06.07.2009 12:20 |

Da rauchen die Colts

Call of Juarez: Bound in Blood

Ein Abenteuer voller Gesetzlosigkeit und Habgier verspricht Publisher Ubisoft mit "Call of Juarez: Bound in Blood" - und untertreibt damit nicht. Drei Jahre nach Erscheinen des ersten Teils bringt die langersehnte Fortsetzung des Western-Epos abermals die Colts zum Glühen. Ein virtueller Ritt durch den Wilden Westen, den sich selbst Greenhorns nicht entgehen lassen sollten.
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"Call of Juarez: Bound in Blood" erzählt die Vorgeschichte von Reverend Ray, der Spielern noch aus Teil eins des Western-Shooters nur zu gut bekannt sein sollte, und spielt zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs. Gemeinsam mit seinem Bruder Thomas McCall kämpft Ray auf Seiten der Konföderation, um das Land gegen die aus Norden anrückenden Yankees zu verteidigen. Als diese die elterliche Farm zu zerstören drohen, desertieren die beiden, um ihrer Mutter – allerdings vergeblich - zur Hilfe zu eilen. Vom Wunsch getrieben, die Farm wieder aufzubauen, fliehen die beiden schließlich nach Mexiko, wo sie einen sagenumwobenen Goldschatz vermuten. Dummerweise hat der einstige Befehlshaber der beiden jedoch noch ein Hühnchen mit ihnen zu rupfen, und auch mit einem mexikanischen Banditenführer sowie Indianern verscherzen es sich die Brüder bald.

So bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu den Waffen zu greifen. Wie bereits im ersten Teil hat der Spieler dabei über weite Strecken die freie Wahl, ob er lieber mit Ray oder Thomas ins Gefecht zieht. Während Ray eher der Mann fürs Grobe ist, der nicht nur mehr Treffer einstecken, sondern dank bevorzugtem Gebrauch von zwei Colts und Dynamit auch gewaltig austeilen kann,  entpuppt sich Thomas als agiler und geschickter. Zu seinen bevorzugten Instrumenten zählt neben Pfeil und Bogen, Messer und Flinte auch das Lasso, mit dem er sich über Abgründe hinweg schwingt oder beispielsweise Mauern erklimmt. Davon, ein Jump'n'Run-Game zu sein, ist "Call of Juarez: Bound in Blood" jedoch weit entfernt. Auf die noch aus dem Vorgänger bekannten Schleicheinlagen wurde sogar zur Gänze verzichtet.

Im Zentrum stehen nach wie vor bleihaltige Auseinandersetzungen mit Banditen, Rothäuten und Co, die nach ihrem Ableben nicht nur Munition, sondern auch Dollars hinterlassen, mit dessen Hilfe sich beim Waffenhändler des Vertrauens bessere Schießprügel kaufen lassen. Fast noch wichtiger ist jedoch, dass mit jedem Abschuss eine Konzentrationsanzeige gefüllt wird. Ist diese voll, können auf Knopfdruck in einer Art Zeitlupe gleich mehrere Gegner unter Beschuss genommen werden. Auch hier gibt es Unterschiede in der Spielweise zwischen Ray und Thomas. Während Ray mittels Analogstick sämtliche Widersacher markiert, um diese dann eher unkontrolliert mit einem Bleihagel einzudecken, profitiert Thomas dank seiner besseren Treffsicherheit von einer automatischen Zielerfassung. Da er jedoch weniger flink ist, muss der Abzug via Analogstick manuell abgedrückt werden.

Ganz ähnlich die Vorgangsweise bei den Duellen, die meist den Schlusspunkt eines Kapitels markieren. Während der linke Analogstick dabei dazu dient, den gegenüberstehenden Opponenten auf Abstand und das Schussfeld frei zu halten, kontrolliert der rechte Analogstick die Pistolenhand. Auf einen Glockenschlag hin gilt es diese möglichst rasch zum Halfter zu führen, die Waffe zu ziehen, ein daraufhin auftauchendes Fadenkreuz zu positionieren und abzudrücken. Da sich der Revolver – fairerweise – nicht vorher ziehen lässt, sind mitunter einige Durchläufe nötig, um das Handwerk des Duellierens zu erlernen. Praktischerweise speichert das Spiel jedoch stets unmittelbar vor der Konfrontation.

Gelegenheit zum Ziehen bekommen Thomas und Ray auch fernab der Hauptstory, wechselt "Call of Juarez: Bound in Blood" doch mehrmals vom linearen in einen offenen Spielverlauf, in dem meist steckbrieflich gesuchte Verbrecher oder Viehdiebe aufgespürt und beseitigt werden dürfen. All diese Aufgaben sind optional und dienen neben der Unterhaltung in erster Linie dem Zweck, das eigene Konto aufzufrischen. Fad wird einem allerdings auch ohne die Zusatzmissionen nicht. "Call of Juarez: Bound in Blood" deckt schließlich die gesamte Palette der Western-Klischees ab und bietet über die Spieldauer von acht bis zehn Stunden jede Menge Action.

So geht es nach den Anfängen im Schützengraben ans Sprengen einer Brücke, ehe es kurz darauf mittels Gatling einen Raddampfer zu versenken gilt. Ein atemberaubender Ritt mit der Postkutsche, ein Gefängniseinbruch, eine Wildwasserfahrt mit dem Kanu oder die Flucht aus einer Mine dürfen ebenfalls nicht fehlen. So abwechslungsreich die Missionen, so abwechslungsreich auch die Landschaft, die nebst staubiger Prärie, tiefen Canyons und dichten Wäldern auch immer wieder typische Western-Dörfer parat hält. Insbesondere die famose Weitsicht sticht dabei ins Auge, aber auch einige unschöne Pop-Ups und die mitunter abgehackten Animationen der Charaktere. Die PS3-Version zeichnet sich zudem durch lästiges Zwischenladen bei den Checkpoints aus. Bei der Xbox-Version fallen diese Verzögerungen deutlich kürzer aus.

Musik und Dialoge sind voll und ganz auf das Western-Setting abgestimmt, was bedeutet, dass es nicht nur atmosphärische Gitarrenklänge, sondern auch allerlei Gefluche und Unflätiges der Protagonisten, Viehtreiber und Banditen zu hören gibt, was wie die Faust aufs Auge zu der derben und rauen Umgebung des Spiels passt und dank guter Arbeit der Synchronsprecher auch glaubhaft vermittelt wird.

Hat auch der letzte Colt zu rauchen aufgehört, gibt es keinen Grund, den Controller aus der Hand zu legen. Zum einen hat Entwickler Techland angekündigt, wie bereits beim Vorgänger neue Missionen als Download anbieten zu wollen, zum anderen wartet "Call of Juarez: Bound in Blood" auch wieder mit einem umfangreichen Mehrspieler-Part auf. 13 unterschiedliche Charakterklassen, von denen allerdings nur fünf von Anfang an verfügbar sind, streiten sich dabei in fünf unterschiedlichen Disziplinen um die meisten Abschüsse, Punkte oder darum, wer innerhalb eines Zeitlimits die meisten Missionsziele erfüllt.

Fazit: Ein wenig Wehmut macht sich breit, wenn nach rund zehn Stunden geballter Action der Abspann von "Call of Juarez: Bound in Blood" über den Bildschirm flimmert. Wie kaum ein anderes Game vermag es auch Teil zwei der Wild-West-Ballerei, durch Atmosphäre und eine packend erzählte Geschichte, die den Spieler anfangs zwar nur langsam, dann aber voll und ganz in Beschlag nimmt, zu überzeugen. Für Fans von Winnetou, John Wayne und Dirty Harry absolute Pflicht.

Plattform: PS3 (getestet), Xbox 360, PC
Publisher: Ubisoft
krone.at: 9/10


von Sebastian Räuchle

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