Viele Änderungen

Mindestsicherung und Co.: Groß-Projekte in Kraft

Österreich
02.09.2010 12:14
Am 1. September sind in Österreich mehrere Großprojekte in Kraft getreten, die für zahlreiche Betroffene weitreichende Änderungen ihrer bisherigen Lebensumstände bedeuten. So harmonisiert die Mindestsicherung die Sozialhilfe - wenn auch vorerst nur in drei Bundesländern -, die elektronische Fußfessel wiederum soll die Justizanstalten entlasten. Neben der Einführung der Gruppenpraxen und neuen Bestimmungen für Maklerprovisionen gilt für unter 18-Jährige künftig ein Solarium-Verbot. Auch die EU mischt mit: Die schrittweise Glühbirnen-Abschaffung nimmt mit den 75-Watt-Birnen die nächste Etappe.

Mindestsicherung
Die Mindestssicherung, ein Instrument zur Bekämpfung von Armut und zur Harmonisierung der Sozialhilfe in den Ländern, war lange umkämpft und startet auch entsprechend holprig. Nur in drei Bundesländern wird das Zieldatum 1. September eingehalten, in Wien, Niederösterreich und Salzburg. Die anderen Länder folgen in den kommenden Monaten, teils mit rückwirkender Einführung, teils erst mit 2011. In der Steiermark ist sogar noch völlig unklar, wie die Leistung ausgestaltet wird, erst nach der Landtagswahl ist hier mit einer Klärung zu rechnen.

Die Mindestsicherung ist an den Ausgleichszulagenrichtsatz für Pensionisten gekoppelt, der derzeit bei 744 Euro liegt, für Paare bei 1.116. Im gleichen Haushalt lebende Kinder erhalten mindestens 134 Euro. Integriert ist ein 25-prozentiger Wohnkosten-Anteil, der wegfällt, wenn der Bezieher über eine eigene Wohnung verfügt bzw. etwa bei Verwandten kostenlos lebt.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer sprach von einem "großen sozialpolitischen Fortschritt". Mit der Mindestsicherung komme es zu einer Harmonisierung der Sozialhilfe und mehr Transparenz im Sozialhilfewesen. Der Minister wies auch darauf hin, dass mit 1. September österreichweit E-Cards für die betroffene Personengruppe ausgegeben werden, auch wenn die Mindestsicherung in einigen Bundesländern noch nicht in Kraft tritt. Ebenso werden im gesamten Bundesgebiet die Verbesserungen in der Notstandshilfe wirksam.

"Diese zwei Maßnahmen bringen den Beziehern der Mindestsicherung bzw. der Sozialhilfe große Erleichterungen. Der Sozialhilfe-Krankenschein war für viele stigmatisierend und oft ein Grund, nicht zum Arzt zu gehen. Die E-Card wird es den Beziehern der Mindestsicherung wesentlich leichter machen, einen Arzt aufzusuchen, wodurch sich die gesundheitliche Situation dieser Gruppe deutlich verbessern wird", so Hundstorfer.

Elektronische  Fußfessel
Neu ist ab sofort auch der elektronisch überwachte Hausarrest. Für U-Häftlinge und rechtskräftig abgeurteilte Straftäter, die eine Freiheitsstrafe bzw. eine Reststrafe von höchstens einem Jahr abzusitzen haben, kommt dann die elektronische Fußfessel infrage, von der sich Justizministerin Claudia Bandion-Ortner eine Entlastung der an ihren Kapazitäten angelangten Justizanstalten erhofft.

Bis zu 500 Personen pro Jahr sollen nach Berechnungen des Justizministeriums zukünftig ihre U-Haft bzw. ihre Freiheitsstrafen statt im Gefängnis zu Hause absitzen. Der entsprechende Antrag ist beim jeweiligen Leiter der Justizanstalt, im Fall der U-Haft beim zuständigen Haftrichter einzubringen. Im Fall einer Ablehnung ist eine Beschwerdemöglichkeit vorgesehen. Wird der Antrag bewilligt, hat der Betroffene für jeden mit der Fußfessel verbrachten Tag 22 Euro zu berappen. Im Fall der Uneinbringlichkeit kommt für die Unkosten die Republik auf. Auf jeden Fall braucht der Kandidat aber  "draußen" einen Job, möglichst mit Vollzeitbeschäftigung.

Gruppenpraxen
Über die Einführung der Gruppenpraxen freut sich Gesundheitsminister Alois Stöger. Er sieht einen "historischen Meilenstein" und "die erste echte Strukturreform des Gesundheitssektors seit langer, langer Zeit". Der wesentliche Unterschied zwischen den künftigen Ärzte-GesmbHs und den bestehenden Ambulatorien besteht darin, dass in den neuen Gruppenpraxen nur Ärzte bzw. Zahnärzte Gesellschafter sein können, die auch maßgeblich mitarbeiten. Dabei werden die verschiedensten Formen der Zusammenarbeit von Ärzten ermöglicht.

So ist es etwa denkbar, dass Allgemeinmediziner mit Fachärzten eine gemeinsame Praxis betreiben, aber auch die Zusammenarbeit von zwei Allgemeinmedizinern mit dann längeren Öffnungszeiten oder von mehreren Fachärzten, die sich etwa auf verschiedene Fachbereiche spezialisiert haben, wäre denkbar.

Stöger erwartet sich von den Gruppenpraxen einen besseren Zugang zum Gesundheitssystem für die Bevölkerung und eine Entlastung der Spitalsambulanzen. "Lange Wartezeiten in den Abendstunden oder am Wochenende sind mit den neuen Gruppenpraxen Vergangenheit." Und wenn man einen Facharzt benötige, "wird man in Zukunft nicht mehr die Praxis wechseln müssen, sondern einfach eine Tür weitergehen können. Das ist ein enormer Qualitätsschub", so der Gesundheitsminister.

Solarium-Verbot
Auf die künstliche Bräune müssen Kinder und Jugendliche künftig verzichten. Denn das Solarium-Verbot für unter 18-Jährige ist in Kraft getreten. Ab nun müssen Solarienbetreiber, aber auch Hoteliers, Bad- und Fitnessstudio-Betreiber, die Bräunungsgeräte aufgestellt haben, sicherstellen, dass Jugendlichen der Zugang zu den Geräte verwehrt wird. Bei Nichteinhaltung der Verordnung bei einer Kontrolle der Gewerbebehörde drohen Geldstrafen bis zu 2.180 Euro.

Die Verordnung, die sich auf einen Fünf-Parteien-Entschließungsantrag im Parlament und entsprechende Studien der EU stützt, besagt, dass das alleinige Aufstellen von Verbotsschildern und Hinweistafeln seitens der Betreiber nicht ausreicht. Um unter 18-Jährigen sicher den Zutritt zu verwehren, müssen geeignete Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden wie zum Beispiel das Feststellen des Alters anhand eines Lichtbildausweises oder einer speziellen Jugendkarte, das Ausgeben von Zutrittskarten oder Zutrittscodes.

Maklerprovisionen
Mit 1. September 2010 ist auch die neue Verordnung zur Beschränkung der Maklerprovisionen in Kraft getreten. Künftig fallen für Mietverträge mit einer Dauer von über drei Jahren zwei Monatsmieten, bei kürzeren Laufzeiten eine Monatsmiete Provision an. Das ist eine Monatsmiete weniger als bisher üblich.

Branchenvertreter sehen darin eine Existenz-Gefährdung, viele Makler wollen rechtliche Schritte prüfen. Die Mietervereinigung ist hingegen "sehr erfreut". Beim Anmieten einer 70-Quadratmeter-Wohnung erspare man sich nun durchschnittlich 700 Euro.

Glühbirnen
Nach dem Verbot der 100-Watt-Birnen vor einem Jahr haben auch die Glühbirnen mit 75 Watt Leistung ausgebrannt. Mit 1. September ist in Österreich und den anderen EU-Staaten die zweite Stufe des Ausstiegs in Kraft getreten. Somit dürfen keine neuen 75-Watt-Glühbirnen mehr in den Handel gebracht werden. Restbestände können aber noch verkauft werden. Im Jahresabstand werden noch die 60-Watt- und schließlich die 40- und 25-Watt-Birnen vom Markt genommen.

Ziel der Vorschrift, die in der Öko-Design-Richtlinie der EU steht, ist ein geringerer Stromverbrauch und damit weniger Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid in die Umwelt. Stattdessen sollen Privatleute, Unternehmen und Gemeinden Energiesparlampen einsetzen. Die stromsparenden Leuchtstofflampen enthalten aber eine geringe Menge Quecksilber und dürfen deswegen nicht mit dem Hausmüll entsorgt werden.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele