Holocaust-Gedenken

Der Bundespräsident warnt: Wehret den Anfängen!

Ausland
23.01.2020 17:13

Yad Vashem, die Stätte der Erinnerung, ist wohl der traurigste und erschreckendste Ort der Welt: Asche aus den 20 größten Nazi-Vernichtungslagern zum Gedenken an sechs Millionen Mordopfer. Am Donnerstag war das Gedenken hier auch von der Sorge um die akute Bedrohung durch den neuen Antisemitismus geprägt.

Diese Eindrücke hinterließen auch ihre Spuren bei den Staatsgästen aus 50 Ländern, die sich anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz/Birkenau zu dem größten internationalen Staatsereignis seit der Gründung Israels versammelt hatten. Unter der Devise „An den Holocaust erinnern, Antisemitismus bekämpfen“ richteten die Vertreter der vier alliierten Mächte des Zweiten Weltkriegs – Kremlchef Putin, US-Vizepräsident Pence, Frankreichs Macron und Prince Charles – sowie der deutsche Bundespräsident Steinmeier mahnende Worte gegen Geschichtsvergessenheit. Mit Steinmeier sprach erstmals ein deutsches Staatsoberhaupt in Yad Vashem.

Israels Staatspräsident Rivlin über den Weg zu Hass und Gewalt: „Hass beginnt mit Juden, endet aber nicht mit Juden.“ Die Gedenkveranstaltung schloss mit Kranzniederlegungen und einem Totengebet.

Ein unfassbares Menschheitsverbrechen
Bundespräsident Van der Bellen: „Die Dimension dieses unfassbaren Menschheitsverbrechens ist hier erschreckend gegenwärtig. Unter den Millionen Opfern waren auch Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Verfolgte, Widerstandskämpfer und eineinhalb Millionen Kinder. Von den 110.000 österreichischen Opfern der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie waren zwei Drittel jüdische Österreicher. Und Österreicher gehörten auch zu den Tätern.“

Der Tenor und vermutlich auch der Grund der großen internationalen Teilnahme an diesem Holocaust-Gedenken lag in der großen Sorge über das Aufflammen eines neuen, alten und gewalttätigen Antisemitismus.

Dieser Sorge schloss sich Bundespräsident Van der Bellen in bisher nicht gekannter Deutlichkeit an: „Nie wieder Auschwitz unterschreibt jeder, aber es gilt, sich zu erinnern und zu verstehen, wie es dazu kommen konnte. Man hatte viel zu lange weggeschaut. Heute ist der Antisemitismus wieder auf dem Vormarsch. Dem müssen wir entschieden entgegenstehen!“

Drei Gebote des „Niemals wieder“
Und dann wird der Bundespräsident grundsätzlich gegen antidemokratische Gesinnung: „Dem Andenken der Opfer der Shoa (Holocaust) werden wir nur gerecht, wenn wir dafür sorgen, dass Menschenverachtung, Sündenbockdenken, und Gewalt niemals wieder als politisches Instrument eingesetzt werden. ,Niemals wieder‘ bedeutet, dass wir uns jeglichem Versuch der Zerstörung des Rechtsstaates und der liberalen Demokratie entgegenstellen und die Grund- und Freiheitsrechte verteidigen. ,Niemals wieder‘ bedeutet, sich den Versuchen nationalistischer Selbstüberhebung entgegenzustellen und für ein gleichberechtigtes Miteinander einzutreten. ,Niemals wieder‘ bedeutet aber vor allem keine Toleranz gegenüber Rassismus und keine Toleranz gegenüber Antisemitismus. Die Menschenwürde ist unteilbar.“

Übrigens: Trump hatte die Teilnahme in Jerusalem seinem Vizepräsidenten Pence überlassen, weil das Staatsoberhaupt der USA nicht bei dem Auftritt Russlands als der große Befreier vom Nazi-Joch anwesend sein wollte.

Israels Netanyahu beschwor die Stärke Israels, damit sich der Holocaust nicht wiederholen kann, welchen er „den Tyrannen in Teheran“ unterstellt. Da ist er sich mit Putins Sager zu Beginn von dessen Amtszeit einig: „Die Schwachen werden geschlagen.“ 

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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