"Schlacht ums Heer"

“Krone”-Serie: Wehrpflicht – dann auch für Frauen?

Österreich
07.01.2013 17:08
Widerspricht die aktuelle Wehrpflicht in Österreich dem Gleichheitsgrundsatz? Verfassungsrechtsexperte Heinz Mayer sagt: Ja. Bleibt die Wehrpflicht, müsste sie auch für Frauen gelten. Teil 3 der "Krone"-Serie "Schlacht ums Heer".

Die Rolle der Frauen bei den Streitkräften hat sich in der Vergangenheit verändert. Soldatinnen zählen in Dutzenden Berufsarmeen bereits zum militärischen Alltag. In Österreich stehen 364 Frauen im freiwilligen Einsatz: von der Sanitäterin bis zur Helikopterpilotin.

Laut Gleichheitsgrundsatz darf es keine Diskriminierung zwischen den Geschlechtern geben - auch nicht bei der Wehrpflicht. "Und wer kriegt dann die Kinder?" Diese Frage folgt spontan, sobald es jemand wagt, von der "Wehrpflicht für Frauen" zu sprechen.

Verfassungsrechtsexperte Mayer legt im "Krone"-Gespräch nun seine Ansicht zur heiklen Thematik dar: "Ursprünglich war das Kriegshandwerk reine Männersache. Mittlerweile ist die Gleichstellung der Frauen weit fortgeschritten. Es gibt in sehr vielen Armeen Frauen, die den Dienst mit der Waffe tun. Auch in Österreich. Damit wird die Frage, wodurch es gerechtfertigt ist, dass man nur Männer dazu verpflichtet, natürlich immer dringender. Das heißt, mittelfristig wird kein Weg daran vorbeiführen, dass auch Frauen ihren Wehrdienst leisten müssen, sollte es bei dieser staatlichen Wehrpflicht bleiben."

"In den nächsten fünf bis zehn Jahren"
"Mittelfristig" heißt für Mayer "in den nächsten fünf bis zehn Jahren". Das komme darauf an, wie sich die Gleichstellung der Frauen weiterentwickle. Genau könne man das nicht voraussagen. Obwohl die Wehrpflicht der Männer bei uns verfassungsrechtlich festgesetzt ist, wird die Menschenrechtskonvention, die den Gleichheitsgrundsatz enthält, nicht berücksichtigt. Und dass Frauen Kinder bekommen, sei kein Argument für die Untauglichkeit.

"Frauen sind auch körperlich in der Lage, Wehrdienst zu leisten", so Mayer. "Vielleicht nicht in allen Bereichen, aber es gibt bekanntlich auch Frauen, die beim Jagdkommando im Dienst stehen." 70 von 364 Frauen, die jetzt schon - freiwillig - beim Heer sind, haben es bereits zum Offizier gebracht (bis zur Bezeichnung "Offizierin" ist es noch ein weiter Weg). Auch die Heeressportlerinnen sind erfolgreich.

Wie schaut es mit den Waffengattungen aus? Infanterie, Panzer oder Spezialeinheiten? Mayer: "Auch das ist für Frauen kein Problem." Wie könnte es zu einer Verfassungsänderung kommen? "Es müsste", so der Experte, "ein Einberufener Beschwerde erheben, dass in Österreich nur Männer verpflichtet werden." Mayer glaubt aber weniger, dass das Thema juristisch gespielt wird: "Die Frage wird irgendwann eine gesellschaftspolitische werden. Es könnte sich ein Druck entwickeln, das geschlechterspezifische Ungleichgewicht auszugleichen."

20.000 Frauen streben Karriere beim Heer an
Und wie denkt die Frauenministerin darüber? "Laut IFES-Studie haben bereits 20.000 Frauen ihr Interesse für ein Profiheer bekundet, als echte Chance auf Karriere", so Gabriele Heinisch-Hosek. Zudem würden Statistiken klar belegen, dass immer weniger Männer tauglich sind und auch aus diesem Grund die Wehrpflicht für Frauen wohl die Konsequenz wäre. "Und da sage ich ganz klar: Zwangsdienst wird es bei uns nicht geben. Frauen beim Heer müssen freiwillig dienen", so eine kämpferische Ministerin.

Daten & Fakten

  • Seit 1. Jänner 1998 können in Österreich auch Frauen freiwillig als Soldatinnen dienen.
  • Allerdings gelten für sie bei den Eignungstests und der späteren Berufsausbildung geringere körperliche Anforderungen.
  • Derzeit sind von den rund 15.000 Berufssoldaten im Bundesheer 364 Frauen (2,4 Prozent), darunter 74 Leistungssportlerinnen wie die derzeit verletzte Marlies Schild.
  • In Schweden dienen seit dem Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes von 1980 auch Frauen. Seit dieser Umstellung hat sich der weibliche Anteil auf 18 Prozent erhöht.
  • Wehrpflicht für Frauen besteht in Bolivien, Burma, China, der Elfenbeinküste, Eritrea, Israel, Kuwait, Libyen, Malaysia, Nordkorea, Sudan, Taiwan und dem Tschad.

Teil 4: Das freiwillige Sozialjahr – wie es in Deutschland läuft

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