„Frontalangriff“

Mitsprache bei Großbauten: Höhere Hürden für NGOs

Österreich
04.10.2018 15:58

Die Bundesregierung plant, die Hürden für die Beteiligung von NGOs an Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) zu erhöhen. Am Donnerstag passierte eine Novelle den Umweltausschuss des Parlaments, laut der Umweltschutzorganisatoren zumindest über 100 Mitglieder verfügen müssen, um berücksichtigt zu werden. Seitens der NGOs gab es harsche Kritik. Die ÖVP sprach hingegen von einem „schwedischen Modell“.

Mit dem Umweltpaket soll die vor mehr als 20 Jahren unterzeichnete Aarhus-Konvention in heimisches Recht umgesetzt werden. Die Konvention und die UVP-Richtlinie garantieren Umweltschutzorganisationen dabei ein Mitspracherecht, wenn es um die Genehmigung von Großprojekten wie Mülldeponien, Schnellstraßen oder Industrieanlagen geht.

„Großteil der Umweltschutzorganisationen vom Verfahren ausgeschlossen“
Der geplante Abänderungsantrag sieht nunmehr aber auch vor, dass Vereine, die weniger als 100 Mitglieder haben, von Umweltverfahren ausgeschlossen sind. Vereine mit mehr als 100 Mitgliedern sollen eine Liste mit deren Namen und Anschriften offenlegen, ansonsten bleibt auch ihnen die Mitsprache verwehrt. „Damit wäre wahrscheinlich der Großteil der anerkannten Umweltschutzorganisationen von Umweltverfahren ausgeschlossen“, hieß es von mehreren NGOs.

Der Umweltsprecher der ÖVP, Johannes Schmuckenschlager, wies die Kritik zurück. Mit der Änderung würde das schwedische Modell übernommen, das „sich bewährt“ habe. Mit dem Gesetzesentwurf würden den NGOs sogar mehr nachträgliche Überprüfungsmöglichkeiten eingeräumt werden, „wie es auch die Aarhus-Konvention vorsieht“. So könne beispielsweise eine NGO Bescheide eines UVP-Verfahrens beeinspruchen. „Transparente Verfahren bedingen aber auch eine Transparenz der Verfahrensteilnehmer“, sagte der Abgeordnete.

NGOs in heller Aufregung
Seitens der NGOs sah man dies freilich anders: Die geplanten Einschränkungen würde für viele Organisationen das Aus bedeuten. „Es bleiben vielleicht noch 20 über, aber wir müssen das noch genau erheben“, sagte Thomas Alge, Geschäftsführer von Ökobüro. Derzeit sind rund 60 Organisationen für die Teilnahme an UVPs zugelassen. Zudem verstoße die Offenlegung der Mitglieder „klar gegen die Datenschutzlinie“.

Entsprechend scharf waren auch die Reaktionen. Der WWF Österreich sah einen „Frontalangriff auf den Umweltschutz“. Kritische Stimmen sollen aus Verfahren ausgeschlossen werden, „um umweltschädliche Großprojekte schneller durchpeitschen zu können“, sagte Hanna Simons, Leiterin der WWF-Natur- und Umweltschutzabteilung. Greenpeace forderte die Regierung auf, den „demokratiefeindlichen“ Abänderungsantrag zum Umweltverträglichkeitsgesetz nicht einzubringen. Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von Global 2000, sprach von einem „unfassbaren Frontalangriff“.

„Angriff auf die Zivilgesellschaft“
Auch die Opposition reagierte scharf. SPÖ-Umweltsprecher Klaus Feichtinger sprach vom Versuch, „die zivilgesellschaftliche Beteiligung auszuschalten“. „Was die Bundesregierung hier betreibt, ist nichts anderes als ein Angriff auf die Zivilgesellschaft und nicht hinnehmbar“, meinte auch NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard. Bruno Rossmann von der Liste Pilz sah einen „weiteren Schritt in Richtung Orbanisierung Österreichs“.

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