wollen, sind froh, so viel gelernt zu haben. Dieser Begeisterung sollte bereits in der Schule Platz gegeben werden – viele könnten dann schon früher eine schlummernde Passion entdecken.

Weitere Informationen zum Workshop: www.coding4kids.at

Mirjana Mihajlovic
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