"Kollateralschaden"

US-Luftangriff auf Kunduz traf Klinik: Viele Tote

Ausland
03.10.2015 16:57
Fataler Fehler der US-Luftwaffe in Afghanistan: Bei einem Bombenangriff im umkämpften Kunduz haben amerikanische Kampfjets offensichtlich aus Versehen ein Krankenhaus der Organisation Ärzte ohne Grenzen getroffen und dabei mindestens 19 Menschen getötet. Weitere 37 wurden teils schwer verletzt, wie die Organisation am Samstag bekannt gab. Die NATO teilte mit, die Klinik sei möglicherweise bei einem Luftangriff der Militärallianz getroffen worden. In einer Erklärung war von einem möglichen "Kollateralschaden" die Rede, es seien Ermittlungen eingeleitet worden.

Die USA untersuchen laut Verteidigungsminister Ash Carter, wie der fatale Fehler passieren konnte. "Eine volle Untersuchung des tragischen Zwischenfalls ist in Koordination mit der afghanischen Regierung im Gange", sagte Carter laut der Nachrichtenagentur Reuters.

Laut Ärzte ohne Grenzen wurde das medizinische Zentrum zur Traumabewältigung mitten in der Nacht getroffen, seitdem würden Dutzende Menschen vermisst. Die NATO nannte für ihren Angriff nahezu denselben Zeitpunkt. Unter den Schwerverletzten sind demnach 19 Mitarbeiter des Krankenhauses.

Auch bei den Opfern handle es sich um Mitarbeiter, teilte Ärzte ohne Grenzen mit. Außerdem sei die Klinik durch den Luftangriff schwer beschädigt worden. Allen Konfliktparteien seien vorsorglich mehrfach die genauen Geodaten ihrer Einrichtungen übermittelt worden, zuletzt am 29. September, so die Organisation weiter. Nach Beginn des Angriffs habe man das amerikanische und afghanische Militär erneut kontaktiert, dennoch habe das Bombardement noch mehr als 30 Minuten angehalten.

NATO: "Möglicherweise Kollateralschaden"
Der örtliche Leiter von Ärzte ohne Grenzen, Bart Janssens, äußerte sich schockiert über den Angriff und forderte alle Konfliktparteien auf, die Sicherheit von Gesundheitseinrichtungen und deren Personal zu respektieren. Der Sprecher der NATO-Mission in Afghanistan, Sernando Estreooa, erklärte zu dem Unglück: "Die US-Streitkräfte haben am 3. Oktober um 2.15 Uhr Ortszeit einen Luftangriff nahe der Einrichtung durchgeführt, wo einzelne Personen die Truppen bedrohten." Dabei sei womöglich eine nahe gelegene Klinik beschädigt worden. Der Vorfall werde untersucht.

Klinik von Spenden finanziert
Seit dem überraschenden Taliban-Angriff auf Kunduz am Montag sind nach Angaben der Organisation 394 Verletzte in der Klinik behandelt worden. Zum Zeitpunkt des Luftangriffs am Samstag seien 105 Patienten, Angehörige und mehr als 80 Mitarbeiter in dem Gebäude gewesen, so Janssen. Die Klinik wird ausschließlich aus Spenden finanziert und behandelt jeden - unabhängig von Herkunft oder Religion. Taliban-Sprecher Sabiullah Mujahid sagte: "Keiner unserer Kämpfer war zum Zeitpunkt des Angriffs ein Patient der Klinik."

Kunduz war am Montag von den Taliban erobert worden, die USA unterstützten die Gegenoffensive der afghanischen Armee unter anderem mit Luftangriffen. Auch nach der Rückeroberung der Stadt am Donnerstag hielten die Kämpfe an, Kämpfer der Taliban verschanzten sich in Wohnhäusern. Sie kämpfen gegen die Regierung in Kabul, seit sie vor fast 14 Jahren durch einen US-geführten Militäreinsatz entmachtet wurden.

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