„Krone“-Interview

Foreigner: AOR-Legende mit Feuer für die Zukunft

Musik
17.11.2019 07:00

Dieser Tage veröffentlicht die britisch-amerikanische Rock-Kultband Foreigner das Jubiläumsalbum von „Double Vision“ und begeistert mit Sänger Kelly Hansen und Gründungsmitglied Mick Jones noch immer die Massen. Multiinstrumentalist Thom Gimbel nahm sich für uns Zeit, um über das aktuelle Musikbusiness, die Zukunft der Band und seine persönlichen Pläne zu plaudern.

(Bild: kmm)

So ganz zum 40-jährigen Jubiläum hat es leider nicht geklappt, doch im Endeffekt ist die üppige Neuauflage des Foreigner-Kultalbums „Double Vision“ mehr als nur würdig ausgefallen. Im eher unspektakulären Soaring Eagle Casino & Resort in Michigan haben für einen einmaligen Abend die - noch lebenden - Originalmitglieder von damals mit den aktuellen Foreigner-Musikern zusammen das große Durchbruchswerk einer der größten AOR-Bands aller Zeiten zelebriert. Unter dem Motto „Foreigner - Double Vision: Then And Now“ veröffentlicht die Band rund um Gitarrist und Songwriter Mick Jones dieser Tage das Album und eine Blu-Ray. Das „Double Vison“-Jubiläum diente dabei nur als Jubiläumsaufhänger für eine Best-Of-Show im ganz besonderen Rahmen, die auch den alten Hasen Mick Jones nachhaltig faszinierte. „Diese Show werde ich nie vergessen! Die Bühne zu teilen mit den Jungs, die Foreigner am Anfang geformt haben, und den großartigen Musikern, die die Band heute weitertragen, war ein wahrhaft emotionaler Moment.“

Immer noch stark
Im Gegensatz zu manch anderer alteingesessener Kapelle sind Foreigner auch in der Gegenwart gewaltig gut in Schuss, das bewiesen sie nicht zuletzt im Sommer auf der Burg Clam, wo sie das erste Mal nach zehn langen Jahren wieder in Österreich zu sehen waren. Eine perfekt eingespielte, voller Welthits übersprudelnde Rockband, die nicht nur, aber vor allem von der stimmlichen Topleistung ihres Sängers Kelly Hansen lebt, der dem legendären Lou Gramm um nichts nachsteht. „Wir haben unsere Stammfans, die uns seit Jahrzehnten die Treue halten und immer wieder auftauchen, aber auch viele neue, die von ihren Eltern oder auch im Radio von uns gehört haben“, erzählt Multiinstrumentalist Thom Gimbel im Gespräch mit der „Krone“. Mit mittlerweile 24 Jahren im Sold der Band ist er nach Gründer Mick Jones der Dienstälteste und hat über die Jahre schon so allerhand miterlebt, ist aber selbst noch so verzaubert wie in den frühen Tagen.

„Schau dir doch nur mal Songs wie ,Waiting For A Girl Like You‘ an - die haben alle Zeiten überstanden! Diese Band hat nicht immer nur den Hard Rock vorangetrieben, sondern seine Karriere auf mehrere Standbeine aufgebaut. Eine Nummer wie diese ist so perfekt konstruiert, dass sie Menschen aller Generationen berührt. Hier verbindet sich Rock mit coolen Grooves und einer gewissen Sexyness, der man sich nicht entziehen kann.“ Bescheidenheit kommt im Gimbel-Interviewkontext nicht vor, nach mehr als 80 Millionen verkauften Alben und nicht weniger als 16 Top-30-Hits gehören Foreigner aber tatsächlich zu den erfolgreichsten Rockbands der Historie. Auch wenn der Name nie so groß geglänzt haben mag wie bei anderen Genossen in derselben Ära, kann jeder vor 1990 geborene Mensch wohl zumindest zwei bis drei Songs anstandslos mitsummen. „Foreigner-Songs sind wie ein gutes Auto. Sie halten wirklich viel aus und man verwendet sie noch immer gerne“, bemüht Gimbel eine durchaus zutreffende Metapher.

Back to the roots
Über die Jahre hinweg haben sich Foreigner mit unterschiedlichen Produktionen auch selbst herausgefordert. Etwa mit Orchester-Konzerten und diversen Spezialauftritten, doch am besten funktioniert die Band noch immer im erdigen Rock-Segment, wofür sie seit Jahrzehnten Millionen Fans begeistert. Nur mit einem neuen Studioalbum ist wohl auch zehn Jahre nach dem letzten nicht zu rechnen. „Mick arbeitet immer an neuen Songs und es kann gut sein, dass der eine oder andere auf einer ,Greatest Hits‘-Compilation auftaucht, doch das Albumformat ist nicht mehr so salonfähig. Irgendwie ist es ein bisschen wie früher, wo es auch nur Singles gab - heute eben auf Streamingplattformen. Andererseits kann es genauso gut passieren, dass wir uns spontan für sechs Monate zusammensetzen und etwas ganz Neues kreieren. Das weiß man nie so genau. Im Endeffekt schreibt aber Mick und wir anderen warten ab, was passiert.“

Vor den Veränderungen in der Musikbranche ist auch ein alter Hase wie der mittlerweile 60-jährige Gimbel nicht gefeit. Er sieht die Umwälzungen aber nicht zwingend als Nachteil und Hindernis, sondern durchaus sportlich. „Vor 30 oder 40 Jahren hattest du ohne Plattenvertrag keine Chance, ein Album rauszubringen. Heute reicht dafür ein Laptop im Schlafzimmer. Der Unterschied aber ist, dass damals wirklich nur die Allerbesten ans Licht der Öffentlichkeit gespült wurden, während sich heute jeder inszenieren kann. Egal, ob er Talent hat oder nicht. Was aber immer noch gleichgeblieben ist: gehört werden nur die Besten. Über kurz oder lang wirst du untergehen, wenn die Qualität nicht stimmt.“ Darin sind Foreigner, die sich übrigens so benannten, weil die Band seit jeher aus Briten und Amerikanern bestand und man nirgends wirklich dazugehörte, große Meister.

Auf die Uni
Privat hat Gimbel abseits seines Brötchengebers auch ausreichend geplant. „Über kurz oder lang wäre ich gerne College-Professor. So einer mit Flickensakko, auf den die Mama dann stolz ist“, lacht er verschmitzt, „ich lehre schon seit Jahren diverse Musikinstrumente und stelle mir das wirklich genial vor, in einem riesengroßen Vorlesungssaal vor interessierten Studenten auf einem Podium zu stehen und mit einem Laserpointer auf die Inhalte zu zeigen.“ Musikalisch tendiert er lieber ins Experimentelle. „Ich bin großer Fan von elektronischer Musik und würde gerne einmal ein wirklich schräges Saxofon drüberspielen. Nicht so ein sauberes, schönes wie von Charlie Parker. Es muss eigenständig und abgefahren sein.“ Weitere Österreich-Konzerte von Foreigner sind derzeit noch nicht geplant, doch in dieser Verfassung sollten Rockfans auf ein baldiges Wiedersehen hoffen.

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