Erdogan-Werbetour

D: Türkischer Minister will trotz Verbot auftreten

Ausland
03.03.2017 08:24

Die türkische Regierung tobt wegen der Absage von zwei geplanten Wahlkampfauftritten türkischer Minister in Deutschland. Der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Absage des Auftritts von Justizminister Bekir Bozdag in Deutschland als "Skandal-Entscheidung" kritisiert. Bozdag ließ aus Protest ein Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas platzen und flog nach Hause. Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci will sich dem Verbot widersetzen und am Wochenende in Deutschland öffentlich auftreten.

Der Streit hat sich mittlerweile zu einer diplomatischen Krise entwickelt. In Ankara wurde der deutsche Botschafter einbestellt. Ihm sei am Abend im Außenministerium das "Unbehagen" der Türkei "über diese Entwicklungen" vermittelt worden, sagte ein türkischer Beamter.

Wirtschaftsminister Zeybekci will nun statt seinem geplanten Auftritt im Bezirksrathaus Köln-Porz an einem anderen Ort eine Rede halten, wie bild.de am Donnerstagabend berichtete. Genauso wie Bozdag will auch sein Regierungskollege für die von Erdogan geplante Verfassungsreform werben. Zu der umstrittenen Reform findet Mitte April in der Türkei ein Referendum statt, bei dem auch in Deutschland lebende Türken wahlberechtigt sind.

"Harte Belastungsprobe für deutsch-türkisches Verhältnis"
Ein Politiker der türkischen Regierungspartei AKP verurteilte das Verbot des Wahlkampfauftritts von Bozdag als "Skandal", der eine "harte Belastungsprobe" für die deutsch-türkischen Beziehungen bedeute. Er warf deutschen Behörden zudem vor, die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Deutschland frei agieren zu lassen.

Gerade mit Blick auf den Fall des in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel, in dem von deutscher Seite auf die Meinungsfreiheit verwiesen werde, "stellt sich die Frage, wie Deutschland seine Kritik in Richtung Türkei noch glaubwürdig vortragen will", erklärte der AKP-Politiker weiter. Dem "Welt"-Korrespondenten Yücel wird in der Türkei "Terrorpropaganda" zur Last gelegt, Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere deutsche Regierungsvertreter fordern seine Freilassung.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland hält die Absage des Wahlkampfauftritts von Bozdag für falsch. Demokratische Regeln müssten beachtet werden, forderte Atila Karabörklü am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Erdogan beachte zwar die Verfassung des Landes nicht, "das heißt aber nicht, dass wir eine Antwort auf dieser Ebene geben müssen".

Gabriel spricht sich gegen reine Wahlkampfreisen aus
Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel wiederum verbat sich reine Wahlkampfreisen türkischer Minister nach Deutschland. Er erwarte, dass Gäste aus der Türkei "nicht nur zu Wahlkampfveranstaltungen fahren, sondern sich dann auch dem Gespräch beispielsweise mit dem Justizminister oder dem Wirtschaftsminister oder dem Außenminister oder mit wem auch immer stellen", sagte Gabriel.

Gleichzeitig betonte er aber, dass die Entscheidung über eine Zulassung oder ein Verbot von Wahlkampfveranstaltungen einzig und alleine bei den Kommunen liege. Weder die Länder noch die Bundesregierung hätten die Kompetenz festzustellen, ob eine Veranstaltung ohne Störung der öffentlichen Sicherheit stattfinden könne. "Es wäre uns rechtlich gar nicht möglich, eine solche Entscheidung als Bundesregierung zu treffen."

Seehofer: "Missbrauch des Gastrechts"
CSU-Chef Horst Seehofer kritisierte die Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Deutschland scharf. "Wenn türkische Politiker unsere freiheitliche Grundordnung ausnutzen, um für einen demokratiefeindlichen Staatsumbau in ihrem Land zu werben, missbrauchen sie das Gastrecht", sagte der bayrische Ministerpräsident am Freitag der "Süddeutschen Zeitung".

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