Lebenslang und Anstalt

Tunesischer Doppelmörder will Haft daheim verbüßen

Oberösterreich
20.06.2018 08:00

„Lebenslang - heißt das bis zum Sterben?“ Gefasst und gleichzeitig sofort wieder streitlustig nahm Mohamed H. am Montag in Linz sein Urteil entgegen: lebenslange Haft und Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher wegen Doppelmordes an einem völlig unschuldigen, betagten Ehepaar in Urfahr.

Um 20.35 Uhr betraten die drei Richter und die Geschworenen den Linzer Schwurgerichtssaal. Um 20.50 Uhr wurde Mohamed H. von vier Justizwachebeamten in den Saal geführt, und die Sprecherin der Geschworenen verkündete das Abstimmungsergebnis, den sogenannten Wahrspruch. Mit 8:0 Stimmen wurde der Tunesier zum Doppelmord und zur versuchten Brandstiftung schuldig gesprochen. Beim Anklagepunkt gefährliche Drohung fiel die Abstimmung 7:1 aus. Mit 1:7 bzw. acht Nein-Stimmen wurde er von den Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation freigesprochen. Das Urteil: Lebenslang!

„Ich habe keinen Verteidiger“
Mohamed H. folgte aufmerksam und fragte gefasst nach, was lebenslang genau bedeutet. Seine zweite Frage: „Habe ich das Recht, einen Teil meiner Haft in meiner Heimat zu verbringen?“ Das in der Strafprozessordnung vorgeschriebene Gespräch mit seinem Pflichtverteidiger, bevor er das Urteil annimmt oder Rechtsmittel anwendet, verweigert er. Ganz in Stil seines Verhaltens während der Verhandlung sagt er: „Ich habe keinen Verteidiger.“ So nahm er sich die ihm laut Gesetz zustehenden drei Tage Bedenkzeit.

Doppelmörder war Streithansel
Das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig, die Verhandlung wurde geschlossen. Eine Verhandlung, die Gericht und Zuhörer neun Stunden lang in die wirre Welt des Biogemüse-Händlers blicken ließ. Seit Jahren fühlte er sich als Ausländer in Österreich benachteiligt, schlecht behandelt. Dabei war er der Streithansel, der mit Nachbarn prozessierte - und meist verlor.

Einblick in gestörte Persönlichkeit
Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner hat versucht, den Geschworenen Einblick in die gestörte Persönlichkeit des Angeklagten zu gewähren. „Der Bioladen, den er mit seiner Lebensgefährtin betrieb, lief nur recht und schlecht. Es gab Probleme in der Beziehung. Er fand keine andere Anstellung, die Unterstützung wurde ihm gekürzt“, zieht sie Bilanz über die Situation vor dem Doppelmord. Da genügte als letzter Auslöser, dass Bauarbeiter PU-Schaum auf das Gemüse im Laden versprühten. Für Mohamed H. natürlich absichtlich. Und dass ihn, als er Gemüse mit dem Rad auslieferte, ein Fahrzeug geschnitten hat. Weil er Ausländer ist, davon war er überzeugt.

Tatplan am Vorabend
Am Abend vor der Tat packte er das Mordwerkzeug in einen Rucksack und besorgte Benzin als Brandbeschleuniger. Als er an der Tür des Ehepaares in Linz-Urfahr läutete, stand sein Mordplan fest

Monolith aus Egozentrik
An eine Beteiligung beim IS glaubt Kastner nicht: „Er ist nicht teamfähig. Er ist ein Monolith aus Egozentrik.“

Claudia Tröster, Kronen Zeitung

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