Im zweiten Anlauf

US-Kongress stimmt für 700-Mrd.-Dollar-Paket

Ausland
04.10.2008 15:48
Im zweiten Anlauf hat das US-Repräsentantenhaus am Freitag das Rettungspaket für die angeschlagene Finanzbranche gebilligt. Damit hat das umstrittene und historisch einmalige Maßnahmenbündel im Umfang von 700 Milliarden Dollar die letzte Hürde im Kongress genommen, nachdem der Senat den überarbeiteten Notplan zuvor ebenfalls gebilligt hatte. Präsident George W. Bush unterzeichnete das Gesetz noch am selben Abend. Dadurch kann der Staat den in Not geratenen Finanzinstituten die nahezu wertlos gewordenen Hypothekenpapiere abkaufen, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Der New Yorker Aktienmarkt reagierte daraufhin freundlich, aber ohne Euphorie.

Während der Abstimmung legte der Dow-Jones-Index um 300 Punkte, als sich die Annahme abzeichnete. Im späten Handel seien aber Sorgen über die Wirtschaftsentwicklung und Rezessionsängste in den Vordergrund getreten, sagten Händler. Der Dow Jones Industrial schloss mit minus 1,50 Prozent auf 10 325,38 Zähler. Im Wochenvergleich fiel der Leitindex um rund sieben Prozent. Der S&P-500-Index verlor 1,35 Prozent auf 1099,23 Punkte. An der NASDAQ sank der Composite-Index um 1,48 Prozent auf 1947,4 Zähler. Der NASDAQ 100 gab um 1,36 Prozent auf 1470,84 Punkte nach.

Erste Abstimmung verloren
Die Abgeordnetenkammer stimmte mit 263 gegen 171 für den Plan. Am Montag hatte die Kammer einen Entwurf noch abgelehnt und damit die Aktienmärkte weltweit auf Talfahrt geschickt. Daraufhin wurde das Paket im Senat nachgebessert. Der Senat hatte den Notplan dann am Mittwochabend mit 74 zu 25 Stimmen angenommen. Die veränderte Vorlage enthält unter anderem zusätzliche Steuererleichterungen für Unternehmen und für Haushalte der Mittelschicht. Die Steuerkürzungen bedeuten allerdings eine weitere Belastung für den Haushalt.

Bush unterzeichnet Rettungspaket im Rekordtempo
US-Präsident George W. Bush unterzeichnete noch am Freitagabend das Gesetz über das Rettungspaket für die Finanzbranche. "Wir haben mutig gehandelt, um zu verhindern, dass die Krise an der Wall Street zu einer Krise in den Gemeinden im ganzen Land wird", erklärte Bush. Bush lobte den "Geist der Zusammenarbeit" zwischen Regierung und Kongress. "Es hat in dieser Woche Momente gegeben, als einige dachten, die Bundesregierung sei der Herausforderung nicht gewachsen", sagte er im Weißen Haus wenige Minuten nach der Parlamentsentscheidung.

Dank der "harten Arbeit von Mitgliedern beider Parteien" sei es nun aber doch gelungen, das Gesetz rechtzeitig über die Bühne zu bringen. Es werde "Zeit brauchen, bis dieses Gesetz sich richtig auf die Wirtschaft auswirkt." Die Kosten für den Steuerzahler würden letztendlich deutlich niedriger liegen als die jetzt zur Disposition stehende Summe, sagte Bush. Als Anhänger des freien Unternehmertums sei er kein Freund von staatlichen Interventionen in die Privatwirtschaft, aber: „in dieser Situation war es notwendig."

Glaube an Marktwirtschaft ist ungebrochen
Die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kündigte neue Kontrollen für die US-Finanzwirtschaft an. Außerdem müsse herausgefunden werden, wie die US-Finanzwirtschaft überhaupt in diese schwere Krise geraten konnte. "Wir glauben alle an die freie Marktwirtschaft", betonte die Demokratin Pelosi, aber "unregulierte und nicht überwachte" Aktivitäten an der Wall Street hätten "ein Chaos produziert, das es künftig nicht mehr geben darf". Auch Bush betonte, dass nun Regierung und Kongress analysieren müssten, wie es zu der Krise kommen konnte und wie das künftig verhindert werden könne.

"Wir sind mitten in einer Finanzkrise"
Der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, nannte die Verabschiedung des Hilfspakets "einen entscheidenden Schritt zur Stabilisierung unserer Finanzmärkte" und Sicherstellung von Krediten für Hausbesitzer und Geschäftsleute. Der republikanische Fraktionsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, verteidigte das Maßnahmenpaket: "Wir sind mitten in einer Finanzkrise und wenn wir gar nichts tun, wird diese Krise wahrscheinlich schlimmer und wirft uns in eine wirtschaftliche Rezession, wie wir sie noch nie gesehen haben."

Dollar-Kurs und Ölpreis wieder stabil
Nach dem Beschluss über das 700-Milliarden-Dollar-Paket haben sich der Dollar-Kurs und der Ölpreis in den USA indes beinahe stabilisiert. Die US-Währung notierte am Freitag gegen 20.00 Uhr (MESZ) bei einem Kurs von 138,40 Dollar je Euro, während sie am Donnerstag mit 138,18 aus dem Handel gegangen war. Der Preis für ein Barrel Öl der Sorte Light sweet crude sank leicht um neun Cent auf 93,88 Dollar. Noch am Donnerstag war der Barrel-Preis um 4,50 Dollar gesunken.

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