Hohe Bußgelder drohen

EU will Italien wegen Neuverschuldung strafen

Ausland
21.11.2018 12:31

Der Streit zwischen der EU und der Regierung in Rom rund um Italiens geplantes Budget geht in die nächste Runde: Die EU-Kommission will wegen des exzessiven Defizits, das der italienische Entwurf vorsieht, ein Strafverfahren einleiten. Für nächstes Jahr wäre ein Budgetloch von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung vorgesehen - drei Mal mehr als die Vorgängerregierung mit der EU vereinbart hatte. Der Budgetentwurf „könnte das Land wie einen Schlafwandler in die Instabilität laufen lassen“, warnte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis.

Das Defizitverfahren sei nötig, weil eine Analyse ergeben habe, dass das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und des Stabilitätspaktes „als nicht erfüllt angesehen werden sollte“, hieß es aus Brüssel. Im Falle Italiens liege ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt vor. Der Schuldenstand von 131,2 Prozent des BIP im Jahr 2017, was 37.000 Euro pro Einwohner entspreche, liege über dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 60 Prozent. Die Neubewertung der EU-Kommission sei notwendig gewesen, da die Haushaltsplanung Italiens für 2019 eine wesentliche Änderung bringe.

Es gehe um das Wohlergehen und den künftigen Wohlstand des italienischen Volkes. Daher sei es die Aufgabe der Kommission, auf die Risiken zu verweisen. „Das tun wir heute. Wir sind offen für einen Dialog mit der italienischen Regierung, aber die Situation muss angegangen werden“, sagte Dombrovskis und wies darauf hin, dass sich alle Staaten an die gleichen Regeln halten müssten. „Die Lage in Italien geht uns alle an, in der Eurozone spielen alle im gleichen Team“, betonte der EU-Politiker. 

Aus Österreich gibt es Zustimmung für das Strafverfahren: Finanzminister Hartwig Löger meint, dies sei zwar ein schwieriger, aber auch notwendiger Schritt, um die Einhaltung der Regeln sicherzustellen. Er verwies darauf, dass Italien mit 131 Prozent des BIP das am zweithöchsten verschuldete Land der Eurozone sei. Nur Griechenland liege noch höher.

Italien hält an seinem Budgetloch fest
Allerdings will der italienische Regierungschef Giuseppe Conte trotz der endgültigen Ablehnung des Budgetplans durch die EU-Kommission daran festhalten. Rom sei von dem Haushaltsplan überzeugt, teilte Conte am Mittwoch mit. Gleichzeitig kündigte er für Samstag ein Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an. Der italienische Innenminister Matteo Salvini forderte von Europa Respekt für das „italienische Volk“. „Wir Italiener zahlen jährlich fünf Milliarden Euro mehr als wir von Brüssel zurückerhalten. Wir verteidigen unser Recht auf Beschäftigung, Gesundheit, Sicherheit und weniger Steuern. Wir machen weiter“, schrieb der Chef der rechten Lega auf Facebook.

„Danke [...] dafür, dass Sie unser Land in den Abgrund führen“
Die Opposition in Italien sieht das anders: „Erstmals in der Geschichte Europas leitet Brüssel ein Strafverfahren gegen ein EU-Mitglied ein. Danke Di Maio, danke Salvini dafür, dass Sie unser Land in den Abgrund führen“, so der Spitzenpolitiker der oppositionellen Forza Italia, Renato Brunetta. Auch EU-Parlamentschef Antonio Tajani erklärte sich zutiefst besorgt. „Italien ist isoliert. Die Gefahr ist, dass Italien neben der Zahlung einer Strafe von neun Milliarden Euro den Zugang zu bis zu 15 Milliarden Euro an regionalen EU-Geldern verliert. Das würde ganz Italien und vor allem den Süden stark benachteiligen“, meinte Tajani.

Der EU-Stabilitätspakt erlaubt ein Haushaltsdefizit von maximal drei Prozent der Wirtschaftsleistung. Mit 2,4 Prozent bleibt Rom 2019 im Rahmen, liegt aber dreimal so hoch wie von der Vorgängerregierung versprochen.

„Besonders schwerwiegende Nichteinhaltung“ der EU-Empfehlungen
Die EU-Kommission kritisiert „die erheblichen Mängel“ Italiens bei der Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau angesichts eines nominalen BIP-Wachstums von über zwei Prozent seit 2016. Außerdem beanstandet die Kommission, dass in der Vergangenheit vorgenommene wachstumsfördernde Strukturreformen, insbesondere die Rentenreform, in erheblichem Maße zurückgenommen werden sollen. Es gebe somit Risiken einer erheblichen Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel und eine „besonders schwerwiegende Nichteinhaltung“ der Empfehlungen der EU.

An Ende könnten hohe Bußgelder stehen. Sie können sich nach den EU-Regeln auf bis zu 0,2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung belaufen. Bisher hat die EU in diesem Zusammenhang noch nie eine Geldstrafe gegen einen Mitgliedsstaat verhängt.

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