Dutzende Tote

Pakistan: Gezielter Taliban-Anschlag auf Christen

Ausland
28.03.2016 08:45

Bei einem Selbstmordanschlag an einem Kinderspielplatz im Osten Pakistans sind am Ostersonntag mindestens 72 Menschen getötet und mehr als 350 verletzt worden. Die meisten Opfer seien Frauen und Kinder, teilten die Behörden mit. Der Attentäter habe die Bombe in der Millionenstadt Lahore in einem Park gezündet. Zu der Tat bekannte sich am Abend eine Splittergruppe der Taliban. Ziel des Anschlags seien Christen gewesen, sagte der Sprecher der Gruppe Jamaat-ul-Ahrar, Ehsanullah Ehsan.

Der Attentäter habe sich im Gulshan-i-Iqbal-Park "in der Nähe des Kinderspielplatzes, wo Kinder schaukelten", in die Luft gesprengt, sagte Behördenvertreter Muhammad Usman. Der Polizeioffizier Haider Ashraf und die Rettungskräfte gaben die Zahl der Toten am Montag mit 72 an, unter ihnen 35 Kinder. In dem gut besuchten Park waren am Ostersonntag, einem der ersten warmen Tage des Jahres, auch viele christliche Familien gewesen. Die christliche Minderheit macht in Pakistan nur 1,6 Prozent der rund 200 Millionen Einwohner aus.

Der Täter konnte mittlerweile als ein 28-jähriger Mann aus Süd-Punjab identifiziert werden. Laut Medienberichten war er Lehrer an einer Religionsschule. Es war einer der schwersten Anschläge in Pakistan seit Langem. Augenzeugen erzählten laut Medienberichten, blutende und verstümmelte Opfer seien teils mit Rikschas und Taxis in umliegende Krankenhäuser gebracht worden. Dort wurden Notfallmaßnahmen ergriffen. Laut dem Einsatzleiter wurden Armeeärzte zur Hilfe gerufen, im Fernsehen wurde um Blutspenden gebeten.

Der Sprecher der Armee, General Asim Bajwa, meldete per Twitter, dass die Regierung die Armee zur Sicherung des Geländes angefordert habe. Soldaten errichteten eine Sperrzone. Der Ministerpräsident der Provinz Punjab, Shehbaz Sharif, rief eine dreitägige Trauerzeit aus. Schulen blieben geschlossen, Montagfrüh gab es kaum Verkehr in der Stadt.

"Sharif wird uns nicht stoppen"
Der Taliban-Ableger Jamaat-ul-Ahrar erklärte kurz nach der Tat, Ziel des Anschlags seien Christen gewesen. An Ministerpräsident Nawaz Sharif gehe die Botschaft, dass man in Lahore Fuß gefasst habe. "Er kann machen was er will, aber er wird uns nicht stoppen können. Unsere Selbstmordattentäter werden solche Anschläge wiederholen."

"Die Mehrheit der Toten sind Muslime"
Er empfinde "Schmerz und Kummer über den traurigen Verlust von unschuldigen Leben", sagte Sharif. Polizeioffizier Ashraf sagte, die Mehrheit der Toten seien Muslime: "Alle gehen in diesen Park." Auch der 53-jährige Arif Gill, der mit seiner Familie zum Osterfeiertag in dem Park war, sagte, es sei "ein Angriff gegen alle". "Dies ist kein Angriff gegen Christen, alle sind Opfer, es sind viele Muslime unter den Opfern, alle gehen in den Park zum Entspannen", sagte Gill. Bis zu sechs seiner Angehörigen seien verletzt, zwei von ihnen schwer. Indiens Regierungschef Narendra Modi sprach dem Nachbarland laut Staatsmedien sein Mitgefühl aus. Auch zahlreiche andere Staaten verurteilten das Attentat.

Schließung aller Parks angeordnet
Die Regionalregierung von Punjab ordnete nach dem Anschlag die Schließung aller öffentlichen Parks an. Soldaten wurden zur Kontrolle abgestellt. Lahore hat mehrere Millionen Einwohner und gehört zu den größten Städten des Landes.

Pakistan leidet seit Langem unter den Taliban, kriminellen Banden und Spannungen zwischen unterschiedlichen Religionsströmungen. In dem überwiegend muslimischen Land kommt es immer wieder zu Angriffen von Extremisten auf Christen und andere religiöse Minderheiten. In Punjab, der politischen Hochburg von Ministerpräsident Sharif, ist es aber üblicherweise friedlicher als in anderen Teilen des Landes.

In der Provinz Khyber Pakhtunkhwa gab es beispielsweise zuletzt einen Anschlag auf einen Bus voller Regierungsangestellter, bei dem 16 Menschen starben. Ende Februar hatten dort pakistanische Taliban auch eine Universität angegriffen und mehr als 20 Menschen getötet, darunter 17 Studenten. Kurz darauf kündigten sie weitere Anschläge an.

Armee geht massiv gegen Extremisten vor
Seit im Dezember 2014 pakistanische Taliban in einer von der Armee betriebenen Schule in Peshawar 136 Kinder getötet hatten, hat die Armee ihre Operationen gegen Extremisten massiv erweitert. Dem Terrorismus werde das Rückgrat gebrochen, wiederholen Armeechef und -sprecher immer wieder. Die Zahl der Anschläge und ihrer Opfer ging im Vorjahr auch stark zurück, aber Anschläge wie in Lahore zeigen, dass Extremisten weiter über Ressourcen und Rekruten verfügen.

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