Gurte, Schulungen

Blutzoll bei Traktoren: Jetzt wird gegengesteuert

Österreich
17.01.2020 06:00

23 Tote, 48 Schwerverletzte, unter ihnen fünfjährige Buben, die unter schweren Traktoren eingeklemmt ihren Verletzungen erliegen: Falsche Fahrweise, immer stärkere Motoren und hohe Schwerpunkte verursachen jedes Jahr Dutzende Tragödien in unserem Land. Im Verkehrsministerium will man sich dem Thema jetzt eindringlich widmen.

„85-jähriger Altbauer von Traktor überrollt“, lautete erst im vergangenen Dezember in Kärnten die Erstalarmierung an die Rettungskräfte in Radenthein. „Junger Feuerwehrmann Daniel (13) in Salzburg vom Hof-Traktor überrollt“ musste man im Sommer lesen, der Bursche starb an seinen tödlichen Kopfverletzungen. Alleine 2018 waren 23 Getötete zu beklagen, gut die Hälfte von ihnen auf Straßen und Wegen. Dazu kamen noch 48 Schwerverletzte bei den mehr als 300 Unfällen im Straßenverkehr.

Gurte und Überrollbügel gefordert 
Auch im Verkehrsministerium der neuen Regierung ist dieses Problem angekommen: „Eine Unfallanalyse für 2018 hat ergeben, dass ein Drittel bis die Hälfte der Todesopfer durch Gurte und Überroll-Schutzstrukturen in den Fahrerkabinen verhindert worden wären“, heißt es auf „Krone“-Anfrage aus dem Ministerium. Derzeit gebe es noch immer einen „erschreckend hohen Blutzoll im Zusammenhang mit Traktoren, sowohl im Straßenverkehr als auch im eigentlichen Einsatzbereich auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen“.

Hoher Schwerpunkt, große Anhänger
Dass bei Traktorarbeiten die Gefahr Beifahrer ist, weiß auch Experte Hubert Sima vom ÖAMTC. „Moderne Traktoren sind durch die Ausstattung mit Assistenzsystemen und Fahrerschutz-Einrichtungen zwar grundsätzlich relativ sicher, dennoch kommt es immer wieder zu fahrtechnischen Fehlern in steilem Gelände, das früher nur mit Hand bewirtschaftet werden konnte“, erklärt Zentrumsleiter Sima. Zudem werden die Traktoren größer, haben einen höheren Schwerpunkt und die Anhänger werden schwerer. „Das erfordert schon Können, aber den meisten Lenkern fehlt die Übung.“

Hannes Windhaber, Landwirt aus dem Hartbergerland in der Steiermark, erklärt: „Die Routine ist ein großes Problem. Viele Bauern fahren ihre Wiese seit 20 Jahren gleich an, haben sich aber gerade einen größeren und stärkeren Traktor gekauft, auch die Hänger werden immer schwerer.“

Schulungen sollen „Bewusstsein bilden“
Aus dem Ministerium kommt daher neben der Forderung nach Gurten und stärkeren Fahrerkabinen auch der Ruf nach mehr Aus- und Bewusstseinsbildung: „Bei hoch angehobenem Frontlader mit schwerem Arbeitsgerät hinten am Traktor bringt der hohe Schwerpunkt bei den heute möglichen Fahrgeschwindigkeiten von 40 oder gar 50 km/h ein hohes Kipprisiko mit sich“, bestätigt ein Experte des BMVIT die Einschätzungen des ÖAMTC. „Hier geht es um Bewusstseinsbildung, dass bei derartiger Ausstattung des Traktors eine niedrigere Fahrgeschwindigkeit insbesondere in Kurven gewählt werden muss.“

ÖAMTC-Video über sicheres Traktorfahren:

Viel menschliches Leid
Im kommenden Verkehrssicherheitsprogramm von Ministerin Leonore Gewessler sollen sich daher Schwerpunkte finden, die das Problem mit Traktoren angehen. Um „bei der Unfall- und Opferbilanz einen großen Schritt weiterzukommen“. Immerhin waren 2019 auch zahlreiche Kinder nach Kipp- und Rollunfällen unter den Toten und Schwerverletzten: Im Mai vergangenen Jahres etwa starb ein erst fünfjähriger Bub unter einem umgekippten Traktor in Salzburg. Er saß ungesichert am Kotflügelsitz.

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