Versuch per Satellit

Wiener Physiker “fliegt” mit Chinesen ins All

Wissenschaft
15.10.2010 12:27
In den vergangenen Jahren hat der Wiener Experimentalphysiker Anton Zeilinger verschränkte Lichtteilchen über immer weitere Distanzen übertragen. Doch auf der Erde stößt er bei dieser - etwa für die Verschlüsselung von Nachrichten verwendeten - Technik auf Grenzen, weil die Lichtteilchen durch die Atmosphäre gestört werden. Aus diesem Grund streben Physiker schon länger in den Weltraum. Durch ein Abkommen mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften kann der Wissenschaftler jetzt per Satellit Experimente im All durchführen.

Mit der Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens mit chinesischen Wissenschaftlern am kommenden Montag ist Zeilinger diesem Ziel ganz nahe gekommen, berichtete der Physiker am Freitag bei der Expo in Shanghai. Schon 2015/16 könnte der erste chinesische Satellit mit einer Quelle für verschränkte Photonen starten.

Beim quantenphysikalischen Phänomen der Verschränkung bleiben zwei Lichtteilchen über theoretisch beliebige Distanzen wie durch Zauberhand miteinander verbunden, was Albert Einstein einmal als "spukhafte Fernwirkung" bezeichnet hatte. Misst man den Zustand eines der beiden Photonen, kennt man augenblicklich auch den Zustand des anderen. Das kann etwa bei der Quantenkryptographie zur Übertragung von Schlüsseln verwendet werden, um Daten absolut abhörsicher zu übermitteln.

Rekord bei Photonenübertragung
Zeilingers Gruppe hat in den vergangenen Jahren die Distanzen, mit denen verschränkte Lichtteilchen übertragen werden, kontinuierlich ausgeweitet. Den ersten Versuchen im Labor folgten Versuche in einem Kanal unter der Donau und zwischen Hochhäusern in Wien. 

2007 begannen die Physiker Lichtteilchen von verschränkten Photonenpaaren zwischen Teleskopen auf den kanarischen Inseln La Palma und Teneriffa zu übertragen. 2009 erzielte Zeilingers Gruppe einen neuen Rekord: Es gelang ihr, die kompletten verschränkten Photonenpaare über eine Distanz von 144 Kilometern zwischen den beiden Inseln zu senden.

Nach dem derzeitigen Stand des Wissens gibt es bei diesen Entfernungen auf der Erde aber eine Grenze. "Denn die Lichtsignale werden durch die Erdatmosphäre gestört und können nicht verstärkt werden, ohne die Verschränkung zu stören", so Zeilinger. 

Wenn man mit Hilfe der verschränkten Photonen den Schlüssel für eine verschlüsselte Nachricht über größere Distanzen übertragen will, müsste man über Satelliten gehen. Denn dann bewegen sich die Photonen Großteils im luftleeren Raum und werden nicht gestört, die wenigen Kilometer durch die Atmosphäre seien leicht zu überwinden.

Zusammenarbeit mit China
Bei dem Abkommen zwischen der Österreichischen und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften geht es um die Zusammenarbeit im Bereich Quantenkommunikation im Weltraum, erklärte Zeilinger beim Abschluss der "Austria Tec Week" bei der Weltausstellung in Shanghai. Mit seinem ehemaligen Schüler Jian-Wei Pan, der mittlerweile an der University of Science and Technology in Shanghai arbeitet, werden die Wiener Wissenschaftler an der Entwicklung eines Satellitensystems beteiligt sein. 

Beide Seiten verpflichten sich mit dem Abkommen, sich in allen Schritten in der Weltraum-Quantentechnologie abzustimmen. Laut Pan soll der erste Satellit mit einer Quelle für verschränkte Photonen 2015 bis 2016 starten.

Experimente im Weltall 
Ziel sei es, einerseits fundamentale Experimente mit dem Phänomen verschränkter Teilchen durchzuführen. Zudem sei es damit möglich, Quantenkryptographie weltweit zu ermöglichen. Zeilinger arbeitet auf diesem Gebiet auch schon einige Jahre mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA zusammen, "die Entscheidungsprozesse in Europa sind aber viel langsamer als in China, ein generelles Problem, wo wir noch viel lernen müssen", so der Physiker, nach dessen Angaben die Ausstattung der chinesischen Gruppen auf diesem Gebiet um den Faktor fünf besser sei als in Österreich.

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