Bei Grabungsarbeiten neben einem Bach in Viktring (Bild) hatten Bauarbeiter bereits am 6. September Waffen sowie vier mysteriöse Behälter freigelegt. Ein auf Waffen und Munition geschulter Polizeibeamter, ein Mitarbeiter des Entminungsdienstes sowie ein Spezialist der ABC-Abwehrschule erkannten die Tonbehältnisse jedoch nicht als Bedrohung. Es wurde vielmehr vermutet, dass es sich um Trinkflaschen handle oder dass sich Waffenöl darin befinden könnte.
Zwei Wochen lang blieben die Behälter daher unbeachtet auf der Baustelle liegen, bis am Dienstag die Entsorgung in Angriff genommen wurde. Doch harmlos war der Inhalt der Tonflaschen keineswegs, denn in ihnen lagerte ein chemischer Kampfstoff. Statt stoßgeschützt und luftdicht verpackt in einem Spezialfahrzeug, wurde die bis dahin unbekannte Substanz in einer Plastikwanne in einem Pkw zur Altstoffsammelstelle gebracht. "Dabei zerbrach eine der Flaschen", so Polizeisprecher Rainer Dionisio.
Chef der Entsorgungsfirma wurde bewusstlos
Bei dem Versuch, die Flüssigkeit aufzusaugen, wurde der Chef der Entsorgungsfirma kurzzeitig bewusstlos. Eine Gesundheitsschädigung entstand laut Exekutive allerdings nicht. Auch ein Polizist, der Landeschemiker und ein Magistratsbeamter dürften mit dem Nervengas in Kontakt gekommen sein. "Alle wurden im Krankenhaus untersucht, sie haben den Vorfall unbeschadet überstanden", erklärte der Polizeisprecher.
Am Dienstagabend dann die Bestätigung: Laut ABC-Experten des Bundesheeres und der deutschen Bundeswehr dürfte es sich um gefährliches Senfgas handeln. Dieses besteht aus einer Mischung zweier Chemikalien: Die eine führt zu einem Lungenödem, die andere verhindert die Aufnahme von Sauerstoff im Blut. "Beides führt zum Erstickungstod", erklärte Bundesheer-Major Thomas Enenkel am Donnerstagvormittag. Die Mischung wurde im Ersten Weltkrieg als sogenannter Maskenbrecher verwendet. Der Filter von Giftgasmasken hält nämlich nur einer begrenzten Menge des Kampfstoffes stand.
Tonflaschen dienten als Transportbehälter
Das gefährliche Gemisch wurde in Tonflaschen gefüllt, "sie wurden als Transportbehälter benutzt", erklärte Enenkel. Der Kampfstoff wurde dann an die Front gebracht und erst dort in Granaten, die dann per Flugzeug abgeworfen wurden, umgefüllt. Sobald die Flüssigkeit an die Luft komme, verdampfe sie sehr rasch, erklärte Enenkel.
Es ist zu vermuten, dass der Kampfstoff ursprünglich an der Insonzofront in Italien hätte eingesetzt werden sollen. Zur weiteren Untersuchung wurden die Behälter in das Labor der Abfallanalytik in Klagenfurt gebracht (Bild 2). Die Entsorgung der Kriegsrelikte wird nun vom Verteidigungsministerium durchgeführt (weitere Bilder).
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