„Krone“ im Irak

Mönch: „IS-Kämpfer haben ihre ,Arbeit‘ signiert“

Ausland
04.07.2019 06:00

Viele irakische Christen wurden vom IS getötet oder aus ihrer Heimat vertrieben. Einige, wie die Mönche von Mar Behnam, wagen die Rückkehr - und blickten in ein Lächeln als Zeichen des Terrors. Die „Krone“ besuchte ein Kloster in der Nähe von Mossul (siehe Video oben). 

Knapp 36 Kilometer südlich von Mossul liegt das Kloster des Märtyrers St. Behnam und seiner Schwester Sarah, kurz Mar Behnam genannt. Das syrisch-katholische Kloster ist eine der wichtigsten Pilgerstätten für Christen im Irak. Der nördliche Teil der Ninive-Ebene mit ihrer Hauptstadt Mossul war bis 2014 mehrheitlich von Christen besiedelt. Bis der IS kam.

„Sie gaben mir 30 Minuten, um zu verschwinden“
„Ich kannte die meisten Burschen“, erzählt Bruder Jakob, Abt von Mar Behnam, der „Krone“. „Sie kamen alle aus der Umgebung. Sie kannten mich, ich kannte sie.“ 40 Tage war das Kloster für die örtlichen IS-Schergen kein Problem. „Die Schwierigkeiten kamen erst mit den ausländischen Kämpfern“, sagt Jakob. Eines Tages traten sie die Pforte ein. „Sie gaben mir dreißig Minuten, um zu verschwinden. Sonst würden sie mich töten“, sagt Jakob zur „Krone“.

Viele Christen flohen aus dem Irak
Ein Schicksal, das er mit den meisten christlichen Familien im August 2014 geteilt hat. Von etwa zwei Millionen Christen, die Anfang der 2000er-Jahre im Irak gelebt haben, flohen viele in den Jahren nach dem Sturz Saddam Husseins und den verstärkt aufkeimendem islamischen Fundamentalismus in die Nachbarländer. Irakische Bischöfe beziffern die Zahl christlicher Glaubensangehöriger heute auf unter 200.000.

Die IS-Kämpfer haben ihr „Werk“ signiert
Abt Jakob erzählt unaufgeregt von seiner Flucht. Und warum er zurückkam. Es ist schlicht die Heimat. Angst habe er keine gehabt. Während der IS noch Mossul terrorisiert, wagt er sich im Dezember 2016 mit einigen Mönchen zurück in die Gemäuer von Mar Behnam. Das Mausoleum des hl. Behnam ist mit Sprengsätzen bestückt. Die meisten sind nicht detoniert, nur das Dach wurde zerstört. Die Mönche haben ein neues gebaut. Doch die Spuren der IS-Schergen waren nicht zu übersehen.

„N“ steht für Nazarener
Wie auf vielen anderen christlich bewohnten Häusern prangte auch im Kloster überall der arabische Buchstabe „N“ für „Nazarener“. Es bedeutet Hier wohnt ein Christ. Meist war es ein Signal an die Bewohner, rasch zu verschwinden. Durch die Ähnlichkeit zum Smily wurde das Symbol auch rasch als „IS-Lächeln“ bekannt. Abt Jakob schnappte sich Wassereimer und Lappen und putzte das „N“ tagelang von allen Mauern.

Fresko und Heiligenbilder zerschossen
Der „Krone“ zeigt er eine Stelle, wo noch etwas anderes sichtbar ist. Ein arabischer Name, schlecht übermalt mit weißer Farbe. „Das war hier überall. Die IS-Kämpfer haben ihre ,Arbeit‘ signiert.“ Meist war und ist ihr „Werk“ ohnehin gut zu sehen. Das Fresko des hl. Behnam und Sarahs in der Klosterkirche wurden von der Mauer abgeschlagen, Heiligenbilder mit Maschinengewehren zerschossen.

Etwa vierzig christliche Familien sind wieder ins Umland zurückgekehrt. Zwanzig Mönche beherbergt das Kloster. Sie teilen sich das wenige mit einer achtköpfigen Flüchtlingsfamilie, die gratis im Kloster untergebracht ist. Denn auch zwei Jahre nach dem Sturz des IS kann noch immer nicht jeder in seine Heimat zurück.

Clemens Zavarsky berichtet für die „Krone“ aus Mossul

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