Asylpaket fixiert

Kraftakt: Heuer nicht mehr als 37.500 Flüchtlinge

Österreich
20.01.2016 15:45

Beim Asylgipfel von Bund, Ländern und Gemeinden am Mittwochvormittag in Wien haben SPÖ und ÖVP ein mit Spannung erwartetes Maßnahmenpaket beschlossen. Hier die wichtigsten Eckpunkte, auf die sich Bund, Länder, Städte und Gemeinden geeinigt haben:

  • Insgesamt sollen heuer nicht mehr als 37.500 Flüchtlinge aufgenommen werden, 2017 nur noch 35.000, 30.000 im Jahr 2018 und im Jahr darauf nur noch 25.000.
  • Die Koalition spricht grundsätzlich nicht mehr von einer Obergrenze, sondern von einem "Richtwert" und einer "Planungsgröße".
  • Derzeit sind 90.000 Flüchtlinge im Asylverfahren, ab jetzt sollen es nie mehr als rund 130.000 gleichzeitig sein. Damit sollte in den kommenden vier Jahren ein Rücklauf gewährleistet sein.
  • Grundregel: nie mehr Flüchtlinge als 1,5 Prozent der Bevölkerung - das wären rund 125.500 Personen.
  • Schnellverfahren für Migranten aus "sicheren Herkunftsländern" werden eingeführt, zudem sollen sämtliche Verfahren beschleunigt werden.
  • Das "Asyl auf Zeit" soll wieder forciert werden, der Familiennachzug wird künftig erschwert und strenger geregelt.
  • Vermehrt Sachleistungen statt Geldleistungen in der Grundversorgung und verstärktes Vorgehen gegen missbräuchlichen Bezug.

Faymann: "Richtwert", Mitterlehner: "Obergrenze"
Bundeskanzler Werner Faymann bezeichnete diese Vorgehensweise bei der offiziellen Präsentation des Asylpakets am Mittwochmittag als "Notlösung" und "Plan B", der auch ein "Aufrütteln" der EU bezwecke: "Wir können in Österreich nicht alle Asylwerber aufnehmen." Vizekanzler Reinhold Mitterlehner schilderte die Entwicklung als "dynamisch dramatisch". "Die große Anzahl an Flüchtlingen überfordert unser System", so der VP-Obmann. Daher werde man auch im "Grenzmanagement" auf Kontrollen und Registrierungen setzen, um darauf vorbereitet zu sein, dass es an der Grenze künftig möglicherweise auch "Zurückweisungen" geben könne.

Heuer maximal 37.500 Flüchtlinge - richtig so? Voting in der Infobox!

Was geschehen soll, wenn die "Obergrenze" (Mitterlehner) bzw. der "Richtwert" (Faymann) überschritten wird, ist offen. Dazu sollen zwei Rechtsgutachten in Auftrag gegeben werden, kündigte die Regierungsspitze an.

"Respekt" von Schulz, Kritik der Opposition
In ersten Reaktionen zeigten sich die Spitzen der EU hocherfreut über das Ergebnis des rot-weiß-roten Asylgipfels. "Ich möchte der Republik Österreich meinen größten Respekt abstatten", erklärte etwa EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Österreich habe ebenso wie Deutschland das Problem, "alleingelassen zu werden". Deshalb "verstehe ich, was jetzt beschlossen wurde". Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stieß ins selbe Horn und meinte, es sei bisher "alles im Rahmen des Schengen-Systems".

Weniger positiv wurde das Ergebnis hingegen in Österreich selbst aufgenommen. Für die Freiheitlichen ist der Asylgipfel "wie erwartet" gescheitert. "Das Ergebnis ist ein Weiterwursteln wie bisher nur eben jetzt auf niedrigerem Niveau", sagte FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache. Statt über eine Verteilung der Migrationsströme müsse man über die Verhinderung des Zuzuges von Wirtschaftsflüchtlingen diskutieren. "Die österreichische Bundesregierung kann die Menschenrechte nicht abschaffen", mahnte hingegen die Klubobfrau der Grünen, Eva Glawischnig. Menschenrechtssprecherin Alev Korun warf der Regierung "Scheinmaßnahmen" vor, "um die Bevölkerung zu täuschen".

Für die NEOS verabschiedet sich die Regierung "endgültig von seriöser Politik": "Wie absurd ist es eigentlich, dass jetzt auch die SPÖ für unhaltbare Vorschläge wie eine Obergrenze zu haben ist", fragte sich etwa NEOS-Menschenrechtssprecher Nikolaus Scherak. Das Team Stronach sah in den Ergebnissen ein "Schuldeingeständnis". Bevor Österreich in diesem Jahr weitere 37.500 Asylwerber aufnehme, solle die Regierung einen Plan vorlegen, was mit jenen Flüchtlingen geschehen soll, die zum Teil entgegen der Schengen- und Dublin-Regelungen sowie der Genfer Flüchtlingskonvention in Österreich seien.

Bereits Warnung vor "Elendslagern"
Rechtsexperten hatten bereits vor dem Gipfel vor einer zu klaren Festlegung auf eine genaue Zahl gewarnt und auf flexiblere Berechnungsweisen gedrängt. Migrationsfachleute befürchteten außerdem das Entstehen von "Elendsquartieren" an der österreichischen Grenze etwa in Spielfeld oder in Slowenien, denn die abgewiesenen bzw. nicht eingelassenen Flüchtlinge müssten in Auffanglagern untergebracht werden. Zudem könnten Flüchtlinge ohne negativen Asylbescheid weder abgeschoben noch dauerhaft festgehalten werden.

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