Kein Jubiläum

Zuversichtlich trotz längerem Lockdown

Vorarlberg
12.01.2021 11:30

Vor exakt einem Jahr hatte der Bregenzer Gökhan Salin das Gasthaus Reblaus in der Landeshauptstadt gepachtet. Feierlichkeiten zum einjährigen Jubiläum wird es allerdings nicht geben, die Pforten bleiben geschlossen - wie an so vielen Tagen im vergangenen Jahr.

Voller Tatendrang hatte der umtriebige Bregenzer sein Unternehmen gestartet. Nach vielen Jahren in unterschiedlichen Gasthäusern hatte er die Möglichkeit genutzt, sich selbstständig zu machen. "Zuletzt hatte ich als leitender Angestellter ein Lokal geführt als ob es mein eigenes wäre und viel an Erfahrung gesammelt." Das Projekt "eigenes Unternehmen" lief gut an. Ein paar Gäste blieben weg, ein paar neue kamen hinzu. "Unterm Strich ist in den ersten zweieinhalb Monaten alles besser gelaufen als erwartet", berichtet Gökhan Salin.

Nach erfolgreichem Start folgte die Ernüchterung. Der erste Lockdown im März. „Das hat mich brutal getroffen. Als Neugründer hatte ich ja keine Bilanzen der vergangenen Jahre vorzuweisen und war nicht berechtigt, Umsatzausfälle zu beantragen.“ Mit Hilfe seines Steuerberaters bekam er zwei Mal 500 Euro an Unterstützung. Zu wenig, um die laufenden Betriebskosten zu decken. „Die Reserven waren aufgebraucht, ich musste an verschiedenen Stellen um Stundungen bitten.“

Doch aufgeben ist und war aber so gar nicht Sache des Gastwirts. Seine Speisen bot er zum Abholen an, sperrte am 15. Mai die „Reblaus“ wieder auf. Die treuen Stammgäste dankten es ihm und kamen regelmäßig. Gökhan Salin versuchte das Minus der vergangenen zwei Monate zu kompensieren. „Ich habe beim Personal gespart, das ist immer der höchste Kostenfaktor, und habe selbst bis zu 17 Stunden gearbeitet.“ Der Vermieter kam dem Gastronomen ein wenig entgegen. Mit viel Einsatz, aber aus eigener Kraft, gelang es dem Pächter somit bereits im Juni all seine Rechnungen wieder zu bezahlen.

Sperrstunde
Das Unternehmen lief wieder - zumindest bis Anfang Oktober, bis zur Einführung der Sperrstunde. Zwischen zehn und fünfzehn Prozent weniger Umsatz machte diese Maßnahme bei Gökhan Salin aus. In anderen, barähnlichen Betrieben natürlich weitaus mehr. Verständnis für die Einführung hatte der Bregenzer nie. „Das war doch völlig kontraproduktiv. Die Menschen haben vermehrt im privaten Bereich gefeiert, ohne Schutzkonzepte, ohne Abstand. Oder sie sind mit Shuttlebussen in die Schweizer Clubs und Bars gefahren und haben das Virus über die Grenze getragen.“

Die Wirte hingegen hätten alle Auflagen ernst genommen, Hygienekonzepte umgesetzt und im Bedarfsfall jene vor die Tür gesetzt, die sich nicht an die Spielregeln halten. Auch sei 22 Uhr viel zu früh für eine Sperrstunde gewesen. „Wer um 20 Uhr zum Essen geht, sitzt länger als zwei Stunden gemütlich zusammen. Und wer um 22 Uhr das Lokal verlassen muss, geht nicht nach Hause. Ab 24 Uhr hingegen hätte in der Regel jeder genug und würde den Heimweg antreten.“ Bestätigt sieht sich der Gastwirt in seiner These durch die Zahlen, die Mitte/Ende Oktober, eben nach Einführung der Sperrstunde, nochmals in schwindelerregende Höhen rauschten.

Lockdown II
Für den zweiten Lockdown hat Gökhan Salin etwas mehr Verständnis - auch wenn im Sommer seitens der Bundes- und Landespolitik einiges verschlafen worden sei. „Ende Oktober waren die Zahlen einfach zu hoch, die Maßnahme notwendig. Und Kurz und Co. taugt es ja auch nicht, wenn sie den Menschen sagen müssen, sie sollen zusperren.“
Mit Einmal-Geschirr gerüstet und Erfahrungswerten vom Frühjahr ausgestattet, baute der Reblaus-Chef sein Lokal wieder zum Take-away-Service um. Die Homepage wurde überarbeitet, Menü-Angebot eingestellt. Bereits um 11 Uhr kommt die erste Stammkundin jeden Tag ihre Essen holen. „Ich versuche, die Bestellungen so zu koordinieren, dass nicht alle auf einmal kommen und niemand anstehen muss.“ Mit der Nachfrage ist der Wirt zufrieden. „Die Einnahmen reichen, um die laufenden Kosten zu decken und ich kann den Kontakt zu den Kunden aufrecht erhalten.“

Geärgert hat er sich unlängst über die Diskussion in Sachen Freitesten . Kurzfristig war überlegt worden, dass Wirte kontrollieren sollen, ob die Gäste zum Test angetreten sind. „Das ist ganz klar Aufgabe der Behörden.“ Doch das Thema ist vorerst vom Tisch, der Lockdown dauert nun eine Woche länger. Für Gökhan Salin jedoch kein Grund zur Aufregung. „Wenn es etwas bringt, habe ich nichts dagegen. Wer zweieinhalb Monate durchgehalten hat, wird die eine Woche auch noch durchhalten.“ Und obwohl das einjährige Firmenjubiläum ins Wasser fällt, bleibt Gökhan Salin optimistisch: „Ich bin zuversichtlich, dass wir bald alles in den Griff kriegen.“

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