Steirer-Rechtsruck

Rot-Schwarz schlittert in historisches Wahldebakel

Österreich
31.05.2015 19:28
Die Landtagswahl in der Steiermark hat gewaltige Zugewinne für die FPÖ gebracht. Die freiheitliche Partei erreichte über 27 Prozent der Stimmen und liegt damit nun auf Augenhöhe mit SPÖ und ÖVP. Für die "Reformpartner" setzte es Verluste von rund neun Prozentpunkten. Nach einem eventuellen Rücktritt befragt, verwies Landeshauptmann Franz Voves zwar auf eine Sitzung der SPÖ-Gremien am Montag. Sein VP-Vize Hermann Schützenhöfer meinte aber, man könne durchaus "mit dem Ergebnis leben". Eine Fortsetzung der Kooperation von SPÖ und ÖVP scheint also trotz eines politischen Erdbebens am wahrscheinlichsten. Der Wahlgewinner FPÖ war am Sonntagabend weder für SPÖ noch für ÖVP eine Option.

Vorläufiges Endergebnis der steirischen Landtagswahl ohne Wahlkarten und Briefwahl:

- SPÖ: 29,2 Prozent (-9,1 Prozentpunkte)
- ÖVP: 28,5% (-8,6)
- FPÖ: 27,1% (+16,5)
- Grüne: 6,4% (+0,9)
- KPÖ: 4,2% (-0,2)
- NEOS: 2,5%
- FRANK: 1,8%
- Piraten: 0,2%
- Wahlbeteiligung: 62,2% (-7,3)

Die 48 Mandate des Grazer Landtages verteilen sich künftig wie folgt: Die SPÖ entsendet 15 Abgeordnete in das Landesparlament (minus acht), ÖVP und FPÖ je 14 (minus bzw. plus acht). Die Grünen bleiben bei ihren drei Mandaten, die KPÖ bei ihren zwei.

Voves-Heimatgemeinde blau ++ FPÖ stellte neuen Rekord auf
Landeshauptman Franz Voves hat sogar in seiner Heimatgemeinde Vasoldsberg den zweiten Platz eingebüßt: Seine SPÖ machte einen Verlust von 7,36 Prozentpunkten und schaffte nur noch 27,08 Prozent. Platz eins holten die Freiheitlichen. In Bruck an der Mur verlor die SPÖ die absolute Mehrheit und in Spital am Semmering legte die FPÖ auch kräftig zu. Gössendorf z.B. ist nun ebenfalls blau.

Die Grazer haben in der Tendenz gleich wie die restliche Steiermark gestimmt, jedoch sind die Verluste für die SPÖ und die ÖVP in der Landeshauptstadt etwas geringer ausgefallen. Die Regierungsparteien haben dort vier bzw. 4,8 Punkte verloren. Entsprechend kleiner sind mit einem Plus von acht Prozentpunkten die Zugewinne der FPÖ.

Sämtliche Ergebnisse aus den steirischen Bezirken und Gemeinden finden Sie hier!

Die FPÖ hat am Sonntag nicht nur das beste blaue Ergebnis und unter den neun Landesparteien geholt, sondern auch einen österreichweiten überparteilichen Rekord gesetzt: Plus 16,47 Prozent sind der größte Zuwachs im Stimmenanteil, den jemals eine Partei bei den nunmehr 138 Landtagswahlen der Zweiten Republik schaffte.

SPÖ: "Lügen haben gesiegt" ++ "Vorerst kein Rücktritt"
Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ) hatte also eine herbe Niederlage zu kommentieren: "Da gibt es nichts zu diskutieren, das müssen wir analysieren. Ich bin sehr enttäuscht, dass sich die Hetze und das Lügenerzählen in Bezug auf Asylwerber, Menschen die vom Krieg flüchten, auszahlen. Diese Dinge sachlich zu erklären, ist nicht einfach. Es gibt nirgendwo in der Steiermark eine Überbelastung durch Flüchtlinge."

Zu einem eventuellen Rücktritt von LH Voves - dieser hatte gesagt: "Unter 30 Prozent bin ich weg" (siehe auch Video unten) - meinte der auch für Asylfragen zuständige Landesrat und Vize-Obman der Landespartei: "Diese Frage stellt sich heute nicht." Voves selbst wollte am frühen Sonntagabend einen Rücktritt weder ausschließen noch bestätigen - er verwies auf eine Sitzung der Parteigremien am Montagnachmittag. Dort werde man sehen, was der Vorstand nach einem "Ergebnis, das niemand erwartet hat" für richtig befinde.

ÖVP: "Wir wollen jetzt ordentlich für das Land weiterarbeiten"
Wie viele andere in der steirischen Regierung hat auch VP-Landesrat Christopher Drexler nicht mit einem derartigen Ergebnis bei der Landtagswahl gerechnet: "Nach dem ersten Schrecken" stelle man fest, dass diesmal zwei Abstimmungen stattgefunden hätten, nämlich über die Reformarbeit und die Asylpolitik. "Der Gewinn der Freiheitlichen muss seine Gründe haben", und diese seien in der Asylpolitik zu finden.

Gefragt, ob Schützenhöfer Parteiobmann bleiben solle, verwies Drexler - selbst oft als Nachfolger gehandelt - vorerst darauf, dass es noch kein Ergebnis gebe. Aber: "Meines Erachtens sitzt er völlig fest im Sattel." Schützenhöfer sagte später: "Man kann mit dem Ergebnis leben." Es handle sich um 30 Prozent Protest, 60 Prozent hätten die "Reformpartnerschaft" bestätigt. "Wir wollen jetzt ordentlich für das Land weiterarbeiten."

FPÖ: "Franz Voves muss zurücktreten"
Beste Stimmung herrschte bereits am Sonntagnachmittag hingegen bei der FPÖ: "Der Sekt ist zwar noch nicht aufgemacht, aber schon eingekühlt", sagte ein lachender Spitzenkandidat Mario Kunasek. Landesparteiobmann Gerhard Kurzmann sah einen "ein sehr, sehr positiven Trend". Und: "Es schaut nach einem Abschied des Landeshauptmanns aus."

Am Abend klangen die Freiheitlichen diesbezüglich bereits etwas anders: Kunasek forderte Voves zum Abgang auf, könnten Rot und Schwarz nach ihrem historisch schlechtesten Ergebnis doch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. "Wir haben das Ziel mit dem historisch besten Ergebnis nicht nur erreicht, sondern sogar deutlich übertroffen." Er wolle "jedenfalls mitregieren", so Kunasek am Abend.

Lesen Sie auch:Wahltagsbefragung - Ausländerthema verhalf steirischer FPÖ zum Erfolg

Grüne: "Jetzt nichts behübschen"
Der grüne Spitzenkandidat Lambert Schönleitner will das Ergebnis "nicht behübschen": Man habe das Wahlziel, zweistellig zu werden, nicht erreicht. "Dennoch steht ein Plus vorne." Eben aufgrund des Stimmenzuwachses sah Schönleitner auch keinen Grund für eine Personaldiskussion. "Betroffen" zeigte er sich über die starke Zunahme der Freiheitlichen. Man werde die Argumente und Sorgen der Bevölkerung "nicht vom Tisch wischen".

KPÖ: "Überleben gesichert"
Die Klubobfrau der steirischen KPÖ, Claudia Klimt-Weithaler, konnte sich trotz leichter Verluste ihres Teams immerhin über den Wiedereinzug in den Landtag freuen. "Angesichts der Umstände und der starken FPÖ-Gewinne kann man da zufrieden sein", das Überleben sei gesichert.

Erschwerend für kleine Parteien sei, dass der Landtag unter SPÖ und ÖVP von 56 auf 48 Sitze verkleinert worden war. "In den vergangenen Tagen habe ich allen gesagt, es ist schön, wenn wir den Einzug schaffen, Gewinne wären schon zu schön gewesen", so Klimt-Weithaler. Mit einer Einladung zur Teilnahme an der höchstwahrscheinlichen Fortsetzung der "Reformpartnerschaft" rechne sie nicht.

Große Enttäuschung bei NEOS, Stronach, Piraten
Zerknirscht wirkten die NEOS und das Team Stronach. Sie haben den Einzug in den Landtag klar verfehlt - ebenso wie die Piraten. Uwe Trummer, Spitzenkandidat der NEOS, sah als eine Ursache für das Scheitern die Vorverlegung des Wahltermins (ursprünglich war der Termin im Herbst angesetzt): "Der hat uns doch am falschen Fuß erwischt." Dennoch wolle man weiter alles geben und "für mehr Freiraum" in der Steiermark arbeiten.

Lesen Sie auch:"Besser erklären": So reagiert die Bundespolitik- unten gibt's die Reaktionen der steirischen Spitzenkandidaten im Video.

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