"Null Chancen"

Rettung von Opel wird zum Nervenkrieg

Ausland
15.05.2009 14:17
Die Rettung des deutschen Autobauers Opel wird zum Nervenkrieg. In den USA zeichnet sich immer stärker ab, dass der Mutterkonzern General Motors (GM) in die Insolvenz geht. Ein Treuhandmodell für den europäischen GM-Teil mit der Hauptmarke Opel, wie ihn der deutsche Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als eine Übergangslösung vorgeschlagen hat, findet zwar Unterstützer aus der deutschen Politik, stößt aber in den USA auf Widerstand: Denn mit dem Modell soll Opel-Vermögen vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt werden, wenn General Motors in den USA tatsächlich Insolvenz anmeldet.

Daher schließt zu Guttenberg eine Insolvenz von Opel weiterhin nicht aus. Das derzeit diskutierte Modell könne es nur geben, wenn die möglichen Opel-Investoren tragfähige Konzepte vorlegen, sagte der Minister in Berlin. Sollte dies nicht der Fall sein oder das Treuhandmodell von den Beteiligten nicht akzeptiert werden, könne es auch eine "geordnete Insolvenz" als Ausgangspunkt für einen Neuanfang für Opel geben.

Berlin schweigt zu Vorbehalten
Zu angeblichen Vorbehalten der US-Regierung gegen das Treuhandmodell wollte sich deutsche Regierung indes nicht äußern. Das Modell sei mit der US-Seite besprochen worden, sagte der Vize-Regierungssprecher Thomas Steg, in einer sensiblen Phase wie derzeit werde man aber keine Zwischenstände über Verhandlungen oder "spekulative Betrachtungen" über Positionen abgeben. Die deutsche Regierung will Opel mit dem Treuhandmodell mehr Zeit für Verhandlungen mit Investoren geben - vorausgesetzt, ein Interessent legt bis zum 20. Mai ein tragfähiges Konzept vor. Auch ein GM-Sprecher in Detroit wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

"Null Chancen" auf Zustimmung
"Ich sehe null Chancen darauf, dass General Motors und die US-Regierung zustimmen", wird Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Deutschen Presse-Agentur zitiert. Es werde verlangt, dass GM einen Teil seines Vermögens abtrete und Gläubiger im Falle der erwarteten GM-Insolvenz auf Mitspracherechte verzichten. Ein vorübergehender direkter Einstieg der öffentlichen Hand sei eine einfachere und schnellere Lösung.

Die "Financial Times Deutschland" schrieb in ihrer Freitagsausgabe, die US-Regierung lehne das Modell ab. "Die Haltung der USA ist ein Problem", zitierte die Zeitung aus Regierungskreisen in Berlin. Auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, es fehle an Unterstützung der US-Regierung. Die erwartete Insolvenz von GM werde die deutsche Regierung daher in ein Dilemma stürzen. GM hatte in der Nacht zum Freitag erklärt, im Fall einer Insolvenz einen ähnlichen Weg wie der Wettbewerber Chrysler zu gehen. Die Opel-Mutter würde dann den überlebensfähigen Teile an eine neue Einheit verkaufen, die das Insolvenzverfahren möglichst rasch wieder verlassen soll.

GM-Europachef: Opel benötigt eine Milliarde Euro
Die Landesbank Hessen-Thüringen signalisierte Bereitschaft zur Hilfe innerhalb eines Bankenkonsortiums. "Wir sind grundsätzlich dazu bereit", sagte Sprecher Hans Wolfgang Kuß und bestätigte einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Denkbar sei eine Zwischenfinanzierung für Opel, bis ein Investor gefunden sei. In der Branche wird spekuliert, dass die staatliche KfW-Bankengruppe gemeinsam mit mehreren Landesbanken Opel helfen könnte. Nach Angaben von GM-Europachef Carl-Peter Forster benötigt Opel im Fall des Treuhandmodells einen Überbrückungskredit von mehr als einer Milliarde Euro.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch befürwortet die Treuhand-Übergangslösung. Es sei wichtig, alle europäischen GM-Aktivitäten in eine Hand zu bringen. Außerdem stelle eine Treuhandlösung sicher, dass Opel in den kommenden Wochen ungestört arbeiten könne. Er erwarte von Investoren bis zum 20. Mai "mehr als ein konkretes Angebot, auf das man bauen kann". Auch der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, begrüßte das Modell.

Europäische Opel-Händler beraten in Wien
Die europäische Opel-Händlervereinigung Euroda hat indes am Freitag in Wien die Weichen für einen Einstieg beim deutschen Autobauer gestellt. Die angestrebte Beteiligung im Bereich zwischen 400 und 500 Millionen Euro soll aus eigener Tasche finanziert werden. Über drei Jahre lang sollen die Verbandsmitglieder aus 25 europäischen Staaten für jeden verkauften Opel oder Vauxhall 150 Euro in einen Fonds einzahlen, gab der Verband nach einer Telefonkonferenz bekannt. Mit der Beteiligung wollen sich die Händler zwischen zehn und 20 Prozent am Rüsselsheimer Autobauer sichern. Darüber hinaus wird ein Sitz im Aufsichtsrat angestrebt.

Um sicherzugehen, dass sich jeder Händler an der Aktion beteiligt, gibt es laut Still zwei Möglichkeiten. Entweder wird zum bestehenden Vertrag ein Annex zugefügt, oder der Return-on-investment muss so groß sein, dass die Händler freiwillig "was abliefern". Präferiert wird die erste Option. Laut der Nachrichtenagentur AP begrüßt Opel die Initiative: "Wir freuen uns über den Einsatz der Opel-Händler für Opel und die starke Verbundenheit mit der Marke", sagte Sprecher Andreas Kroemer.

Einigt sich GM mit Gewerkschaften?
Unterdessen steht General Motors einem Zeitungsbericht zufolge vor einer Einigung mit der Gewerkschaft über milliardenschwere Einschnitte. Den Plänen zufolge sollten die Lohnkosten für GM-Schichtarbeiter in den USA um mehr als eine Milliarde Dollar (737 Millionen Euro) pro Jahr gekürzt werden, berichtete das "Wall Street Journal".

Ein Ultimatum von US-Präsident Barack Obama läuft  Ende Mai ab. Eine noch größere Hürde ist für GM der ungelöste Streit mit tausenden Gläubigern, bei denen GM mit rund 27 Milliarden Dollar in der Kreide steht.

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